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INNSBRUCK/ 39. Festwochen der Alten Musik: ARMIDE von Jean-Baptiste Lully. Premiere

23.08.2015 | Oper

39. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik: „Armide“ von Jean-Baptiste Lully (Premiere: 22. 8. 2015)

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Szenenfoto mit der Tanzgruppe und Elodie Hache als Armide und Pietro di Banco als ihr Onkel Hidraot (Foto: Rupert Larl)

 Mit einer weiteren Barockopern- Rarität warteten die 39. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik am 22. 8. 2015 im Innenhof der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck auf: „Armide“ von Jean-Baptiste Lully. Diese letzte „tragédies lyriques“ von Lully, der 1632 in Florenz geboren wurde und 1687 in Paris verstarb, wurde 1686 in Paris uraufgeführt.

 Lully, der eigentlich Giovanni Battista Lulli hieß, kam bereits als Dreizehnjähriger nach Paris, wo er zum Gitarrenspieler, Geiger und Tänzer ausgebildet wurde und 1652 in die Dienste Ludwig XIV.  trat. Er wurde schon ein Jahr später zum „Compositeur de la music instrumental de Roi“ ernannt und damit der musikalische Repräsentant des Sonnenkönigs. Er schrieb Ballette für Corneille und arbeitete jahrelang mit Molière zusammen, erkaufte sich 1672 das Recht, als Einziger Opern aufführen zu dürfen und erhielt hiefür 1673 das Theater im Palais Royal. In Zusammenarbeit mit dem Hofdichter Philippe Quinault entstanden elf Tragédies lyriques, darunter auch die Oper „Armide“. Lully vereinte in seinen Händen die gesamte Macht auf dem Gebiet der Musik und verbot 1677 den Gebrauch von Musik bei Marionetten-Aufführungen. Er erwarb ein großes Vermögen, erhielt das Adelspatent und wurde1681 zum „Secrétaire du Roi“ ernannt. Tragisch sein Tod: Anlässlich der Genesung des Königs von einer Krankheit dirigierte Lully am 8. 1. 1687 ein Te Deum, wobei er sich den Dirigierstock in den Fuß rammte und sich ein Abszess zuzog, an dem er schließlich zwei Monate später starb.

Die Handlung des Werks, das in französischer Sprache aufgeführt wurde, kurz zusammengefasst: Die schöne Sarazenen-Zauberin Armide zieht jeden Mann in ihren Bann. Als sie mit ihren Anhängerinnen einen Sieg über die Kreuzritter feiert, kann sie sich nicht recht freuen, gelingt es ihr doch nicht, Renaud mit ihren Reizen zu beeindrucken. Armide rast vor Hass und Liebe und beginnt ihren Kampf um den Ritter mit allen Mitteln der Zauberkunst. Obwohl Renaud Armides Liebe und Zauber erliegt, kann er sich durch die Hilfe zweier Ritter ihrem Bann wieder entziehen. In höchster Verzweiflung bringt Armide den Zauberpalast, das „Grab ihrer Liebe“, zum Einsturz.

Die Figur der Armida hat viele Künstler inspiriert, seit ihr Schöpfer Torquato Tasso sie in seinem Epos „Das befreite Jerusalem“ 1574 als Gegenpart des Kreuzritters Rinaldo aus dem Gefolge Gottfrieds von Bouillon auftreten ließ. Wie die antike Circe fasziniert sie als unwiderstehliche Verführerin, die in der Begegnung mit dem einen unbesiegbaren Mann selbst alle Schattierungen der Liebe und Leidenschaft durchlebt. Mit ihren spektakulären Zauberkünsten und ihren extremen Seelenregungen war sie auch nach Lullys Oper eine beliebte Opernheldin. So wurde Glucks „Armide“, die 1777 ebenfalls in Paris uraufgeführt wurde, zu eine der erfolgreichsten Opern.

Der Regisseurin  Deda Cristina Colonna, die auch für die kreative Choreographie verantwortlich zeichnete, gelingt im Innenhof der Fakultät eine „zauberhafte“ Inszenierung, die das Publikum in ihren Bann zog. So ließ sie die Darsteller nicht nur auf der kleinen Bühne des Hofs agieren, sondern auch aus den Fenstern im ersten und dritten Stock singen. Kongenial unterstützt wurde sie dabei von Francesco Vitali, der als einzige Requisiten mehrere lebensgroße Puppen auf die Bühne stellte, die er ebenso wie das Sängerensemble mit prunkvollen, farbenprächtigen Barockkostümen einkleidete. Darüber hinaus wartete er mit einem kreativen Lichtdesign und Video auf, das die Kulisse des Hofs des Öfteren verzauberte, wie beispielsweise am Schluss, als sich die dem Publikum zugewandte Front in eine Ruine verwandelte. Sehr einfallsreich waren auch die Ballettszenen der sechsköpfigen Nordic Baroque Dancers (Tanzmeisterin: Karin Modigh, die auch selbst mittanzte).

Zu der Inszenierung noch ein aufschlussreiches Zitat der Regisseurin aus dem informativ gestalteten Programmheft: „Wir erzählen die Geschichte von Armide in der Wüste. Die Wüste wird auf die Bühne projiziert. Dort erscheint Armides Palast als zweidimensionaler Bau, in dem sie mit ihren Wünschen, Illusionen und Ängsten wohnt. Die Puppen auf der Bühne stellen ihre gefangenen Liebhaber dar.“

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Eine brillante Leistung bot Elodie Hache in der Titelrolle der Zauberin Armide (Foto: Rupert Larl)

In der Titelrolle brillierte die französische Sopranistin Elodie Hache durch ihre ausdrucksstarke Stimme, mit der sie auch ihre Zerrissenheit zwischen Liebe und Hass auf  Renaud blendend wiederzugeben verstand. Ihr ebenbürtig zeigte sich sowohl stimmlich wie auch schauspielerisch der junge portugiesische Tenor João Pedro Cabral als unbesiegbarer Kreuzritter Renaud.  

Armides Vertraute Phénice und Sidonie, die im ersten Akt von Fenstern im dritten Stock des Hofs herab sangen, wurden von der israelischen Sopranistin Daniela Skorka und der italienischen Mezzosopranistin Miriam Albano – beide Preisträgerinnen des vorjährigen Innsbrucker Cesti-Wettbewerbs – dargestellt. Mit seiner ausdrucksstarken, dunkel gefärbten Stimme versah der italienische Bassbariton Pietro di Bianco die Rolle des Hidraot, des Onkels von Armide.

La Haine, den aus der Unterwelt emporsteigenden Hass, verkörperte der amerikanische Tenor Jeffrey Francis, der seit vielen Jahren als Sänger und Coach von jungen Kolleginnen und Kollegen des Innsbrucker Projekts Barockoper jung verbunden ist. In jeweils zwei kleineren Rollen ergänzten noch der kanadische Bass Tomislav Lavoie als Aronte und Ritter Ubalde sowie der französische Tenor Enguerrand de Hys als Artémidor und Dänischer Ritter das ausgewogene Sängerensemble.

 Dem zehnköpfigen Orchester „Les Folies françoises“ gelang es unter der Leitung des auf der Violine spielenden Patrick Cohën-Akenine, die feinnervige Partitur Lullys nuanciert wiederzugeben. Das Publikum dankte allen Mitwirkenden inklusive dem Regieteam mit lang anhaltendem Beifall, wobei es für die Armide-Darstellerin Elodie Hache einige „Brava“-Rufe gab und das Orchester mit „Bravi“-Rufen bedacht wurde.

 Udo Pacolt

 

   

 

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