Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HALLE (Saale): DER RING DES NIBELUNGEN – „Vollendet das ewige Werk!“

10.03.2013 | KRITIKEN, Oper

Halle (Saale): „DER RING DES NIBELUNGEN“ – Vollendet das ewige Werk! 3. bis 9.3.2013

Unter diesem Motto unseres berühmten Geburtstagskindes Richard Wagner wurde der RING Halle Ludwigshafen erstmals als Zyklus, sozusagen „am Stück“ aufgeführt. Begonnen hat alles mit dem „Rheingold“ im November 2010, wurde fortgeführt mit „Walküre“ im September 2011 und “Siegfried“ im April 2012 bis hin zur Premiere der „Götterdämmerung“ im Februar 2013.

Ein wahrhaft gigantisches Projekt für zwei kleinere Häuser, initiiert im Wesentlichen vom GMD der Oper Halle, Karl-Heinz Steffens, ehemaliger Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker, der später dann auch die Leitung der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz übernommen hat. So wird ebendieser „Ring“ Ende April 2013 in Ludwigshafen erklingen – und dann erst wieder im Februar 2014 in Halle. Inszenierung, Bühne und Kostüme lagen in den Händen eines der Protagonisten (in den 60er Jahren) des sogenannten modernen Regietheaters: Hansgünther Heyme, inzwischen im 78.Lebensjahr angelangt – Respekt!

DAS RHEINGOLD“ – 3.3.

Weia! Waga! Woge, du Welle, walle zur Wiege! Wagalaweia! Wallala weiala weia!!“ Der (Wagner) geneigte Opernbesucher weiß, dass er nicht etwa im Irrenhaus gelandet ist, sondern dass mit diesen ewigen Worten Woglinde die Tetralogie eröffnet. Vorher wurde das Publikum aber erst mal auf den „running gag“ des „Ringes“ Halle – Ludwigshafen eingestimmt: „Der Vorhang der Hoffnung“, der uns – in sich verändernder Form – durch die vier unvergesslichen Abende begleiten soll. Vor dem „Rheingold“ lesen wir „VOR-SCHEIN AUF DER FERNSICHTREICHEN HÖHE DER ZEIT“; vor „Götterdämmerung“ leuchten uns die Worte: „HOFFNUNG, TAGTRAUM, ARBEIT, ERSTARRUNG und ÜBERDAUERN“ entgegen.Das Ganze ist auf einen kunterbunten Flickerlteppich genäht, wobei es Jugendlichen ermöglicht wurde, ihre Gedanken zu dem Thema auf Stoffquadraten malend darzustellen, die dann zum großen Vorhang montiert und vernäht wurden.

Doch zurück an den Rhein: Auf der Bühne begegnen wir nun auch dem zweiten „running gag“: einer großen Wand zur Rechten, die man als „Matrix“ bezeichnen könnte. Man sieht unendlich viele schwarze Quadrate, die mit Buchstaben und Ziffern etikettiert sind…sybillinische Abflugtafel eines Flughafens? geheimnisvolle MS-DOS-Kürzel? Erst bei der „Walküre“ erschließt sich einem die Bedeutung dieses Gebildes, das uns bis in die Götterdämmerung folgen soll. Es sind schwarze, allerdings unsystematisch durchnummerierte Schuhkartons, in denen kleine Andenken/Reliquien(?) der gefallenen Krieger wie ein Paar Schuhe, ein Orden usw. lagern. Linker Hand ist ein Regal mit diversen Gegenständen. Diese beiden Seiten bilden ein spitzwinklig nach hinten laufendes Dreieck. Im Vordergrund sind ein paar mit Wasser gefüllte Kästen und hier tollen nun die Rheintöchter mit Alberich umher. Ohne die Wasserbottiche sind wir in der temporären Residenz der Götter angelangt. Eine Projektion in der Mitte lässt die Nibelungen mit großem Einsatz auf ihr von Alberich befohlenes Werk einhämmern, Mime ist im Sträflingsanzug. Fasolt und Fafner, hinter denen so eine Art bedenklich kippliger Riesenuniform hängt, wirken wie früher die Zimmerleute auf Wanderschaft, und Erda wird aus der Matrix heraus in einer Art überdimensionaler Telefonzelle im schwarzen Unterrock präsentiert. Und Walhall? Das sind fünf große Käfige, in die die Götter einsteigen und emporgehievt werden; dabei entfalten sich unten an den Käfigen Schleier in Regenbogenfarben – ob Froh sich das so gedacht hat?

Ein Blick in den Orchestergraben lässt einen erkennen, mit welchen Schwierigkeiten man hier fertig werden musste. Eigentlich reicht der zur Verfügung stehende Raum bei weitem nicht, um ein Wagner-Orchester zu fassen. So hat man alle verfügbaren Räume unter der Bühne geöffnet und links und rechts zwei Emporen platziert, auf denen Violinen bzw. Bratschen auf Zuschauerhöhe Platz finden. Darunter toben Schlagzeug und Unmengen an Bläsern. Durch diesen geschickten Kunstgriff werden nun die letztgenannten Krachmacher akustisch reduziert – es will fast ein Festspielhaus-Feeling aufkommen – genial! Für die Harfen war gar kein Platz mehr; die fanden sich links im 1.Rang. Wenn man nicht gerade direkt unter dem Balkon saß, erklangen die wie vom Himmel herab.

Ein ebensolches untrügliches Gespür für die Effekte der gewaltigen Musik bewies Karl-Heinz Steffens auch beim Klang des Orchesters. Hatte man beim Betreten des recht kleinen Hauses in Halle zunächst gefürchtet, dass man komplett zugedröhnt würde, so hat sich diese Befürchtung rasch uneingeschränkter Bewunderung Platz gemacht. Da saß alles perfekt, ab dem 1.Takt – und bis zum letzten! Bei rhythmischer Vollendung des Klangkörpers hörte man rasch auf, für die Bläser zu beten – sonst oftmals notorische Schwachpunkte, wenn’s an den großen Richard geht –diesmal perfekt und blitzsauber. Jawohl! Und sogar die Hörner! Von schmetternder Wucht bis hin zu fein lyrischen Passagen war Karl-Heinz Steffens den Sängern ein kongenialer Partner. Wer hätte eine solche Leistung von der Händel-trainierten Staatskapelle Halle erwartet?! Bewundernswert! So kehrte sich der scheinbare Nachteil des kleinen Hauses ins Gegenteil um: So unmittelbar und so hautnah habe ich einen RING noch nie erlebt. In den großen Operntempeln, die sonst mit dem RING glänzen, sitzt man ja eher wie die Götter zumeist auf „wolkigen Höhen“, dem Ganzen etwas entrückt – hier war man fast auf der Bühne mit dabei – ein nachdrückliches und unvergessliches Erlebnis!

Hinzu kam, dass der Text übertitelt wurde. So konnte man die „Laienpartitur“ Wort für Wort mitlesen. Man achtet so auf manche Subtilität, die einem sonst vielleicht entgangen wäre.

Mit fast weichem Bariton, der sich über die Abende sogar noch steigern sollte, beeindruckte Gérard Kim als Göttervater. In seiner – auch asiatischen – Art wirkte er abgeklärt und gelassen – fürwahr ein Spitzenpolitiker von Rang. Die Rolle der Fricka war mit Gundula Hintz durchaus adäquat besetzt. Anke Berndt gestaltete eine lieblich-mädchenhafte Freia. Einzig Nils Giesecke als Froh blieb ein bisschen blass; wie ja auch die Rolle ein bisschen blass ist. Wuchtig in Stimme und Erscheinung hingegen Ásgeir Páll Águstsson als grollender Donner – statt des schlimmen Hammers schwang er allerdings eine Art Taschenuhr an der Kette, jedenfalls erschien es mir so. Thomas Mohr als Loge ließ sängerisch und darstellerisch keine Wünsche offen, fast möchte ich ihm die Siegespalme – für Herren – des Abends überreichen, wäre da nicht noch Gerd Vogel als Alberich gewesen – hervorragend! Und dann gab da ja auch noch Ralph Ertel als Mime. Vielleicht liegt es auch am „kleinen Haus“, dass alle mit solchem Engagement und solchem Enthusiasmus unterwegs waren.

Die Siegespalme für Damen geht jedoch an Julia Faylenbogen als Erda. Prächtige Erscheinung (auch im Unterrock), prachtvolle Stimme! Diesmal leider nur ein Auftritt, aber dieser vollendet. Auch die Riesen, Alexander Vassiliev als Fasolt und Christoph Stegemann als Fafner wussten ihre Rollen mit solidem Bass zu gestalten. Und die drei Rheintöchter Ines Lex, Melanie Hirsch und Sandra Maxheimer, erfreuten uns, indem sie Möchtegern-Freier Alberich tüchtig veräppelten – allerdings mit welchen Folgen?!

So gab es für alle reichlichst Applaus, besonders für das tolle Dirigat von Karl-Heinz Steffens – und…keine Buhs für die Regie.

DIE WALKÜRE“ – 5.3.

Sieglinde hockt zwischen Graffiti und Fratzen in der Gartenlaube der Flodders und guckt Fernsehen. Die Weltesche ist ein Strommast. Zu den herrlichen ersten Takten des 1.Aufzugs prügeln sich zwei rivalisierende Motorradgangs, die mit wildem Geknatter ihrer Bikes die Musik von Wagner entweiht haben. Die Quittung für die Regie sollte später folgen…Am Campingtisch essen dann Hunding und Wehwalt/Siegmund ein von Sieglinde bereitetes Süppchen. Siegmund, also gestärkt, vermag dann Nothung aus dem Strommast zu ziehen – und das ohne Kurzschluss. Ob das, was dann passiert, auch als Kurzschluss zu werten ist?…Jedenfalls ist Fricka über die ehebrecherischen und inzestuösen (Un)Taten des Zwillingspaares zutiefst empört und macht Wotan richtig die Hölle heiß. Und dabei war Wotan so schön beim Daddeln in einer von zwei Lesben geführten Bar. Zur allgemeinen Überraschung dreht dann die Bar und…wir sind in der Abfertigungshalle eines Flughafens. Flugs begeben sich Sieglinde und Siegmund dorthin, endlich mit den lang ersehnten Koffern, die bei keiner zeitgemäßen Aufführung fehlen dürfen, ausgerüstet. Das Weitere kennt man: Sieglinde macht schlapp und der Vierkampf Wotan/Hunding/Siegmund/Brünnhilde endet mit den bekannten zwei Toten. Am Walkürenfelsen nun die inzwischen vertraute Wand mit den Kartons, aus denen die Walküren nicht, wie befürchtet, Leichenteile entnehmen, sondern die oben erwähnten, eher unverfänglichen Gegenstände.

Heyme arbeitet auch gerne mit Vorhängen, die immer wieder auf und nieder schweben, sich manchmal auch in den Gegenständen auf der Bühne verhaken, so dass die Bühnentechniker mitunter schon während der Aufführung einiges zu tun kriegen. Allerdings bin ich mir bei „modernen“ Aufführungen nie so ganz sicher, ob das unabsichtliche Unfälle sind oder vielleicht doch geniale Regieeinfälle – und ich einfach zu dumm bin, das alles zu begreifen. Wotan eilt – endlich auch mit Koffer – herbei und vollstreckt die bekannte Strafe an Brünnhilde. Kein so dummer Regieeinfall, dass die Walküren nicht spornstreichs entflohen sind, sondern von Wänden und Regalen an den Seiten getarnt, letztendlich Zeugen von Wotans Rache werden.

Das Orchester unter Karl-Heinz Steffens war nicht ganz so gut aufgelegt wie beim „Rheingold“. Die Bläser wirkten wieder etwas menschlicher. Auch Lisa Livingston als Brünnhilde hatte nicht ihren allerbesten Tag. Nach furiosem Beginn ließ sie im 3.Aufzug dann doch ein wenig nach. Nein, nicht wirklich schlecht, aber man hätte sich ein wenig mehr gewünscht. Hervorragend ein einerseits kraftvoll, andererseits lyrisch aufsingender Thomas Mohr als Siegmund – eine durchaus heldische Stimme in heldischer Gestalt. Eine ganz zart und zerbrechlich wirkende Sieglinde, gleichwohl mit feiner und fester Stimme, war Carola Höhn. Christoph Stegemann ein düsterer, aber nicht donnernder Hunding. Sehr gut, besser noch als im Rheingold, Gérard Kim als Wotan – souverän in Spiel und Sang. Ganz großartig die mit wunderbarer Stimme gesegnete Julia Faylenbogen als Fricka – eine wahrhaft göttliche Erscheinung.

Die Walküren waren alle gut Ines Lex, Anke Berndt, Uta Christina Georg, Eva-Maria Wurlitzer, Susanne Gasch, Susanne Wild, Sandra Maxheimer und Melanie Hirsch.

Viel Applaus für alle, besonders für Thomas Mohr und Julia Faylenbogen, aber auch für Carola Höhn und Gerard Kim….vernehmliche Buhs für die Regie.

„SIEGFRIED“ – 5.3. –

Im Hintergrund die vertraute Wand/Matrix, vorne ein riesiger Amboss, viele Rohre und Gestänge. Große grüne Säulen, wohl der Wald; und ein erhöhter Kommandostand, auf dem Mime Pläne zeichnet, aber immer wieder verwirft. Vermutlich misslingt ihm hier schon die Planung von Nothung…Aber Siegfried schafft’s ja dann und haut den Amboss pflichtgemäß entzwei. Im Wald, vor Neidhöhle, schlanke, himmelhoch ragende, leichenblasse Bäume; die Goldbarren auf einem der von Heyme so geliebten Vorhänge sollen natürlich der neidliche Hort sein. Dann geht’s rund: Nach kurzer Begegnung mit dem „Mutterwesen“ (von Heyme, nicht von Wagner) fühlt sich Siegfried nun fit, auf den schrecklichen Wurm, der zunächst – auch auf einem Vorhang – ein von Hieronymus Bosch ersonnenes Monster ist, loszugehen. Plötzlich (auch auf einem Vorhang) sehen wir in ein Auge, die Pupille eine Fratze – dann dreht das Auge so, dass das Tränenpünktchen (wieder ein Vorhang) nach oben zu liegen kommt…und der phantasiebegabte Betrachter blickt in ein weibliches Geschlechtsteil, eine Vulva. Aus der „Scheidenöffnung“ platzt Siegfried heraus. Die Psychologen wissen, was das alles bedeutet: Der Kampf mit dem Drachen symbolisiert die Trennung von der Mutter – Siegfried ist endlich erwachsen…und was tut der junge Mann, auch wenn er von Wotan erfolglos noch als „Knabe“ bezeichnet wird? Er haut Opas Speer entzwei, und begibt sich flugs zu seiner Tante, Brünnhilde, die ihm allerdings erst mal einen tüchtigen Schrecken einjagt. Na ja, so ein Drache – ein Kinderspiel für Nothung, aber was fängt man als post-pubertierender junger Mann mit so einem Vollblutweib an? Und abermals hilft ihm das „Mutterwesen“ aus der Patsche, spricht oder besser: schweigt ihm mit bleichem Gesicht Mut zu, und schon klappt’s mit Brünnhilde, die über den starken Helden ihrerseits – nach anfänglichem, damenhaftem Zaudern – natürlich ganz entzückt ist.

Das Orchester unter Karl-Heinz Steffens ist wieder in der gewohnten Hochform; da kommt wieder so richtig Freude auf. Leider nicht bei Lisa Livingston als Brünnhilde, die (unangesagt, aber merklich) etwas indisponiert war. Schwamm drüber – übermorgen ist Götterdämmerung! Ja, und dann war da noch Andreas Schager als Siegfried. Er ist ja schon allüberall (auch im MERKER) über den grünen Klee gelobt worden, und man kann nur feststellen: vollkommen zu Recht! Was für eine Erscheinung! Was für eine Darstellung! Was für eine Bühnenpräsenz! Und natürlich: was für eine Stimme! Unerschöpflich, unermüdlich, Kraft und Stärke ohne Limits. Alles überstrahlend in der Dramatik, berührend in der Lyrik. Ich könnte noch zwei Absätze lang in Superlativen schwärmen. Einen Siegfried von solchem Format habe ich noch nicht gehört – und das überaus selten vergebene Urteil kann nur lauten: In jeder Hinsicht perfekt! Andreas Schager hat alle, alle um Lichtjahre überstrahlt, selbst einen ganz ausgezeichneten Ralph Ertel als Mime und einen großartigen (wie inzwischen gewohnt) Gérard Kim als Wanderer/Wotan. Gerd Vogel (auch wie gewohnt) als stimmstarker Alberich und Christoph Stegemann als ebensolcher Fafner. Deborah Humble erfüllte die Erwartungen in die Rolle der Erda, und Ines Lex zwitscherte lieblich als Waldvöglein.

Wiederum viel Applaus, der sich zum verdienten Orkan steigerte, als Andreas Schager strahlend vor den Vorhang trat.

GÖTTERDÄMMERUNG“ – 9.3.

Die Nornen spinnen Fäden, verheddern sich darin…bis der Faden reißt. Den Walkürenfelsen kennen wir schon. Die Gibichungenhalle hat rechter Hand ein kleines Auditorium, wo sich die vierfarbigen Soldaten aufbauen können, und links hängen überlebensgroße Bilder der Götter. Nach kurzem Geplänkel und einem Zaubertrank, der praktischerweise Siegfried seine erotischen Abenteuer – und nur diese – vergessen lässt, sind wir wieder beim Walkürenfelsen. Eine Gestalt, die wie Gunther aussieht und genauso singt wie Gunther, nähert sich der verdutzten Brünnhilde, um das Gemach mit ihr zu teilen, wogegen sie sich verzweifelt, aber vergeblich wehrt. Ich glaube, das gesamte Publikum war der festen Überzeugung, dass man wirklich Gunther auf die Bühne geschickt hat. Erst als der vermeintliche Gunther den Tarnhelm abnimmt, sieht man, dass es doch Siegfried ist…und wie Siegfried singt er weiter. Wäre Szenenapplaus bei Wagner erlaubt gewesen, sicher hätte man Andreas Schager eine Viertelstunde bejubelt. Eine, wenn nicht DIE stärkste Szene des insgesamt sehr respektablen RINGs Halle Ludwigshafen. Siegfried ist tot, er liegt leblos vor dem Vorhang. Ich freue mich schon, dass ich „Siegfrieds Tod und Trauermarsch“ in Ruhe genießen kann. (Vielleicht mal wieder so wie bei Wieland Wagner: Vorne liegt der tote Siegried und zu den allergreifendsten Klängen dieser einzigartigen Musik blickt man in die offene Bühne – ein schwarzes Loch, sonst nichts), aber – leider – daraus wird nichts. Wie schon zu den Vorspielen, die man eigentlich in Ruhe anhören möchte, wieder die zeitgemäße „Äktschn“. Es wird rumgetrappelt und rumgerannt, Siegfried rumgezerrt, kurzum, ich kann den Trauermarsch nicht in Ruhe genießen. Glauben denn unsere ach so modernen Regisseure, dass wir alle zu RTL-Fernseh-Deppen geworden sind, die ohne ständige Action nicht mehr sein können? Sind wir im Dschungelcamp oder bei Wagner? Der Schluss auch nicht gerade ein Geniestreich. Der kleine, aber stimmstarke Chor ist eigentlich nur „da“, von Chorregie ist nicht allzuviel zu merken. Hinten brennt dann das Feuer vor der wohlbekannten Matrix und die Götter fahren in Form eines Posters in den lodernden Abgrund.

Außer ein paar kleineren Patzern – mal wieder bei den Hörnern – war musikalisch nichts zu beanstanden. Karl-Heinz Steffens ist in den Olymp der Wagner-Dirigenten mit allen Ehren aufgenommen!

Völlig überzeugend an diesem Abend eine triumphal aufsingende Lisa Livingston als Brünnhilde. So haben wir das erwartet! Großartig! Und wiederum ein überwältigender Andreas Schager als Siegfried. Ich muss mein Lob wiederholen: In jeder Hinsicht perfekt! Was für ein Siegfried! (Und wie wir ja inzwischen wissen…nicht nur Siegfried). Restlos überzeugt hat auch Gerd Vogel als Gunther und Alberich zugleich. Gerd Vogel hat dieser Rolle bzw. diesen Rollen ein darstellerisches und sängerisches Profil gegeben, das schon einen Maßstab gesetzt hat. Christoph Stegemann war ein guter Hagen. Sehr gefallen hat auch ein bestens disponierte Anke Berndt als Gutrune. Ein Extra-Lob geht an Gundula Hintz als Waltraute – kurze Partie – Klasse gesungen! Ceri Williams als 1.Norn, Gundula Hintz als 2.Norn, Romelia Lichtenstein als 3.Norn sowie Ines Lex, Melanie Hirsch und Sandra Maxheimer als Floßhilde rundeten einen musikalisch und sängerisch herausragenden „Ring“ ab.

In Anbetracht der „modernen“ Zeiten kann man die Regie größtenteils akzeptieren –die richtige Begeisterung hat sich bei mir aber nicht eingestellt.

Wieder viel Applaus – mit zaghaften Regie-Buhs – für insbesondere Lisa Livingston und Gerd Vogel. Ja, und dann wieder der Beifallssturm für Andreas Schager.

Auch als Dirigent und Orchester samt Chor unter Jens Petereit die Bühne fast restlos ausfüllten, gab es langen und starken Applaus.

Rüdiger Ehlert

 

Diese Seite drucken