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Herbert Haupt: JOHANN ADAM VON LIECHTENSTEIN

BuchCover  Liechtenstein Herr von Stand

Herbert Haupt
EIN HERR VON STAND UND WÜRDE
FÜRST JOHANN ADAM ANDREAS VON LIECHTENSTEIN (1657-1712)
390 Seiten, Verlag
Böhlau, 2016

Es gab Mitglieder des Hauses Liechtenstein, die auch in der Geschichte Österreichs eine große Rolle spielten, etwa jener Josef Wenzel (1696-1772), der als kaiserlicher Feldherr bedeutend war, desgleichen als Diplomat (und der, ein Stück Familiengeschichte, für den späteren Kaiser Joseph II. im goldenen Wagen dessen Braut aus Parma nach Wien brachte). So viel Ruhm hat dessen Verwandter, Fürst Johann Adam Andreas (1657-1712), nicht geerntet, aber wenn man nun dessen Lebensgeschichte liest, merkt man, dass es doch sehr viel über diesen Mann zu erzählen gibt, der immerhin die beiden Liechtenstein’schen Palais in Wien errichten ließ – in bewusster Konkurrenz zu dem mit ihm befreundeten Prinz Eugen von Savoyen…

„Ein Herr von Stand und Würde“ nennt der Kulturhistoriker Herbert Haupt seine – opulent bebilderte – Biographie, die nicht nur viel vom ausgehenden 17. Jahrhundert erzählt, sondern auch klar macht, dass Fürst zu sein ein schweißtreibender „Unternehmer“-Beruf war. Dabei war Johann Adam Andreas in seinem Leben nicht sehr glücklich – dem Baby musste man die angewachsene Zunge freischneiden, er litt an Muskelschwund und hatte einen verkrüppelten Arm, war lebenslang kränklich. Seine Gattin, Maria Theresia von Dietrichstein, hatte er wohl selbst gewählt, aber nur Töchter überlebten, seine beiden Söhne musste er zu Grabe tragen. Nach seinem Tod erlosch sein Zweig der Familie, der Besitz ging großteils an die Liechtensteinische Linie „Gundakar“ über.

Kein Soldat, fand Johann Adam dennoch reiche Betätigungsfelder, wobei er auch am Hof von Kaiser Leopold eine zeitlang als Finanzexperte zahlreiche Funktionen innehatte. Aber sein zentrales Interesse galt nicht – wie das vieler anderer Adeliger – der „Höflings“-Existenz.

Vielmehr widmete sich der Fürst lieber der Verwaltung seines Besitzes, den er gewaltig vermehrte, reiche Besitzungen hatte er in Niederösterreich, Böhmen und Schlesien. Der Autor verschweigt allerdings nicht, dass der Reichtum auch auf der Ausbeutung der Bauern beruhte, die mit ihren schweren Lebensbedingungen nicht glücklich waren.

Zu den weiteren „Verdiensten“ dieses Fürsten für die Familie zählt seine Neigung, Kunst zu sammeln (was er mit vielen seiner Verwandten teilte), und er ließ das Palais Liechtenstein in der Bankgasse und das Gartenpalais in der Rossau errichten – bis heute barocke architektonische Prunkstücke Wiens, bis heute im Besitz seiner Familie.

Ein besonders interessantes Detail bietet der Autor, indem er die „Kavalierstour“ detailliert nachzeichnet, die Prinz Franz Dominik, damals der einzige noch lebende Sohn des Fürsten, in den Jahren 1707 bis 1709 unternahm. Man weiß von diesen fürstlichen Bildungsreisen, die durchaus auch der Kommunikation und Diplomatie galten, kann sie sich aber nicht so recht vorstellen. Hier werden sie an einem zweifellos typischen Beispiel detailliert (und auch in den dazugehörigen logistischen Anforderungen) aufgearbeitet. Besonders tragisch, dass der Prinz zwei Jahre später, 22jährig, starb. Sein Vater folgte ihm 1712, nur 55 Jahre alt, in den Tod.

Interessant auch die ausführliche Schilderung der Schicksale seiner Witwe und seiner Töchter, wobei die Ehe der Prinzessin Maria Antonia mit einem rabiaten ungarischen Grafen eine Wiener Skandalgeschichte war. Zwei Töchter heirateten innerhalb der Familie Liechtenstein, und Prinzessin Maria Theresia wurde auf Vermittlung von Prinz Eugen mit einem seiner Neffen verheiratet und wurde Herzogin von Savoyen-Carignan.

Fürst Johann Adam Andreas, der in allen Lebensbereichen einen „Zug ins Großartige“ hatte, kann als Beispiel dafür genommen werden, dass ein Fürstenleben nicht Müßiggang im Luxus bedeutete, sondern schwere Arbeit, große Verantwortung und wichtige Entscheidungen. Hier hat er Bedeutendes geleistet. Besonders wichtig für die spätere Zeit wurde seine Erwerb der reichsfreien Herrschaften Schellenberg und Vaduz: Vermutlich gäbe es sonst das heutige Fürstentum Liechtenstein nicht.

Renate Wagner