Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

GRAUPA/ Richard Wagner-Stätten/Schloss: ARD-PREISTRÄGERKONZERT MIT FLORIAN MITREA

06.04.2015 | Konzert/Liederabende

Graupa/Richard-Wagner-Stätten, Schloss: ARD-PREISTRÄGERKONZERT MIT FLORIAN MITREA – 5.4.2015

 

Nach dem Konzert des 2. Preisträgers des 63. Internationalen Wettbewerbes der ARD 2014, Chi Ho Han, am 15.2.2015 (vgl. „Merker“-Kritik) war nun auch der 3. Preisträger, der in Bukarest geborene Florian Mitrea, zu Gast in Graupa. Er ist außerdem jeweils 1. Preisträger des Internationalen Klavierwettbewerbes in Lagny-sur-Marne (2014), des Sheepdrove-Piano-Wettbewerb in Newbury (2011), bei dem er auch den Publikumspreis gewann, des Internationalen Wiener Pianisten-Wettbewerbes von Panmusica Austria und des Senior-intercollegiate-Wettbewerbes der Beethoven Piano Society of Europe.

 Seine „Stärke“ sind Technik und Virtuosität. Mit sehr kraftvollem Anschlag, der für die Carnegie-Hall ausreichen würde, in dem wesentlich kleineren Saal der Wagner-Gedenkstätten im ehemaligen Jagschloss Graupa aber fast den Rahmen sprengte, stellte er sein pianistisches Können mit Werken von Claude Debussy –Feux d’artifice“ (aus Préludes II) und „La soirée dans Grenade (aus „Estampes“), J. S. Bach – „Päludium und Fuge g-Moll (BWV 885), Franz Liszt – „Paganini-Etüde Nr. 2 Es‑Dur“ und vor allem mit der „Sonate c‑Moll“ (op. 111) von L. v. Beethoven und der „Sonate Nr. 6 A‑Dur“ (op. 82) von Sergej Prokofjew vor.

 Im jugendlichen Überschwang entfaltete er wahre „Hexenkünste“ an Tempo, Lautstärke und Virtuosität, alles aus dem Gedächtnis und mit exakter Klarheit, extremer Treffsicherheit, perlenden Läufen und Staunen erregenden diatonischen Glissandi. Liszt konnte seinerzeit nicht virtuoser sein, nur feinsinniger. Bei Liszt war Mitreas ausgesprochene Virtuositätsorientierung dann auch angebracht. Er spielte auch hier sehr kraftvoll, mit perlenden Läufen, kristallklar und – „kalt“ und auch ein wenig übertrieben, aber der Jugend sei es gestattet.

 Mit „perlendem“ Spiel der linken Hand begann er verheißungsvoll Debussys „Feux d’artifice“ und setzte mit hellem, klarem Ton fort, auch manches um eine Idee zu herb, wobei man die feineren Nuancen von Debussys schwärmerischem Natur- und Kunstverständnis vermisste. Bei „La soirée“ kam er dann Debussys sehr persönlichem Kompositionsstil schon näher.

 Nach dem übermäßig virtuos gespielten „Präludium“ von Bach gelang Mitrea mit der „Fuge“ eine erstaunlich gute Deutung. Hier arbeitete er plastisch und klangvoll die „Dreidimensionalität“ heraus und brachte gekonnt neue, durchaus sinnfällige und beeindruckende Aspekte zum Ausdruck, wenn auch in einem ganz anderen Stil als gewohnt, aber warum nicht? Bachs Musik verträgt sehr viele Sichtweisen.

 Bei den beiden Kernstücken des Klavier-Nachmittages, den beiden Sonaten von Beethoven und Prokofjew, orientierte Mitrea ebenfalls sehr stark auf Virtuosität und spektakuläres Spiel und bevorzugte starke Kontraste zwischen laut und leise. Bei seinem außergewöhnlich kraftvollen Anschlag, der zuweilen das gewohnte Maß an Musikalität und Musizierfreude überstieg, konnte der Bösendorfer-Flügel nur selten wirklich „klingen“. Die leiseren Töne wurden, weil sie besonders feinsinnig gelingen sollten, manchmal fast „verschluckt“, aber bei den leiseren, feineren Passagen im 2. Satz der Beethoven-Sonate, im gut gestalteten 3. Satz und im sehr „flüssig“ gespielten 4. Satz fand Mitrea dann doch zu einem gut klingenden Anschlag.

 Bei Prokofjews Sonate orientierte er dann wieder mit überschäumendem Temperament auf Lautstärke und hohe Virtuosität mit ungeheuer schnellen und dennoch transparenten Läufen, aber auch sich fast überstürzenden musikalischen Linien – eine tolle pianistische Leistung, aber leider auch unpersönlich und etwas manieriert.

 Vielleicht ist diese „Art, das Klavier zu spielen“ der Zugang der jüngeren Generation zur Musik und der Trend der Zukunft, wer weiß? In Amerika dürfte er damit begeistert aufgenommen werden.

 Von einem so jungen „Tastenlöwen“ kann man die geistige Verarbeitung der sehr anspruchsvollen Werke, die er für sein Programm ausgewählt hat, noch nicht unbedingt erwarten. Gute Ansätze ließen sich immerhin schon erkennen. Mitrea ist noch jung und wird sich weiterentwickeln.

 Als Dank für den begeisterten Applaus spielte er noch ein „Prelude“ von Debussy.

 Ingrid Gerk

 

 

 

Diese Seite drucken