Oper Frankfurt „Martha“ Premiere vom 16.09.2016
Erfolgreiche Wiedergeburt mit viel Witz und Humor
Copyright: Barbara Aumüller
Die bekannte Textzeile aus der Arie des Lyonel “Martha, Martha, Du entschwandest“ haben die Verantwortlichen der Oper Frankfurt mit einer Aufführung dieser Oper wieder rückgängig gemacht und gleichzeitig ist für den GMD, Herrn Weigle, ein Wunsch nach einer Leitung für dieses Werk, in Erfüllung gegangen.
Das Team für die szenische Ausarbeitung ( Regie Katharina Thoma , Bühne Etienne Pluss, Kostüme Irina Bartels, Licht Olaf Winter Choreografie Michael Schmieder, Dramaturgie Konrad Kuhn) hat dieses Werk mit vielen Einfällen bereichert, so dass dies mehrmals spontan mit szenischen Applaus gewürdigt wurde. Beispielsweise wurde in der Szene mit dem Spinnrad, dieses durch einen Ergometer ersetzt, auf dem dann ausgiebig gestrampelt wurde.
Das Einheitsbild besteht aus einem Viereck, das durch Requisiten mittels Drehbühne bereichert wird. Dadurch entsteht eine große Spielfläche für die Personenführung, die ausgiebig und ideenreich genutzt wird. So kommt im ersten Akt von oben ein offener Kasten, der einen möblierten Raum andeutet und oberhalb der Bühnenfläche hängen bleibt und nur mittels einer fahrbaren Treppe zu betreten ist, was darauf hindeuten könnte, dass die Lady in einem goldenen Käfig lebt und eine Kluft zum gemeinen Volk besteht. Das Bühnengeschehen in den einzelnen Akten wird nur angedeutet. So symbolisiert eine herein geschobene Biertheke ein fröhliches Volksfest.
Die Handlung, die in die Gegenwart verlegt wurde, konzentriert sich hauptsächlich auf die beiden von unterschiedlicher Herkunft stammenden Frauen, der adeligen Lady Harriet und ihrer Vertrauten Nancy, die sich beim Markt zu Richmond als Mägde unter den Namen “Martha“ bzw “Julia“ anbieten. Vordergründig ist erstmals ausschlaggebend für ihr Ansinnen die Langeweile in ihrem Leben, aber hauptsächlich spielt der Gedanke ein Rolle, die Veranstaltung als Heiratsbörse zu benutzen, was bis heute in abgeänderter Form noch üblich ist. Dass die beiden Frauen am Ende nach etlichen Schwierigkeiten Ihr Ziel erreichen, ist bei einer heiteren komischen Oper selbstverständlich.
Vom Orchester ist nur positives zu berichten. Die Einsätze sind präzise und es wartet an den exponierten Stellen mit einem satten Klang auf, was auch von einem Strauss- und Wagnerdirigenten zu erwarten ist. Beeindruckend die Abendszene gegen Ende des zweiten Aktes, wenn die beiden Paare den Tag ausklingen lassen und das Orchester diese Stimmung mit sentimentalen Klängen begleitet.
Die Riege der Gesangssolisten wurde fast ausnahmslos mit dem hauseigenen Ensemble besetzt und erfüllte die ihnen zugedachten Partien mit Bravour.
Der junge amerikanische lyrische Tenor AJ Glueckert mit makelloser Stimmführung, sowie Björn Bürger Bariton, der die eigentliche Bassstimme gut ausfüllte, waren die Pendants zu Lady Harriet alias Martha “Maria Bengtsson“ und zu Nancy alias Julia “Katharina Magiera“. In weiteren Rollen: Barnaby Rea als Lord Tristan und Franz Mayer als Richter von Richmond
Allen voran ist “Martha“ die handlungsrelevante Person in diesem Stück. Sie wird von der international bekannten schwedischen Sopranistin Maria Bengtsson besetzt und ist in der Oper Frankfurt bestens bekannt. So wurde sie unter anderem in Daphne, Arabella und Rosenkavalier, mit deren Titelrollen gefeiert. Mit ihrem jugendlich dramatischen ausdruckstarken Sopran, einer exakt geführten Stimme, ohne schrille Koloraturen und mit höhensicheren Tönen, ist sie die Ausnahmekünstlerin an diesem Abend, ohne die anderen Gesangssolisten schmälern zu wollen.
Friedrich von Flotow war bekanntlich ein Zeitgenosse von Richard Wagner, der sich übrigens lobend für dessen Werk äußerte. Zur Zeit gibt es neben Martha eine Wiederaufnahme von Lohengrin mit der Regie von Jens Daniel Herzog. Dadurch ergeben sich interessante Vergleichsmöglichkeiten. Ob das reiner Zufall ist, oder geplant war, ist unbekannt.
Wer eine musikalisch anspruchsvolle, mit szenisch amüsanten Einfällen angereicherte Vorstellung erleben will, ohne mit sozialkritischen Zusätzen konfrontiert zu werden, sollte sich bei einem Besuch der Oper Frankfurt selbst davon überzeugen.
Franz Roos