INNSBRUCK/ FESTWOCHEN DER ALTEN MUSIK: LE NOZZE IN SOGNO von PIETRO ANTONIO CESTI am 19.8.2016
Copyright: Rupert Larl
Ganz große Erwartungen wurden in die Produktion von Pietro Antonio Cestis Oper „Le Nozze in Sogno“(die Hochzeit im Traum) bei den Innsbrucker Festwochen für Alte Musik gesetzt, handelte es sich dabei doch um die erste öffentliche Aufführung seit ihrem Entstehen überhaupt(die Premiere fand in Florenz in rein privatem Rahmen für ein Kardinalskollegium statt).
Die Herausgeber der kritischen Ausgabe überschlugen sich naturgemäß in Superlativen: ein Werk sui generis, die einzige opera buffa ihrer Zeit, hochinteressant allein schon durch die Verwendung von nicht weniger als fünf verschiedenen italienischen Dialekten im Libretto sowie durch das gelahrte Zitieren poetischer und musikalischer Vorläufer etc. etc.
Außerdem hatte man natürlich grosse Ehrfurcht davor, dass die Nozze der letzte Fund des großen Barockschatz-Entdeckers, des unvergessenen Dirigenten und Cembalisten Alan Curtis waren, der leider Gottes wenige Monate vor den Proben für die Innsbrucker Festwochen verstarb.
Das alles vorausschickt, muss man bedauerlicherweise feststellen, dass man am Morgen nach der „Hochzeit im Traum“ extrem ernüchtert aufwachte.
Über Alessio Pizzechs fürchterlich klamaukhafte, den delikaten buffo-Charakter an den Kölner Karneval, an die Soap- Opera, ans Drag-Queen Kabarett verratende Inszenierung haben schon andere Kollegen relativ einmütig gelästert. Erschwerend hinzu kamen auch noch die unfassbar hässlichen Kostüme und die die perfekten Proportionen des Innenhofes der Theologischen Fakultät mutwillig und sinnlos zerstörenden zusammengewürfelten „containermässigen“ Bühnenbilder von Davide Amadei.
Es ist schockierend: wenn sich jetzt auch schon bei unseren italienischen Freunden, bei denen doch bisher „la bellezza“ ein hohes, wenn nicht das höchste Gut war, der „German Trash“ als dominantes ästhetisches Prinzip durchsetzt…tja, dann steht die Opernwelt wirklich nimmer lang…
Bestürzender war aber noch, dass auch das vor Banalitäten strotzende Libretto, und letztlich auch nicht einmal die Musik – einzige opera buffa hin oder her – Cestis zu überzeugen vermochte.
Copyright: Rupert Larl
In nahezu jedem Augenblick war geradezu schmerzlich der qualitative Unterschied zu den sowohl textlichen als auch kompositorischen Innovationen und Kühnheiten z.B. seines Zeitgenossen Francesco Cavalli zu spüren.
Dirigent Enrico Onofri machte – in memoriam Alan Curtis- zweifellos das Beste aus dieser Situation. Und auch die aus dem festivaleigenen Cesti-Wettbewerb hervorgegangenen jungen Sängerinnen und Sänger glänzten durchaus – allen voran die bezaubernde Arianna Vendittelli (als Lucinda) und der beeindruckende Countertenor Rodrigo Sosa Dal Pozzo (als Flammiro).
Ansonsten wartet man lieber auf ein anderes Werk Cestis, um dem ehemaligen Innsbrucker Hofcappellmeister noch eine weitere, bessere Chance zu geben…
Robert Quitta, Innsbruck