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FRANKFURT: TOSCA – niente stelle!

28.09.2018 | Oper

Bildergebnis für oper frankfurt tosca
Copyright: Oper Frankfurt/ Barbara Aumüller

OPER FRANKFURT: TOSCAniente stelle!

Oper Frankfurt, besuchte Vorstellung am 27. September 2018

In der aktuellen Wiederaufnahme der Tosca Inszenierung von Andreas Kriegenburg gab es Gelegenheit, ein neues Hauptrollen-Trio zu erleben. Dazu gesellte sich am Pult der aufstrebende Dirigent Lorenzo Viotti.

Kriegenburgs Inszenierung erzählt das Drama ohne Regietheater-Mätzchen und liefert somit die Grundlage, dass neue Sänger sich leicht einfinden können und somit Raum für deren eigene Ideen bleibt.

Nach ihren großen Erfolgen als Salome in London und Amsterdam als Salome, war es interessant Malin Byström als Floria Tosca zu erleben. Eine schöne Stimme von besonderer Qualität. Mit einem ungewöhnlich dunklen Timbre versehen, war Byström meistens in der Lage, ihre Partie mit geradezu leuchtenden Höhen zu krönen. Allerdings kam sie hie und da auch an sängerische Grenzen, wie etwa im Höhepunkt des Gebets. Hier verlor ihre Stimme den Fokus und der gewollte Pianoton blühte nicht auf, rutschte kehlig weg. Ihre Textbehandlung geriet noch allzu korrekt und wirkte nicht wirklich empfunden, durchdrungen. Dazu wirkte sie als Darstellerin am ehesten glaubwürdig, wenn es galt, die liebende Frau zu verkörpern. Die Diva, die große Künstlerin Tosca, gab es bei ihr als Rollencharakter zu keinem Zeitpunkt. Viel mehr wirkte sie wie eine junge, gewöhnliche Frau, die singt und sich in einen Maler verliebt hat.

An ihrer Seite gab Stefano La Colla einen beherzt schmetternden Mario Cavaradossi in der Tradition eindimensional auf Lautstärke abziehlenden Tenorgesanges. Als Darsteller wirkte er reichlich privat, wie der sangesfreudige Italiener von nebenan, der heute Abend einmal Oper singt. Vordergründig ist es eindrucksvoll, wenn alle hohen Töne derart impulsiv und sicher gesungen werden. Aber auf der Strecke blieben bei ihm die Zwischentöne, die vielen Möglichkeiten, mit der Stimme Mezza Voce Färbungen zu realisieren und vor allem auch den Bereich der leisen Töne einzusetzen. Auch die Artikulation des Textes geriet immer wieder beiläufig, verwaschen und das Legato wirkte zu häufig unstet. Seine vergleichsweise zurückhaltende Interpretation von „E lucevan le stelle“ zeigte, dass La Colla auch leiser singen kann, wobei dann aber die Intonation gefährdet war. Im Ausdruck blieb leider auch dieser Evergreen, wie seine gesamte Interpretation reichlich einfallslos. Niente stelle…..

Auch in dieser Wiederaufnahme war der Sänger des Scarpia erneut fehlbesetzt. Die großen Scarpia-Abende an diesem Haus liegen mittlerweile Jahrzehnte zurück! Erstmals als Scarpia war in Frankfurt Dario Solari zu hören. Ein Sänger, der rein sängerisch seine Partie brav erfüllte. Hingegen war er mit den großen Ausbrüchen, z.B. am Ende des 1. Aktes, heillos überfordert. Seine Baritonstimme passt wesentlich besser zu Donizetti, Bellini oder auch dem frühen Verdi. Für den Scarpia ist seine Stimme noch nicht ausgereift. Hinzu kam fehlende darstellerische Präsenz, keinerlei Charisma. Von der Aura eines Barons, eines Machtmenschen war nichts zu spüren. Hier war ein Justizsachberabeiter zuweilen zu selbstgefällig am Werk, der gestalterisch erschreckend blass und somit harmlos, langweilig wirkte. Die Vielschichtigkeit dieses faszinierenden Charakters konnte er zu keinem Zeitpunkt aufzeigen. Es war schon seltsam, dass Solari als Muttersprachler, so gar nichts an Textgestaltung in seine Interpretation investierte. Jeder Akzent, jede Pointe blieb ungenutzt. Keine Ideen für gestalterisches Timing, kein von Puccini explizit geforderter, spontaner Wutausbruch „Ma fatelo tacere“. Ahimè!

Verlässlich die übrigen Sänger, wie der recht gesund tönende Angelotti von Brandon Cedel, zeitlos gut und immer noch eine Klasse für sich Franz Mayer als Mesner undder klug gestaltendeMichael McCown demonstrierte als Spoletta mit wenigen kleinen Akzenten, wie ein Rollencharakter überzeugend entsteht.

Der Chor der Oper Frankfurt (Einstudierung: Markus Ehmann) hatte und nutzte effektvoll seinen großen Momente im Te-Deum.

Nach seinem spektakulären Dirigat von Massenets Werther stellte sich Dirigent Lorenzo Viotti erstmals mit Puccini am Pult des Frankfurter Museumsorchesters vor. Hier fand das entbehrte Bühnendrama statt. Sehr forsch und knackig in den Klangballungen schuf Viotti faszinierende Klangwirkungen, die etwa im Liebesduett des ersten Aktes zuweilen impressionistisch anmuteten. Es war beglückend zu erleben, wie sehr Viotti die Sänger begleitete und immer wieder motivierte. Aber damit war er leider zu oft auf verlorenem Posten.

Das Frankfurter Orchester zeigte sich an diesem Abend hörbar in Geberlaune und agierte mit klangreicher Spielfreude. Alle Instrumentengruppen interagierten ausgewogen. Vor allem die Holzbläser, hier die Klarinette im dritten Akt oder die sehr klar intonierenden Streicher zeigten hohes Niveau. Sehr homogen, farbig auch die Blechbläsergruppen, fabelhaft der leuchtend intensiv intonierte Hornchoral am Beginn des 3. Aktes und das vielfach, sehr differenziert genutzte Schlagzeug.

Freude, jedoch kein Enthusiasmus und rasch endender Beifall im mäßig besuchten Haus!

Dirk Schauß

 

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