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INNSBRUCK: LA WALLY von Alfredo Catalani- Publikumserfolg

28.10.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Großer Publikumserfolg in Innsbruck: „La Wally“ von Alfredo Catalani (Vorstellung: 28. 10. 2012)


Die Massenszenen in der Oper „La Wally“ waren exzellent choreographiert (Foto: Rupert Larl)

 Schon die Premiere der „Wally“-Oper Ende September wurde vom Publikum in Innsbruck bejubelt. Es dauerte aber auch 120 Jahre, bis das Meisterwerk von Alfredo Catalani (1851 – 1893), das 1892 an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde, seinen Weg nach Tirol, der Heimat der Geierwally, fand. Dirigent der Uraufführung war Arturo Toscanini, der diese Oper so sehr schätzte, dass er seine Tochter auf den Namen Wally taufen ließ.

 Das reale Vorbild für die Geierwally war Anna Stainer-Knittel, die – aus dem Lechtal stammend – zur Legende wurde, weil sie als Mädchen zweimal einen jungen Steinadler aus seinem Nest holte. Ein geradezu lebensgefährliches Unterfangen, da das Nest in einer Felswand lag und das Junge von seiner Mutter mit allen Mitteln verteidigt wurde. Anna Knittel beugte sich nicht dem üblichen Rollenklischee des 19. Jahrhunderts – sie studierte in München Malerei, musste dies aber auf privater Basis tun, da der Besuch von Kunstakademien damals nur Männern gestattet war. Auch in ihrem Privatleben emanzipierte sie sich und heiratete gegen den Willen ihres Vaters den Bildhauer Engelbert Stainer. Von der Familie verstoßen, wurde sie dennoch eine anerkannte Künstlerin und konnte ihre erfolgreiche Berufstätigkeit mit der Rolle als Ehefrau und Mutter verbinden. Im Jahr 1940 wurde ihr Leben mit Heidemarie Hatheyer verfilmt und damit die Geierwally weit über die Grenzen Tirols bekannt.

 Das Libretto der Oper „La Wally“, das Luigi Illica nach der Novelle Die Geier-Wally von Wilhelmine von Hillern aus dem Jahr 1875 verfasste, unterscheidet sich in wesentlichen Punkten. Die Adler-Episode ist weggelassen, die Handlung, die in Hochstoff in Tirol um 1800 spielt, endet tragisch. In der Oper, die am Tiroler Landestheater in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt wird, ist Wally eine Frau zwiespältigen Charakters. Ihr Vater wünscht sie mit Gellner, dem Verwalter seines Bauernhofs, zu verheiraten. Sie lehnt sich gegen den Vater auf und verliebt sich in Hagenbach, den Sohn seines Todfeindes. Als sie sich von diesem zu einer Wette missbraucht fühlt, stiftet sie Gellner an, Hagenbach zu töten. Nach dem Mordversuch bereut sie und birgt den Schwerverletzten selbst aus der Schlucht. Sie verschenkt als „Sühne“ ihr geerbtes Vermögen an die vermeintliche Nebenbuhlerin Afra und zieht sich in die Berge zurück. Als Hagenbach sie aufsucht, versöhnt sie sich mit ihm und will ein neues Leben beginnen. Beim Abstieg ins Dorf wird Hagenbach von einer Lawine erfasst und die Tiefe gerissen. Wally stürzt sich in den Abgrund und folgt so ihrem Geliebten in den Tod.

 Johannes Reitmeier, der neue Intendant des Tiroler Landestheaters, führte selbst Regie und feierte mit seiner dramatischen und packenden Inszenierung einen geglückten Einstand als Nachfolger von Brigitte Fassbaender. Er nützte geschickt die Drehbühne, verzichtete auf unnötige Requisiten (Bühnengestaltung: Thomas Dörfler) und baute dafür Tiroler Perchten ins Stück ein. Durch kreative Videoanimationen (Video-Produktion: Karl-Heinz Christmann) und Beleuchtungseffekte (Licht: Johann Kleinheinz) wurde eine schneebedeckte Gebirgslandschaft als Hintergrund auf die Bühne gezaubert, womit das Tiroler Lokalkolorit ebenso gegeben war wie durch die von Michael D. Zimmermann entworfenen authentischen Kostüme.

In der Titelrolle als Wally brillierte die Kanadierin Jennifer Maines mit ihrem dramatischen, farbenprächtigen Sopran und durch ihre schauspielerische Leistung, die nichts zu wünschen übrig ließ. Der portugiesische Sänger Paulo Ferreira stattete den Hagenbach mit seiner hell leuchtenden Tenorstimme aus, blieb aber in der Darstellung der Rolle ein wenig blass. Stärkere Wirkung erzeugte der deutsche Bariton Bernd Valentin als Gellner, der mit kräftiger Stimme und forschem Spiel zu gefallen wusste. Den alten, störrischen Stromminger, den Vater der Wally, stellte der deutsche Bassbariton Marc Kugel rollengerecht autoritär dar.

 Ausgezeichnet die schmächtige deutsche Sopranistin Susanne Langbein, die mit ihrer zarten, wohlklingenden Stimme und durch ihr exzellentes Spiel eine Idealbesetzung der Hosenrolle des jungen Zitherspielers Walter war. Stimmlich wie darstellerisch überzeugend auch die hübsche Mezzosopranistin Melanie Lang als vermeintliche Nebenbuhlerin Afra. Der österreichische Bass Johannes Wimmer gab der kleineren Rolle des stets betrunkenen Soldaten das nötige Profil.

 Eine wichtige Rolle kam dem Chor des Tiroler Landestheaters als Bewohner von Hochstoff und Sölden zu. Er bewältigte sie sowohl stimmlich wie schauspielerisch mit großer Leidenschaft (Einstudierung: Michel Roberge). Mit ebensolcher Leidenschaft dirigierte Alexander Rumpf das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. Er schaffte es, die farbige Partitur des Komponisten, die von romantisch-zarten Tönen bis hin zu hochdramatischen Momenten reicht, in allen Facetten wiederzugeben.

 Das Publikum im fast ausverkauften Haus war begeistert und bejubelte am Schluss alle Mitwirkenden minutenlang, wobei die Wally-Darstellerin Jennifer Maines mit vielen „Brava“-Rufen bedacht wurde. Vereinzelte „Bravo“-Rufe gab es für Susanne Langbein, Paulo Ferreira, Bernd Valentin und den Dirigenten Alexander Rumpf.

 Udo Pacolt, Wien – München

 PS: Kompliment der neuen Intendanz, dieses musikalische Meisterwerk endlich in der Heimat der „Geierwally“ aufzuführen.

 

 

 

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