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ICH DARF NICHT SCHLAFEN

10.11.2014 | FILM/TV

FilmPlakat Ich darf nicht schlafen

Ab 14. November 2014 in den österreichischen Kinos
ICH DARF NICHT SCHLAFEN
Before I Go to Sleep / USA / 2014
Regie: Rowan Joffe
Mit: Nicole Kidman, Colin Firth, Mark Strong u.a.

In einem Kriminalroman kann nichts Besseres passieren, als dass jemand sein Gedächtnis verliert. Die natürliche Folge: Misstrauen. Wer bin ich? Wer ist der andere? Was ist geschehen?Ist das, was man mir sagt, auch wahr? Das reicht normalerweise für einen Roman – Autor (Autorin?) S.J.Watson hatte mit „Ich.Darf.Nicht.Schlafen“ einen ziemlichen Erfolg.

Nun brachte Rowan Joffe – in Hollywood noch in der zweiten Reihe – die Geschichte als Drehbuchautor und Regisseur auf die Leinwand. Er bekam eine erstklassige Besetzung, keine Frage. Wenn der Film einem dann doch nicht vor Spannung die Schuhe auszieht, geschieht dies aus dem einfachen Grund, dass er zu eindimensional ist, zu wenige Möglichkeiten hat. Die Heldin ist gerade von zwei Männern umgeben, und der Regel nach muss einer der Gute, der andere der Böse sein. Sprich: So oder so – so groß kann die Überraschung nicht sein.

Nicole Kidman spielt mit jugendlicher Langhaar-Frisur und Stirnfransen eine Vierzigjährige, die jeden Morgen ohne irgendein Wissen über sich selbst aufwacht, sich am Tag dies und jenes aneignet – und alles, sobald sie einschläft, erneut vergisst. Jeden Morgen gibt ihr der liebende, geduldige Gatte mit leicht gequältem Gesichtsausdruck die Richtung vor: Du bist 40, wir sind seit 14 Jahren verheiratet, Du hattest einen schweren Autounfall… Quälend, aber nicht sehr aufregend. Nicole Kidman versucht alles, um diese Qual zu transportieren, und sie kann es auch, sie war einst eine geradezu hervorragende Schauspielerin. Mittlerweile hat sie im wahrsten Sinn des Wortes ihr Gesicht verloren – nicht nur die tollen Rollen, die man ihr früher anbot und die jetzt nicht mehr kommen, sondern auch im wahrsten Sinn des Wortes ihr lebendiges Gesicht, das nun unter den Schnitten eines Chirurgen eine Steifheit hat, die ihr nie wieder ihre vollen Möglichkeiten geben. Ihre Erfolgsgeschichte als Schauspielerin ist leider vor etwa zehn Jahren zu Ende gegangen, nun ist sie nur noch ein Name.

Damit die Erinnerung doch Schritt für Schritt fortschreiten kann, nimmt sich hinter dem Rücken eines Ehemanns ein Psychiater ihrer an – lässt sie ihre Erkenntnisse auf eine Kamera sprechen, sagt ihr jeden Morgen, wo sie diese versteckt hat, stückelt so ihre Vergangenheit zusammen. Er ist eine Vertrauensperson für sie, bis sie plötzlich schrecklichen Verdacht hegt: Ist er vielleicht der Mann, der sie fast tot geschlagen hat? Denn das ist damals passiert, kein Autounfall. Warum sagt der Gatte nicht die Wahrheit? Ist der liebende Gatte gar nicht so lieb? Oder hat sich der besorgte Psychiater unter falschem Vorwand in ihr Leben geschlichen?

Also – eine Frau, zwei Männer (denn die Ex-Freundin, die kurz auftaucht, spielt im Grunde keine Rolle): Colin Firth als Gatte, Mark Strong als Psychiater, beide mit tiefem, ehrlichem Blick um sie bemüht. Also – welcher ist es? Firth ist meist als der harmlose Typ auf der Leinwand, Strong als der Bösewicht, es wäre also sinnvoll, die Funktionen einmal umzudrehen und so Erwartungen zu unterlaufen. Aber – wenn ein ja auch nicht unerfahrenes Krimi-Thriller-Publikum genau das denkt, könnte man doch wieder…

Also bitte, das ist das einzige Quentchen an Spannung: Was ist geschehen? Gibt es Überraschungen? Na ja, ein paar. Aber so richtig Gänsehaut, so richtig unheimlich, so richtig atemlos – nein, das ist es nicht. Gut gespielter Durchschnitt, nicht mehr.

Renate Wagner

 

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