Heidelberg: MAZEPPA am 24.11.2012
Das neue Haus der Oper Heidelberg wurde mit Mazeppa, der selten gespielten Tschaikowsky-Oper nach 3 Jahren Bauzeit wieder eröffnet. Es handelt sich dabei um einen ganz neuen, in den alten Bau integrierten Saal mit Bühne. Die alte Bühne ist mit der neuen im rechten Winkel verbunden. Der neue Saal ist mit ca. 1000 Plätzen wesentlich größer. Der ebenfalls große Orchestergraben strahlt den Klang gut ab und liefert ein entzerrtes Klangbild, das sich auch gut mit den Stimmen auf der Bühne vermischen kann. Da hat das Haus mit einem anspruchsvollen Tschaikowsky seine Probe bestanden, und man kann das Theater und die Stadt samt Einwohnern zu dieser Kraftanstrengung nur beglückwünschen.
Die Inszenierung von ‚Mazeppa‘ scheint dagegen nicht so geglückt. Elisabeth Stöppler, die sicher bei dem Wettlauf mit der Zeit zur Eröffnung auch unter Druck arbeiten mußte, spielt weitgehend auf der Skala des modernen Regietheaters, wobei ihr ein wirklich eigener Regieblick auf das bedeutende Opus, das das private Schicksal einer Liebe zwischen dem alten Heerführer Mazeppa und der jungen Tochter seines Freundes Kotschuhbei, das gleichzezeitig in das Machtspiel eines Unabhängigkeitskriegs der Ukraine von Rußland eingebunden ist, nur ganz bedingt gelingt. Auch leidet die Regie darunter, daß sie sich eigentlich an keinem Bühnenbild abarbeiten kann, es besteht nur aus silbrigen vertikalen Streifen, die nebeneinander hängen und manchmal verschieden drapiert werden. Nur am Ende wandeln sie sich zu Seilen, in denen Maria hängt, ganz zum Schluß wird auch der glänzende Bodenbelag wie eine Haut hochgezogen, alles verschwindet, wenn auch die alleine überlebende Maria nach hinten zu den bereits entkostümierten Kollegen in den großen Fahrstuhl abgeht (Bühnenbild Karoly Risz).
Während dem Vorspiel und Teilen der 1.Szene wird das Personal in einer langen Prozedur eingekleidet. Kotschubei agiert dann, obwohl er auch laufen kann, immer im Rollstuhl. In der Kerker- und Folterszene muß er aber auf dem Boden robben, und Mazeppa hat sich des Rollstuhls bemächtigt. Während zu Beginn noch ansprechende Gruppierungen für die Chorszene gefunden werden, ist der zentrale Chor vor der Hinrichtung sozusagen eliminiert, d.h. er kommt in der Aufnahme technisch schlecht vom Band, und man sieht nur Schattenspiele von Statisten hinter einem Gazé .Die Massenszene ist zu einer kleinen Ensembleszene reduziert, wobei der Betrunkene auch noch von Andrei, der Maria liebt, gespielt wird. Bei der Hinrichtung fallen Kotschubei und Iskra vom Richtblock herunter, Kotschubei geht dann mit seiner Frau zu Fuß ab.
Nach dem Krieg bleibt die Bühne nach hinten ganz offen, man sieht die Bühnenarbeiter mit gelbem Bühnenjeep. Die Bekleiderin mit Marias rotem Kleid ist auch immer präsent. Andrei, von Orlik erschossen, ist nun mit Glatze (am Anfang trug er Perücke), und wird bei Marias an ihn gerichtetes Schlaflied in den Bühnenhimmel gezogen.
Die phantasievollen Kostüme sind von Kathariana Gault.
Das Orchester spielt die vielen einprägsamen Themen ganz wunderbar aus und liefert unter dem sicheren Dirigat des neuen GMD Yordan Kamdzhalov ein ganz packendes Musikdrama.
Den Iskra singt auch in Unterhemd und Wolfsmaske Namwon Huh mit feinem Tenor. Als Orlik gibt Michael Zahn auch den baritonalen Henker. Die Mutter Ljubow ist mit großem exquisit timbriertem Mezzo Anna Peshes. Die besonders schön aufsteigende Melodie, die in der Szene mit der Tochter vor der Hinrichtung singt, erschließt sich aber nicht eindeutig. Maria singt mit ihrem großen,dem Lyrischen entwachsenen Sopran Hye-Sung Na und verkörpert dieses junge Mädchen ganz akkurat und spontan. Manchmal entwickelt sie in Bann ziehende gleißende Stimmfarben. Den Kotschubei gibt mit verhalten schönstimmigem Baßbariton Wilfried Staber, und als Mazeppa glänzt James Homann mit dunkel timbriertem, machmal geheimnisvoll gefärbtem Bariton. Den Andrej sang Mikhail Vekua am Anfang mit schön lyrischem, am Ende mit fast grell wirkendem Tenor.“
Friedeon Rosén