Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

FRANKFURT: DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZERN von Helmut Lachenmann. Premiere

19.09.2015 | Allgemein, Oper

Frankfurt: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern Premiere  18.9.2013


Christine Graham. Foto: Monika Rittershaus

Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Helmut Lachennmann scheint sich zu einer großen Opern des Noch-20.Jahrhunderts zu mausern. Sie wurde jetzt nach Hamburg , Stuttgart, Berlin auch in Frankfurt aufgeführt. Lachenmann schreibt ganz in der Nachfolge seines Lehrers Luigi Nonos, und zwar oft angstbesetzte bis auch brachiale Klänge für großes Orchester mit auch starken Pauken- und Schlagwwerk-Anteilen, die er aber auch sehr sensibel einzusetzen vermag. Seine wirklich avantgardistischen Momente erstrecken sich aber auf die Geräuschbehandlung der Instrumente und besonders der Streicher, mit denen er auch die kratzendsten Kreischgeräusche hervorzubringen vermag. Weiters spielt das Atmen, Sausen und Pusten eine große Rolle, auf nachhaltigste Weise eingesetzt besonders am Ende des Werkes, wo es sich nach einer Viertelstunde sozusagen aushaucht. Zuvor war auch noch ein japanisches Instrument Sho im Einsatz, das geblasen wird, aber eher entfernt an eine Zieharmonika erinnert und von Mayumi Miyata virtuos eingesetzt wird. Die Stimmen, die auf den beiden Seitenemporen postiert waren, kamen vom ChorWerk Ruhr (Einstud.: Michael Alber). Das Orchester spielte unter der Gesamtleitung von Erik Nielsen.

Für die Regie hat sich Benedikt von Peter ein ‚Außen‘ und ‚Innen‘ ausgedacht. Bereits vor dem Opernhaus lag eine Riesenpuppe des Mädchens aus dem Andersen-Märchen, die aber einen eher properen Eindruck machte. Im Foyer waren „Einbläser“ postiert, die in den Zuschauerraum geleiteten, der wie v.Peter meinte, wie ein Trauersaal für das gestorbene Mädchen wirken sollte, und in dem sozusagen sein Requiem aufgeführt werden sollte. Er war tatsächlich auch ‚intimer‘ als sonst, indem das Orchester oberhalb der Bühne und teilweise auf den Rängen postiert war, es ergab sich ein durchgehender Saal, in dem sich das Publikum auch gegenüber saß, und auf die Wände und Brüstungen waren immer wieder Texte des Märchens, von Leonardo da Vinci und Gudrun Ensslin pojiziert. Die Solosoprane, die beide zusammen das Mädchen charakterisieren sollen, klettern an Eisenleitern zum Orchester hoch und singen dort, wo vorne zwei Flügel, gespielt von Tomoko Hemmi und Yukiko Sugawara, placiert sind. Mit den Noten, die sie aber auch z.T. spielerisch einsetzen, bewegen sie sich im Raum und sind einheitlich mit dunklen Stolen und Röcken gekleidet (Kost.: Cinzia Fossati, Natascha von Steiger/auch Bühnenbild). Um gegen das Ausgegrenzte und Anarchische der ‚Mädchen‘-Sphäre etwas „empathisch-soziales“ zu setzen, ist auch ein ‚dressierter‘ Hamster mit von der Partie, der von dem Schauspieler Michael Mendl betreut wird und meistens Salat frisst. Diese Live-‚Handlung‘ wird in einem Video gefilmt und auf eine Leinwand projiziert. Lachenmann liest selber den Text von da Vinci, aber in deutscher Übersetzung, wobei er die Zisch- und Summkonsonanten immer besonders deutlich hervorhebt und oft ganze Silbern ’nachklappern‘ läßt, was sehr manieriert wirkt.

Insgesamt kommen aber besonders die Straßen- und Großstadtgeräusche zu heftig stupender Wirkung.

Die beiden Solistinnen sind die Koloratursoprane Christine Graham und Yuko Kakuta, die sich beide durch schöne helltimbrierte reine Stimmen auszeichnen, die sie auch bis in höchste Register virtuos einsetzen können.

Friedeon Rosén

 

Diese Seite drucken