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HALL / Tirol/ Salzlager: OSTERFESTIVAL

20.04.2017 | Konzert/Liederabende

HALL I.T./ Salzlager : OSTERFESTIVAL um 13., 14. und 15.4. 2017

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Das Ensemble Windkraft spielt „in vain“. Copyright: Osterfestival/ Arturo Fuentes

Interessant und kühn wie immer gestaltete sich auch heuer das von der Galerie St. Barbara (künstlerische Leitung Hannah Crepaz) programmierte OSTERFESTIVAL in Hall in Tirol. Zwei Wochen lang waren unter dem gemeinsamen Motto auf:bruch die unterschiedlichsten Aufführungen aus den Bereichen Alter und Neuer Musik, Tanz, Film und Performance zu sehen: darunter Choreographien von Boris Charmatz, Mitkai Alzgair, Thierry de Mey, Kaori Ito, Merce Cunningham, Twyla Tharp und William Forsythe, Filme von Dziga Vertov, Ross Lipman, Samuel Beckett, Buster Keaton und Amal Ramsis, Kompositionen von Orlando di Lasso, Ludwig Senft, Heinrich Isaac, Morton Feldman und Salvatore Sciarrino u.v.a.m…

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Leonardo Garcia Alarcón und seine Cappella Mediterranea. Copyright: Osterfestival/ Arturo Fuentes

An dem von uns besuchten Osterwochenende konnten wir als erstes G.F.Haas‚ bereits zum „Klassiker des 21. Jahrhunderts“(Zitat: Sir Simon Rattle) avanciertes Orchesterstück „in vain“ in der eindrucksvollen Kulisse des ehemaligen Salzlagers(mit seinen pittoresk korrodierten Säulen) erleben. Unter der Leitung von Kasper de Roo exekutierte das Ensemble Windkraft gemeinsam mit dem Ensemble Konstellation dieses schwer zu definierende micro-tonale Meisterwerk, das ganz ohne Melodie und mit nur ganz wenig Rhythmus auskommt (und gelegentlich an eine Mischung von Philip Glass und György Ligeti denken lässt) perfekt. Da an diesem Abend im Salzlager ausnahmsweise auch die Forderungen des Komponisten nach teilweiser totaler Dunkeheit auch wirklich eingehalten wurde, wurde die hypnotische Wirkung der Musik dadurch noch zusätzlich verstärkt, bei manchen Zuschauern in gewissen Momenten sogar bis zu Panikattacken und Klaustrophobieanfällen.

Bei normaler Beleuchtung präsentierte Leonardo Garcia Alarcón, eine der derzeit besten Dirigenten für das Barock-Repertoire, mit seiner Cappella Meditteranea tags darauf eine seiner jüngsten musikologischen Entdeckungen: die Johannes-Passion des noch immer viel zuwenig aufgeführten Palermitaner Meisters Alesandro Scarlatti. Ein wenig fragwürdig seine Entscheidung, das kurze Werkchen mit Responsorien – wenngleich ebenfalls aus der Feder Scarlattis – ein wenig zu „strecken“, aber ansonsten war dieser Abend, vor allem auch  dank der überwältigenden Evangelistin von Giuseppina Bridelli, das reinste Hörvergnügen (man kann diese Johannes-Passion mittlerweile auch auf CD nachhören).

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Die Anhörung von Amir Reza Koohestanis. Copyright: Osterfestival/ Arturo Fuentes

Zum Abschluss sahen wir noch ein Gastspiel des Mehr Theaters Teheran mit Amir Reza Koohestanis Stück „Hearing (Anhörung)“. Anhand eines banalen Vorfalls – angeblich ist in einem weiblichen iranischen Studentenheim eine Männerstimme gehört worden – entwickelt der Autor und Regisseur eine zwar minimalistische, aber dennoch beklemmende Studie über Angst, Gerüchte, Rebellion, Neid und Schuld.

Man darf schon gespannt sein, welches eklektisches Programm Hannah Crepaz 2018 zum 30-Jahr – Jubiläum des Haller Osterfestivals zusammenstellen wird.

 Robert Quitta, Hall in Tirol

 

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