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FRANKFURT: LES TROYENS. Premiere

20.02.2017 | Oper

Frankfurt: Les Troyens/Berlioz   19.2.2017 Premiere


Martin Dvorak (Tänzer), Claudia Mahnke und Julia Nagyova. Copyright: Barbara Aumüller

Als vollständige 5-aktige Grand opera werden Die Trojaner von H.Berlioz selten gespielt, 1969 war erst die Uraufführung in Glasgow, während ‚Les Troyens a Carthage‘, also Akt 3-5, 1863 ìm Theatre-Lyrique, Paris, uraufgeführt wurde.

Den Eindruck einer monumentalen Oper, die auch mit dem Ring des Nibelungen verglichen wurde, da die ersten  und die letzten 3 Teile in komplett anderen Räumen und in anderer Zeit spielen, wird besonders durch das Bühnenbild von Jens Kilian befördert, einer monumentalen Drehbühne mit einem Innen- und Außenraum, der mit seinen Säulen an den kleinasiatischen Ursprung dieser Heldensage erinnert. Die Räume halten allerdings ‚einheitlich‘ und identisch für Troja-Untergang und die Karthago-Szenerie her, was zur Verklammerung zwar dienlich scheint, aber dennoch die völlig unterschiedlichen Handlungsräume über einen Leisten schert. Es ist ein  warmes braunes, trichterförmig nach hinten zum Eingangsportal verlaufendes Gemach, Heimstatt der Königsfamilie des Priamus, mit zwei Polstergarituren bestückt, auf denen die Großfamilie Platz hat. In dem sich anschließenden Außenraum, durch Säulen zum Meer hin abgeteilt, flutet das Volk um das gigantische Holzpferd der Griechen. Der erst wie ein Bote wirkende Aeneas überbringt die Schreckensnachrichen, der in der Inszenierung Eva-Maria Höckmayrs  wie auch Cassandra vorne an der Rampe agiert, während Priamus mit Hecuba, der phrygische Seemann Hylos, Aeneas‘ Sohn Ascanius mit den Kindern in den Sitzgruppen verbleiben. Die Männer und Knaben treten hier in heutiger Straßenkleidung auf, aber mit kurzen bzw. Kniehosen, die Frauen in Tunika-artigen Gewändern, Hecuba ocker, Cassandra in violettem Gewand mit einer Art Brustlatz, rückenfrei (Kostüm: Saskia Rettig).

Die ebenso monumental wirkende Musik hat einen stark oratorialen Charakter, eben Helden-Trauermusik. Das Orchester spielt sie gemessen, elegisch ausbalanciert unter der Leitung des Berlioz-Spezialisten John Nelson. Dramatischen Impuls erhält sie, als  die schwarzgewandeten Griechen in den Palast eindringen und die Frauen, die sich für ein Weiterleben entscheiden, wegschleppen, während einer große Gruppe weißgekleideter Ephebinnen, darunter auch Chorebe, der Verlobte Cassandras, sich für den Untergang mit Cassandra entschieden haben.

Bei Dido in Karthago sehen wir  dasselbe Gemach der untergegangenen  Trojaburg wieder, jetzt mit Rundtischen und Gedecken ausgestattet. Dido feiert mit dem Volk den Aufstieg Karthagos. Als Witwe läßt sie sich vom Trojanerhelden becircen, und eine große Liebe entsteht. die auch von ihrer Schwester, dem Heerführer und Priester gutgheißen wird. Besonderes szenisches Element stellt dann das Liebesgespräch außen mit dem leuchtend an die Wände projizierten Meereswogen (Video: Bert Zander) dar. und dessen Interruption durch den Geist des toten Hectors in Waffen, der die Weiterfahrt der Trojaner nach Italien anmahnt. Dieselben goldmaskierten Tänzer  wie in Troja drängeln sich wieder um die Akteure, und dann führt Aeneas seinen abrupten Abgang durch, da er sich nicht durch den erwachsen gewordenen Sohn in Italien vertreten lassen will/darf. Dido bleibt verzweifelt zurück und ersticht sich mit Aeneas‘ Schwert, beklemmend inszeniert von Höckmayr. Mit der elegisch eleganten Bravourarie des Dichters Iopas gestaltet sich die Musik hier flexibler und steigert sich zu den monumentalen Chören beim Trojanerabzug und den dramatisch zugespitzten Gesängen der Dido. Auch hier sind Orchester und Dirigent auf bester Berlioz-Spur, und die Chöre werden in der Einstudierung Tilmann Michaels trefflich und klangstark wiedergegeben.

Den Aenas singt Bryan Register mit frischem gut timbriertem Tenor. Den Chorebe mit asiatischer Haartracht kann Gordon Bintner mit knackigem Baßbariton gestalten. Trojanerpriester Pantheus singt Daniel Miroslaw mit kantigem dunklen Baß. Der Narbal, Minister Didos ist das Baßpendant in Carthago mit wachsamem Auge auf die Königin. Deren Iopas gestaltet Martin Mitterrutzner mit feinem biegsamen Tenor in einer Arie, aber sie hat nur noch Augen für Aeneas. Den Ascanius übernimmt Elizabeth Reiter mit tiefschürfend elastischem Sopran. Tanja Ariane Baumgartner mit ihrem am Anfang auf den Bühnenvorhang projziertem Gesicht im Großformat singt die Cassandra mit durchdringenden aber geschmeidigen Warngesängen, die bekanntlich ungehört verbleiben.  Einen gut timbrierten Mezzosopran bringt sie dabei ein.

Die Didon der Claudia Mahnke, in der Stimmgestaltung später etwas dramatischer, singt sonst einen  leichtgeführten Mezzo, der der erliebten emphatischen Frau gut ansteht, wobei er auch eine gewisse Glätte wieder vergessen macht. Die finale Verfluchung des Aenea und der Trojaner und die Weissagungr späteren Rache durch Hannibal erscheint aber deshalb nicht derartig zwingend. Die Anna singt Judita Nagyova als dunkler Mezzo mit „slowakischem“ Flair. In den Kleinrollen Hylos/Hellenus tritt Michael Porter auf, als Priamus Bariton Dietrich Volle, als Schatten Hectors und Merkur der Baß Thomas Faulkner. In weiteren Nebenrollen singen Brandon Cedel und Thesele Kemane, die Polyxene der Sopran Alison King (Opernstudio), und Hecuba mit drei langgezogenen Klagetönen Britta Stallmeister. Die TänzerInnen sind Martin Dvorak (auch Choreographie), Irene Bauer und Gal Feffermann.                                 

  Friedeon Rosén

 

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