Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

GRAZ Musikverein : Verdi „GIOVANNA D´ARCO“ konzertant

23.09.2012 | KRITIKEN, Oper

 

GRAZ  Musikverein :         Verdi  “GIOVANNA D´ARCO” 

22.9.2012     Konzertante Aufführung

 AUS VERDIS FÜLLHORN

 Es war eine vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommene Uraufführung, mit der am 15.Februar 1845 die Mailänder Scala Verdis siebente Oper herausbrachte, mindestens so enthusiastisch wie es gestern Abend im Grazer Musikverein die Besucher taten, welche die Grazer Erstaufführung der “Giovanna d´Arco” in einer konzertanten Wiedergabe erlebten. Das angekündigte “Halbszenische” beschränkte sich auf eine, mit zeitgenössischen Bildern und mit Donner und Blitz und ziehenden Wolken umrahmte Inhaltserläuterung der Texte von Temistocle Solera, dessen Abweichung von der Schillerschen Vorlage und vom historischen Original nicht gering ist. Natürlich hatte sich Verdi auch nicht vom geschichtlichen Hintergrund angezogen gefühlt, sondern mehr von den menschlichen Konflikten in der Librettovorlage, von der unglücklichen und unerfüllten Liebe zwischen Frankreichs Karl VII. und Giovanna und wiederum von deren Konflikt mit ihrem Vater, der zwischen Heimatliebe, Verrat, religiösem Wahn und Tochterliebe schwankt.

Verdi kehrte nach seinem Erfolg beim Mailänder Publikum erst wieder 42 Jahre später mit seinem Otello an die Scala zurück, wahrscheinlich lag der Grund in der Animosität zwischen dem Komponisten und dem Intendanten Merelli, hatten doch beide mit Giuseppina Strepponi eine Beziehung, der eine früher, der andere aktuell, ein privater Opernstoff sozusagen.

Ein wahres Füllhorn Verdischer Einfälle erfüllte den Saal, vom Vorspiel weg begleiten große Arien, Duette und Terzette, Cabaletten, Märsche und Walzer den Schicksalsweg Giovannas bis hin zu ihrem blutigen Ende auf dem Schlachtfeld. Maria Agresta, aus Vallo della Lucania in Süditalien gebürtig, in den letzten Jahren eine richtige Senkrechtstarterin im italienischen Zwischenfach, begeisterte sowohl mit zarten Piani in ihren, mit großem Gefühl gebotenen Gebeten als auch mit den kräftigen Spitzentönen in den großen Szenen. Spätestens nächtstes Jahr ist sie auch bei uns im Theater an der Wien im Trovatore zu hören. Den weder als Krieger besonders glücklichen und als Verliebten erst recht unglücklich agierenden König gab Jean-Francois Borras mit schlankem, flexiblem und durchschlagskräftigem Tenor, Gabriele Viviani als Giovannas Vater mit seinem männlichen Bariton und den hell klingenden Höhen machte gute Figur als religiöser Eiferer. Von den Schillerschen Figuren blieben in den Nebenrollen nur Delil als Offizier des Königs und Talbot, der Oberbefehlshaber der Engländer übrig. Robert Bartneck und Josef Pepper waren in diesen Rollen zu hören.

Carlo Montanaro dirigierte das ORF Radiosymphonieorchester und den, für seine schwierige Aufgabe von Bernhard Schneider bestens einstudierte Chor und Extrachor der Grazer Oper. Montanaro war vor allem in seiner agogischen Art einfühlsamer Sängerbegleitung und schnellem Umschalten auf drängende Rhythmik, wie sie die Musik des jungen Verdi so auszeichnet, zu bewundern.

Das Publikum war, so schien es, entzückt über die musikalischen Überraschungen, die diese “Neuentdeckung” einer, über eineinhalb Jahrhunderte alten Verdi-Rarität bot. Im fast ausverkauften Saal gab es viel Zwischenapplaus und auch viel Jubel am Ende. (Wiederholung am 24.9.2012  19:45)

Peter SKOREPA

 

 

Diese Seite drucken