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HAMBURG/ Staatsoper: EUGEN ONEGIN

11.04.2016 | Oper

Hamburg: Staatsoper Hamburg: „EUGEN ONEGIN“, 10.04.2016

Als Opernliebhaber hat man es heutzutage manchmal schwer, alle Ideen der Regisseure nachzuvollziehen und sich auf sie einzulassen. Da ist es zwischendurch ganz erholsam, einmal eine durch und durch traditionelle Produktion wie die von „Eugen Onegin“ von Adolf Dresen aus dem Jahr 1979 an der Staatsoper Hamburg zu sehen. Die größtenteils sehr geschmackvolle Inszenierung (Bühnenbild nach Karl-Ernst Herrmann, Kostüme: Margit Bárdy) entführt das Publikum zunächst in das gediegene, inmitten eines üppigen Gartens liegende Gutshaus der Larins, später dann in ein prächtiges Fürstenpalais in St. Petersburg. Schade nur, dass die Bühne immer ziemlich zugebaut ist, so dass der Eindruck von Enge und fehlendem Freiraum zur Rollengestaltung vorherrscht. Insgesamt ist es aber eine sehr schön anzusehende Produktion auch wenn manche Kostüme den Sängern nicht gerade auf den Leib geschneidert sind. Die Sänger des Abends bewegten sich allesamt auf einem hohen, mit einer Ausnahme aber nicht auf allerhöchstem Niveau. Der erst 30 Jahre alte Alexej Bogdanchikov sang die Titelpartie mit sehr angenehmer, eher hell timbrierter und unangestrengt klingenden Stimme. Seine Bühnenpräsenz reicht für diese Rolle jedoch noch nicht ganz aus, so dass man die Faszination, die Onegin auf Tatjana ausübt, nicht vollständig nachvollziehen konnte. Iulia Maria Dan, die zu Anfang der Saison vom Münchner Opernstudio ins Ensemble der Staatsoper Hamburg gewechselt ist, konnte dagegen die Rolle der Tatjana sehr überzeugend darstellen. Sowohl als junges, verträumtes Mädchen, als auch als elegante und selbstbewusste Fürstin Gremina war sie sehr glaubhaft. Gesanglich ist ihr heller, schlanker Sopran für die zarten und lyrischen Passagen der Partie am besten geeignet. Hier gelangen ihr sehr berührende Momente. Für die leidenschaftlichen und emphatischen Teile der Rolle fehlt es ihrem Sopran noch ein wenig an Dramatik und Volumen. Der aus Turkmenistan stammende Tenor Dovlet Nurgeldiev konnte das Publikum als Lenski mit seinem natürlichen Spiel und seinem feinen, klangvollen und frei strömenden Tenor für sich einnehmen. Vor allem in seiner großen Arie zeigte er viel Stilgefühl und sang sie ohne Übertreibung oder Kitsch. Die herausragende Leistung des Abends bot Alexander Tsymbalyuk als Fürst Gremin. Obwohl die Rolle nur sehr kurz ist, verstand er es, ein absolut glaubhaftes Portrait des angesehenen, hochrangigen und großherzigen Fürsten Gremin zu zeichnen, der im Gegensatz zu Onegin das Wesen seiner Frau Tatjana erkannt hat und sie schätzt und liebt. Seine große Arie gestaltete er sehr nuanciert und begeisterte das Publikum mit seiner individuellen, klangfarbenreichen und samtigen Stimme. Schon allein wegen seines Auftritts lohnt sich der Besuch des Stückes. Stefano Ranzani leitete das Philharmonische Staatsorchester Hamburg. Seine Interpretation von Tschaikowskys Musik klang eher nüchtern. Die schwelgerischen und sehnsuchtsvollen Passagen hätten etwas leidenschaftlicher und glutvoller gestaltet werden können. Die kleineren Solopartien waren rollendeckend besetzt, einen besonders positiven Eindruck machte hier Nadezhda Karyazina als lebenslustige, verführerische Olga. Am Ende bedachte das Hamburger Publikum „seine“ Sänger, die zum großen Teil Mitglieder des Ensembles sind oder waren, mit sehr herzlichem Applaus.

Gisela Schmöger

 

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