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GRAZ/Opernhaus Donizetti LA FAVORITE Premiere 26.April 2014

27.04.2014 | KRITIKEN, Oper

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Oper Graz 
Gaetano Donizetti 
“LA FAVORITE”
Premiere  26.4.2014

 

Er gewann 2011 den “Opera Award” und den “Europäischen Opern-Regie Preis”: Sam Brown. Und das gemeinsam mit seiner Ausstatterin Annemarie Woods. Keine Frage, dass man die beiden als “ungschauter” mit einer Inszenierung betraut hat, keine Frage aber, dass das Konzept in seiner Gesamtheit an den Schwächen des nicht beherrschten Urkonzeptes der meisten heutigen Opernregien scheiterte. Dieses Urkonzept ist ja schon vertraut: Stülpe dem Original eine “Deutung” über, verstelle die Sicht auf den Urtext und schraube, wenn das auch noch geht, die Sicherungen aus der Übersetzungsanlage. Da dies in Graz gestern Abend nicht gelang, wurde man doch einiger Zitate gewahr, die noch auf die Zeit der eigentlichen Handlung hinwiesen, nämlich das 14.Jahrhundert, während man auf der Bühne Aktionen der 60er-Jahre bewundern durfte. Natürlich wird kein vernünftiger Mensch mehr heute eine aus dem Textbuch buchstabierte Ausstattung sehen wollen, ein Bäumchen da, einen Schwan dort usw., aber der Bühne eine dem musikalischen Duktus des Werkes adäquate Ausstattung zu verleihen, ein entsprechend gewählter Zeitrahmen für die Handlung, dafür fehlt heutigen Regien, auch der an diesem Abend, ganz einfach die künstlerische und intellektuelle Phantasie.

Aber dafür kann man zur Musik des 19.Jahrhunderts sehen: Einen Linienbus voller Badeschönheiten, klerikale Fundamentalisten in New England (dem Tea Party Land) die mit ihren roten Bibeln in der Luft wie mit Mao-Bibeln wacheln, einen schicken Airport in welchem geheiratet und wieder geschieden wird und im letzten Akt mönchische Aspiranten als Sargtischler. Mittendrinn ein überforderter Bürgermeister,  und ein für Neu England eher etwas befremdlicher Vorgang: Die Vorlage einer päpstlichen Bannbulle. Ein zu einem Helden aufgestiegener Fernand in der Touristenklasse im Regenmantel und mit dem unvermeidlichen Ausstattungsobjekt: einem Koffer. Ja, es wimmelt nur so von unnötigen Einfällen die vor allem die große Arie Leonoras störten, Annemarie Woods stattete diese Einfälle mit der ganzen kitschigen Pracht der Sechziger aus.   

Das Ganze läuft dazu noch mit überzeichneter und teilweise hanebüchener Personenregie parallel zu einer der besten Musiken Donizettis, für die einst sogar Richard Wagner in Paris den Klavierauszug einrichtete; im Nebenerwerb sozusagen. Die Duette, Terzette oder die vom jungen Dirigenten Giacomo Sagripanti besonders sorgfältig herausgearbeiteten beiden Finali bilden zusammen mit dem von Bellini inspirierten musikalischen Stil der Solonummern einen hörenswerten Beitrag Donizettis zur Großen Oper.

Yijie Shi, Dshamilja Kaiser, Andrè Schuen

Yijie Shi, Dshamilja Kaiser, Andrè Schuen

Und die Intendantin Elisabeth Sobotka erntet jetzt wenigstens die Früchte ihrer Aufbauarbeit. Mit Ausnahme der Tenorpartie, konnte sie alle Rollen aus dem hauseigenen und jungen Ensemble besetzen. Léonor de Guzman war Dshamilja Kaiser mit dem dunkelgetönten Alt und dessen kräftigen Höhen und Andrè Schuen, der Südtiroler mit einem sonoren in allen Lagen gut klingenden Kavaliersbariton. Schuen hat ja erst unlängst seine höheren Weihen unter Harnoncourt im Theater an der Wien empfangen. Beide spielten sehr eindringlich, Kaiser vor allem in ihrer Todesszene, Schuen als moralisch Zerissener zwischen den Frauen. Margareta Klobucar war die verlässliche und schönstimmige Ines. Sie ist eine Sängerin, die ein Rollenfach von Sophie bis Lulu, Hanna Glawari bis Jephta oder Zerbinetta bis zu Das schlaue Füchslein auszufüllen in Stande ist. Und das mit gleichbleibend hoher Qualität.

Das Engagement des aus Shanghai stammenden Tenors Yijie Shi brachte wohl die sensationellste Leistung des Premierenabends. Sein in allen Lagen gleich gut ansprechender leichter Tenor verfügte über durchschlagskräftige Höhen und über eine ausgezeichnete italienische Schulung, die er ja zum größten Teil in Graz erhalten hatte. Beim Tagliavini-Gesangswettbewerb 2007 in Graz ging er ja auch als Sieger hervor.

Für der Kirche eherne Stimme des Balthazar fehlte es Wilfried Zelinka ein wenig an bedrohlicher Eindringlichkeit eines schwarzen Basses, Taylan Reinhard füllte seine Rolle als hinterfotziger Polizeichef gut aus.

Die Sargtischlerei der Mönche

Die Sargtischlerei der Mönche

Nicht zu vergessen, der wie immer so ausgezeichnete Chor der Grazer Oper unter Bernhard Schneider und die geduldige (die weiß, warum ich sie so bezeichne) Statisterie der Oper Graz.

Die Sänger wurden am Schluß mit kräftigem Applaus und Jubel geehrt, das Regieteam  erntete matten Applaus und erst im zweiten Durchgang zwei matte Buh-Rufe. Aber insgesamt nur sechs Minuten Schlussapplaus sind auch für Graz nur sehr wenig.

Fazit: Hören Sie sich das an !

 

Peter Skorepa
MERKEROnline
Alle Fotos:
Oper Graz/ Werner Kmetitsch

 

 

 

 

 

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