INNSBRUCK/ Hofburg, Riesensaal: CINQUECENTO bei den Festwochen der Alten Musik
13.8. 2017 Karl Masek
Von links: Terry Wey, Achim Schulz, Ulfried Staber, Tim Scott Whiteley, Tore Tom Denys. Copyright: Innsbrucker Festwochen/Mallaun
Cinquecento leitet sich von der italienischen Bezeichnung für das 16. Jh ab. Das Ensemble folgt in einer paneuropäischen Struktur dem Vorbild der kaiserlichen Hofkapellen. Interessant, wenn auch eher zufällig, ist auch das Ensemble sozusagen paneuropäisch. Im musikalischen Schmelztiegel Wien fanden sie zusammen: Der Schweizer Countertenor Terry Wey, der Tenor Tore Tom Denys aus Belgien, der Engländer Tim Scott Whiteley ist Bariton, der deutsche Tenor Achim Schulz und der steirische Bass Ulfried Staber.
Künstlerisches Ziel des Ensembles ist es, das vielfältige Repertoire des 16. Jh ans Tageslicht zu bringen. Besonderes Augenmerk schenkt man dabei der Musik des kaiserlichen Habsburgerhofes. Und da wartet ein Füllhorn an musikalischen Schätzen auf Wiederentdeckung.
Im prachtvollen, imperialen Ambiente des Riesensaals der Hofburg Innsbruck bekamen die Renaissance-Aficionados die Ergebnisse erfolgreicher musikalischer Schatzgräberarbeit zu hören. Und Cinquecento erwies sich an diesem Abend einmal mehr als Weltklasse-Ensemble! Hochkonzentrierte polyphonische Verläufe wurden transparent gemacht. Komplizierte Verästelungen wurden feinstens ziseliert. Die ganz eigene „Mentalität“ wurde dem hochkonzentriert lauschenden Publikum erhellend näher gebracht.
Durch Polyphonie wird Ausdruck erzeugt war ein Kernsatz beim von Rainer Lepuschitz moderierten Einführungsgespräch, an dem auch Terry Wey und Tore Tom Denys teilnahmen. Was im Konzert in jedem Moment perfekt umgesetzt wurde.
Fulminant die glasklare, makellose Intonation aller fünf, von symbiotischer Perfektion der Zusammenklang, jedesmal ein Genuss für sich, wenn die musikalischen Linien zu den Schlussakkorden finden. Ob die Missa IV „Christ ist erstanden“ aus dem Jahr 1599 oder die mittelhochdeutschen weltlichen Liedschätze Venus, du und dein Kind, Ein Lieb nit mehr, Du hast mich sollen nehmen von Regnart, ob herrliche Kleinodien von Vaet und Orlando di Lasso (1532 – 1594): Pater noster, Misericordias domini: Achim Schulz, Tore Tom Denys, Tim Scott Whiteley und Ulfried Staber bannten das Publikum mit Edelklang. Ein für die Sänger anstrengendes Programm klang für das Publikum keinen Moment lang „angestrengt“ – und über allem schwebte der ätherische Altus des Terry Wey.
Durch die kurzfristige Absage des Gastcounters David Erler wurde eine Programmumstellung nötig. Das Programm blieb dennoch auf den 450er- Jubilar zugeschnitten. Besonderes Lob auch dafür!
Starker Applaus samt Bravorufen des höchst beeindruckten Publikums. Im Riesensaal der Hofburg blieben nur ganz wenige Plätze frei. Es gibt sie also in großer Zahl, die Renaissancemusik-Aficionados!
Zugabe: Ein „Ave Maria“ von Jean Guyot aus der mittlerweile 10. CD des Ensembles (aufgenommen im Mai 2016 in der Kartause Mauerbach, erschienen beim britischen Label hyperion).
Karl Masek