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HEIDELBERG: RUMOR von Christian Jost. Deutsche Erstaufführung

23.03.2014 | KRITIKEN, Oper

Heidelberg: RUMOR  von Christian Jost, DEA 21.3.2014

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Namwon Huh, Irina Simmes, Foto:  Florian Merdes.

 

Am Theater Heidelberg besteht seit einigen Jahren die lobenswerte Tradition, Opern- UAen in Zweit-Aufführungen wieder zu zeigen, so dass sie in einer neuen Produktion die Chance haben, in anderem Licht gesehen und beurteilt zu werden. Diesmal traf es eine Oper des international renommierten Komponisten Christian Jost, der sich als Sujet einen auf den ersten Blick aus dem Kriminalgenre stammenden Roman ‚Der süße Duft desTodes‘ von Guillermo Arriaga gewählt hat. In eigener Adaption gestaltet sich Jost ein Libretto in 15 überschrifteten Bildern, die sich z.T. überlappen und auf der Bühne parallel gespielt werden. In einer mexikanischen Dorfgemeinschaft ist eine junge schöne Frau ermordet worden, und ein junger Mann Ramon bekennt sich dazu, sie geliebt zu haben, obwohl er sie nur ein paar mal gesehen habe. Die Dörfler wollen den Mord einem Fremden in die Schuhe schieben, der hier zusammen mit seiner Geliebten, einer verheirateten Frau des Dorfes  in einem Wohnwegen gezeigt wird. Das getötete Mädchen Adela erwacht als „Wiedergängerin“, was ja heute auch eine beliebte ‚Opernmasche‘ erscheint, und sie erinnert sich in Gesängen an  ihre Familie, an einen Liebhaber und an Briefe, die von ihren Eltern abgefangen und entsorgt wurden. Ramon wird von einer Gruppe der Dorfleute (Schlachter, Jäger und Gefährtin) dazu gebracht zu glauben, der Fremde sei der Mörder seiner Geliebten gewesen, und er wird quasi dazu abgerichtet, auch ihn mit einem Messer zu töten.

Dieser 2.Mord wird von der Geliebten des Fremden, die ihm ein Alibi hätte geben können, aus Angst nicht verhindert. Der Alte der Dorfgemeinschaft ist einem Richter gegenüber nicht interessiert, den Mordfall aufzuklären, sondern deckt die angestiftete Selbstjustiz des Jungen.

 Diese einigermaßen inkongruent wirkende Handlung hat Jost in eine schöne, dunkle und  teils auch querständige Musik gegossen. Wenigen drängenden, schnellen aufpeitschenden Momenten am Anfang und am Ende der Oper stehen larmoyante statische Episoden gegnüber, von einem großen Orchester mit hohem Verschmelzungsgrad der einzelnen musikalischen Farben gespielt. Tonale und atonale bzw politonale Stimmungen halten sich dabei die Waage, und die menschlichen Stimmen sind oft sehr gut textverständlich, zeichnen gesangliche Bögen, die auch öfter mit gemäßigten Koloraturen ‚gefüttert‘ werden. GMD Yordan Kamdzhalov zeichnet für die rundweg gelungene Wiedergabe der Partitur verantwortlich.

Regisseur Lorenzo Fioroni zeigt die Dorfgemeinschaft als Cowboys und-girls, manchmal auch mit Papiertüten über den Kopf gestülpt, was an Woodoo und Cucluxclan zu mahnen scheint.

 Die eher magische Handlung wird aber ganz realistisch in Szene gesetzt. Die Bühne von Ralf Käselau zeigt einen grauen Festplatz mit bunten Birnen, umstanden von halblebigen Bäumchen, die auch unter der Hitze leiden. Auf der Drehbühne wird der volleingerichtete Wohnwagen immer wieder verschoben. Auf einer Art Jägerstand vorne links, auf den sich Jäger, Schlachter und Gefährtin auch mal hochgearbeitet haben, sind jetzt die kitschig dargestellte Tote, Marienbildchen,und andere Devozionalien plaziert. Die Kostüme spinnnen den Cowboy- und US-Folklorelook fantasievoll (weiße Kreppkleidchen für Adela) aus (Sabine Blickenstorfer). Der  kleine Chor, der sich als Soli auch in seine Elemente aufteilen kann, ist präzise von Jan Schweiger und Anna Töller einstudiert. Die Mutter/Wirtin/Witwe wird ganz kühl schemenhaft vom Mezzo Carolyn Frank gesungen und gestaltet. Die sehr junge Amelie Saadia gibt als Gefährtin eine Einpeitscherin mit fast atemlos geschnalzten Einwürfen ab, der Jäger ist tenoral Winfried Mikus, der Schlachter Nico Wouterse baßbaritonal, und der Alte Wilfried Staber wartet gewohnt sonor und mit klanggesättigtem Baß auf. Die Geliebte wird von dem kräftig stimmigen Mezzo der Anna Peshes übernommen, ihr Geliebter James Homann (der Fremde) ist figürlich eindrücklich. Irina Simmes gibt die Adela mit weit ausschwingendem focussiertem Sopran, und der Ramon wird mit sympathisch lyrischem auch teils spintohaftem Tenor von Mamwon Huh gegeben, wobei er auch Angstmomente gut ausspielt und dafür vielleicht öfter mal kompensierend die Szene kehrt.

 Friedeon Rosén

 

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