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FREIBURG/ Breisgau: TANNHÄUSER – Einzug der Gäste

06.03.2014 | KRITIKEN, Oper

Freiburg im Breisgau: „Tannhäuser“ – Einzug der Gäste – Besuchte Aufführung: 06.03.2014

 Wie an anderen Häusern auch kommt auch das Theater Freiburg nicht um Erkrankungen oder sonstigen Absagen im Ensemble herum. Auch der neueste Freiburger Wagner-Streich, Tannhäuser, in der für mich sehr schwermütig, aber dennoch sehr interessant geratenen Inszenierung von Eva-Maria Höckmayr, bleibt davon nicht verschont. Für den erkrankten, hauseigenen Titelhelden Christian Voigt springt Scott MacAllister ein. Leider haben die verantwortlichen für Kostüme (Julia Rösler) und Maske (Leitung: Michael Shaw) bei der Wahl von Herrn MacAllisters Outfit ein unglückliches Händchen gehabt und sich zu wenig auf den Sänger eingestellt. Was Christian Voigt steht, muss noch lange nicht zu Scott MacAllister passen. Rein optisch ist daher kaum zu verstehen, was Elisabeth und Venus an diesem Tannhäuser gefunden haben. Vielleicht haben sich die Damen mit dem Sängerischen – den berühmten „inneren Werten“ also – begnügt. Und dies ist dann auch absolut nachvollziehbar!

Im ersten Akt lässt Scott MacAllister seine wunderbare, klare Tenorstimme über alles strahlen – kein Wunder lässt ihn Venus, gewohnt an so viel musikalischen Genuss, nur äusserst ungern ziehen! Im mörderischen zweiten Akt zeigt der Sänger etwas Schwäche, fängt sich aber im dritten Akt wieder und knüpft mit einer in jeder Beziehung ergreifenden Romerzählung an seine Hochform im ersten Akt an. Astrid Weber gibt Elisabeth. Ich werde jedoch das Gefühl nicht los, als ob sie an diesem Abend der Wotanstochter Brünnhilde der Landgräflichen Tochter den Vorzug gegeben hätte. Unkontrolliert kräftig und laut, mit starkem Vibrato, schmettert Frau Weber die Hallenarie ins Auditorium. Am Schluss des zweiten Akt kämpft sie mehr kriegerisch als verzweifelt um ihren Geliebten. Das sind so Eigenschaften, welche ich auch bei einer Brünnhilde nicht sonderlich schätze … Im dritten Akt nimmt die Sängerin die grosse Wut zurück, dadurch gerät das Gebet sehr elisabeth-like – warum denn nicht gleich?

Jin Seok Lee begeistert mit herrlichem Bass als Hermann, Alejandro Làrraga Schleske (Wolfram) hat mit seinen Lied an den Abendstern im dritten Akt eine göttliche Sternstunde. Göttlich war auch sie in jeder Beziehung: Viktoria Mester als Venus. Sie zieht sämtliche Register gesanglicher und erotisch-darstellerischer Kunst. Kein Wunder, erliegt vor ihr die gesamte ach so moralisch beflissene Männerwelt. Nur, dass es im Fall von Tannhäuser eben rauskommt … Im Sängerensemble übernimmt der wunderbare Tenor Roberto Gionfriddo, welchen wir aus dem Freiburger „Ring“ als Siegmund und Mime her kennen und mehr als nur schätzen, als Walter von der Vogelweide den Lead über seine sangesfreudigen Mitstreiter Ks. Neal Schwantes (Biterolf), Shinsuke Nishioka (Heinrich, der Schreiber), Andrei Yvan (Reinmar von Zweter) und Alejandro Làrraga Schleske (Wolfram). Einmal mehr stellt Herr Gionfriddo überzeugend unter Beweis, dass er das Zeug zum grossen Wagnersänger hat! Mit grossem Applaus und vielen Bravo-Rufen wird der junge David Rother (Aurelius Sängerknaben Cawl, Einstudierung: Alexandra Kirschner) bedacht. Und dies vollkommen zu recht! David singt diesen kurzen, aber sehr anspruchsvollen Part mit grossartiger Souveränität ohne jeden Wackler und lässt dabei seine wunderschöne Stimme sich voll entfalten. Ruft man Tannhäuser „Nach Rom!“ zu, dann gibt es für diesen „jungen Hirten“ nur eine Destination: „Nach Bayreuth!“. Das sieht auch der Kritiker der „Badischen Zeitung“ so! Auf Bayreuther Niveau musizieren auch der Opern- und Extrachor des Theater Freiburg, die Studierenden der Hochschule für Musik Freiburg (Leitung: Bernhard Moncado) und der erfrischende Kinder- und Jugendchor des Theater Freiburg (Leitung: Thomas Schmieger). Das Philharmonische Orchester Freiburg unter der bewährten Leitung von Fabrice Bollon beweist auch hier erneut, dass es ihn drauf hat, den Wagner. – „Nach Freiburg?“ Tutti: „Nach Freiburg!!“

Michael Hug

 

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