Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HANNOVER: SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE MIT WAGNER. Gastspiel des Klangzauberers. Thielemann; Kampe; Gould; Zeppenfeld

05.02.2017 | Konzert/Liederabende

HANNOVER/ Sächsische Staatskapelle: Gastspiel des Klangzauberers (Thielemann; Kampe; Gould, Zeppenfeld) am 4.2.2017

Hannover ist Christian Thielemann durchaus nicht unbekannt, hatte er hier als junger Kapellmeister an der Oper in den 80er Jahren für zumindest kurze Zeit eine Stelle. Doch in jüngster Zeit hat er sich rar gemacht, umso mehr war sein Gastkonzert mit der Sächsischen Staatskapelle und einem reinen Wagner-Programm bereits im Vorfeld ein Ereignis in Niedersachsens Landeshauptstadt. Der Kuppelsaal der Stadthalle war zwar nicht bis auf den letzten Platz, doch aber sehr gut gefüllt. Und, das sei vorweggenommen, Thielemann und sein Orchester, aber auch die Solisten, sorgten für in Hannover ungewohnten Beifall nach einem konzertanten Ereignis.

Den Anfang machte der erste Akt der „Walküre“. Unweigerlich gingen die Gedanken dabei zu Johan Botha, der ursprünglich als Siegmund für dieses Konzert vorgesehen war. Stephen Gould war ihm ein mehr als ebenbürtiger Ersatz. Von Klang und Statur besitzt er eine bestens für die vor allem schweren Wagner-Helden geeignete, strahlende und metallische Stimme, die auch über sanfte, erdige Töne verfügt. Manchmal bräuchte er weniger Kraft beim Singen und könnte sich ganz auf die ausreichenden Reserven seines Organs verlassen, das tat seinem insgesamt stattlichen Siegmund aber keinen Abbruch. An seiner Seite glänzte Anja Kampe als leuchtende, zuerst vorsichtige, dann zunehmend aufblühende und am Ende liebende Sieglinde. Ihr Sopran klang auch in den teilweise unangenehm tief liegenden Passagen noch voller Substanz, die Höhen ging sie ohne unnötige Kraft an, und überhaupt war zu hören, dass sie die Sieglinde ganz und gar verinnerlicht hat. Neben diesem famosen Paar ließ Georg Zeppenfeld seinen runden, warmen und klangvollen Bass als Hunding Autorität verströmen. Starker Beifall für dieses im wahrsten Sinne musiktheatrale Ereignis, ganz ohne Szene. Thielemann formte die samtweich klingende Staatskapelle Dresden zu einer Wiedergabe, die den kammermusikalischen Ton dieses Aktes genauso ausleuchtete wie die große Geste. Phantastische Instrumentalsoli waren zu vernehmen, und die Balance zwischen den einzelnen Gruppen hätte ausgewogener nicht sein können.

Noch mehr Farben zum Leuchten brachten Thielemann und das Orchester nach der Pause mit, von Thielemann selbst eingerichteten, Bearbeitungen orchestraler Szenen aus der „Götterdämmerung“, beginnend mit der ersten Szene zwischen Brünnhilde und Siegfried über Siegfrieds Rheinfahrt bis zum Trauermarsch aus dem dritten Akt; danach kehrte Anja Kampe auf die Bühne zurück und sang Brünnhildes Schlussgesang. Natürlich ist ihre Stimme – noch – kein hochdramatischer Sopran, wenngleich sie sicher in Farbe und Klang über beste Voraussetzungen verfügt, sich dieser Partie langsam zu nähern; mit Christian Thielemann wird sie im April die Walküren-Brünnhilde in Salzburg aufführen. Auch wenn ihr Schluss der „Götterdämmerung“ an diesem Abend, zumal gegen Ende, vielleicht nicht über die an dieser Stelle erwarteten rundum strahlenden, die Wogen des Orchesters bezwingenden Töne verfügte, so gab sie dem berührenden Vermächtnis der noch immer liebenden Frau Format und Statur. Thielemann begleitete sie mit größter Sensibilität. Es ist ein besonderes, beglückendes Ereignis zu beobachten, wie er sein bestens auf ihn eingestimmtes Orchester in Bruchteilen von Sekunden genau in seinem Sinn zu formen versteht. Ein berauschender Abend, nicht nur für erfahrene Wagner-Freunde.

Christian Schütte

 

 

 

Diese Seite drucken