Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

FREIBURG: ORPHEUS UND EURYDIKE von Christoph Willibald Gluck. Premiere

01.06.2015 | Oper
Katerina Hebelková als Orpheus  Foto: Rainer Muranyi

Katerina Hebelková als Orpheus Foto: Rainer Muranyi

Freiburg: Christoph Willibald Gluck: „Orpheus und Eurydike“, Pr. 30.5.2015

 

 Gluck befreite mit dieser Oper das Genre aus seinem starren Korsett und wählte dafür nicht von ungefähr den Orpheus-Mythos. Die in Freiburg zu sehende Version ist allerdings weder das italiensche Original für Wien von 1762 noch die französische Version von 1774, sondern die Überarbeitung von Hector Berlioz von 1859. Leider fällt damit auch der furiose Furientanz weg, glücklicherweise aber auch die eher langatmige Ballettmusik, sodass die Oper in kurzen 1.5 Stunden ohne Pause abgearbeitet werden kann.

 Schon das Tempo der Ouvertüre lässt die jugendliche Frische des Dirigenten erahnen und tatsächlich: Der australische Dirigent Daniel Carter, der bei Simone Young in die Lehre ging und ab der nächsten Spielzeit Freiburgs neuer Erster Kapellmeister sein wird, ist erst 25 Jahre alt. Und das tut dem alten Gluck ausgesprochen gut.

Katerina Hebelková als händewaschender Orpheus.  Foto: Rainer Muranyi

Katerina Hebelková als händewaschender Orpheus. Foto: Rainer Muranyi

Sensationell ist Katerina Hebelková als Orpheus, und das nicht nur, weil sie praktisch den ganzen Abend durchsingen muss. Nach ihren ultraweiblichen Auftritten als Carmen und Königin von Saba erkennt man sie beinahe nicht in ihrem burschikosen Outfit (unspektakuläre Kostüme von Justina Klimczyk). Die Barockmusik zwingt sie auch stimmlich zur Zurücknahme, doch füllt sie sogar die Koloratur-Partien mit hörbarem Schmerz.

 Kim-Lillian Strebel ist da als Eurydike zwar nicht so gefordert, singt aber ihre Partie genau so makellos schön wie damals die Michaela. Auch die junge Carina Schmieger als Amor macht ihre Sache gut. Der Opernchor des Theater Freiburg (Einstudierung: Bernhard Moncado) ist ebenfalls wieder in Höchstform, vielleicht war das sogar die beste Performance der Saison.

 Gewöhnungsbedürftig hingegen ist die Inszenierung von Markus Bothe: Dass Orpheus sein Leid beim Rasieren in einem türkisblau gekachelten Bad aus den 50ern (Bühne: Robert Schweer) klagt, ist noch zu verkraften. Spätestens beim Abstieg in die Unterwelt ist der Zuschauer aber verloren. Lose Szenen wie eine von ihrem Gatten verprügelte Frau, ein Voyeur oder verstummte Musiker sollen wohl Assoziationen zu Dantes Kreisen der Hölle wecken. Nicht nur sind die Szenen aber langweilig gestaltet, man braucht zu deren Deutung auch zu viel Phantasie. Da sind die hängenden Stühle im Elysium geradezu ein Highlight.

 Mein persönliches Highlight sass neben mir: Simone Young beobachtete ihren Schützling nämlich beim ersten Nestsprung. Wenn er nur ein bisschen was aufgeschnappt hat in Hamburg, darf sich Freiburg freuen.

 Alice Matheson

 

 

Diese Seite drucken