Frankfurt: ARIADNE AUF NAXOS . Premiere 5.10.2013
Peter Marsh, Daniel Schmutzhard, Brenda Rae, Franz Grundheber. Foto: Oper Frankfurt/ Monika Rittershaus
Als 2.Saisonpremiere wird an der Frankfurter Oper ‚Ariadne auf Naxos‘ auf den Spielplan gesetzt, und die ‚Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel‘ von H.Hofmannsthal und R.Strauss gerät zu einem Furioso ohnegleichen. So stringent aus einem Guss durchgespielt hat man das Strauss’sche Sorgenkind, das ja zuerst mit einem Prosastück „Der Bürger als Edelmann“ kombiniert war, noch kaum erlebt! Nur eine einzige Stelle konnte den stetig aufsprühenden Musikfluss unterbbrechen: Das Ende der Bravourarie der Zerbinetta, gesungen von Brenda Rae, die mit tosendem Applaus bedankt wurde. Auch waren die Frankfurter Musiker in ihrem Element. Es ist, besonders im 2.Teil, ein immens erfrischendes Musizieren, das einzelne Instrumente immer wieder hervortreten läßt, und das vom GMD Sebastian Weigle souverän koordiniert und inspiriert wurde. Aus einer gewissen Entfernung vom Orchestergraben hörte es sich wie ein seidiger dahingleitender Sound an, ein wirklich schöner Raumklang, der mit den verhältnismäßig wenig Mitteln (37 Spieler) erreicht wird, wenn man die Besetzung mit andereren Strauss-Opern und deren gigantischen Besetzungen vergleicht.
Die Regie hat Intendant Bernd Loebe ‚aus einer Intuition heraus‘ an Brigitte Fassbaender vergeben, die nach Beendigung ihrer Gesangskarriere aber wahrlich kein Regieneuling ist. Es gelingt ihr eine spannende Umsetzung und sie versteht es, alle Sänger geistvoll und sehr nachvollziehbar zu führen, so dass immer eine nahezu lustvolle Bewegung auf der Bühne herrscht. Bühnenbild -Altstar Johannes Leiacker (auch Kost.) hat ihr dazu eben auch eine herrlich bespielbare Auftrittshalle ‚des reichsten Mannes von Wien‘ gebaut, die in ihren Grundstrukturen auch für die sich anschließende Oper (als ‚öde Insel‘) verwendet wird. Hervorstechend eine vom Bühnenhintergrund nach vorn führende mit rotem Teppich ausgeschlagene Freitreppe, links und recht schließen sich weiße Seitengemächer als Garderoben an, vorne zentral im Vorspiel ein weißer Flügel. Schon hier wirkt es leicht surreal, bei der Oper, wo der Weg nach vorne jetzt ’schräge‘ Führung hat, befinden sich hoch an den Wänden weitere Türen, vorne rechts eine Riesentür mit einem Riesenstuhl davor, worauf gerne die lustige Gesellschaft Zerbinettas wippend Platz hat. Daneben eine völlig surreal unsymmetrische Tür, aus der öfter der Komponist auftaucht und endlich bis zum Schluß sich seine ‚Mischoper‘ hineinzieht, während seine Sänger ihm am Ende zuprosten. Dieses Geschehen erinnert in etwa stark an ‚Alice im Wunderland‘, trotz nobler Innenarchtiktur und schwarglänzendem Marmorboden. Folgerichtig erscheinen auch die 3 Nymphen in schicken Ballkleidern, während Zerbinetta in grünen Strümpfen, Goldröckchen und roten Haaren mit Hütchen kokettiert, ihre Gesellschaft in üblichen phantastischen Clownsverkleidungen. Ariadne ist ganz gediegen rot mit schwarzem Überhang drapiert, der Bacchus erinnert in grün-schwarzem Gewand an einen König.
Den Haushofmeister gibt William Relton mit gestelzt englischer Nuance.
Im Vorspiel treten in agilen Kurzrollen Ricardo Iturra, Vuyani Mlinde /Perückenmacher und der Lakai Kihwan Sim auf. Den Musiklehrer gibt Franz Grundheber sehr distinguiert, schade, dass er nicht mehr zu singen hat. Der legere Tanzmeister Peter Marsh fällt durch schöne weiche Tenortöne auf. Ein ganz ausgezeichnet veritables Quartett der lustigen Gesellschaft geben Alfred Reiter/Truffaldin, Martin Mitterrutzner/Brighella, Michael McCown/Scaramuccio und Daniel Schmutzhardt /Harlekin, hervorgehoben noch durch die Rolle des Liebhabers Zerbinettas. Im Gegensatz zu ihnen sind die 3 Waldnymphen ganz ruhige fast verschlafene „Dienerinnen“ Ariadnes. Elizabeth Reiter sticht als Najade mit einem wunderlich schön timbrierten Sopran aus ihnen hervor, aber der Alt von Stine Marie Fischer/Dryade und die Sopranistin Maren Favela /Echo bringen berückende Stimmfarben in das Gesangstrio ein. Den Komponisten singt Mezzosopran Claudia Mahnke zu Beginn mit sehr viel Vibrato, stabilisiert dann aber ihr ansprechendes Gesangsorgan zu reifen, fast dramatischen Zwiegesängen mit ihrem Mentor und ihren Sängern.
Der Tenor/Bacchus kann in Gestalt von Michael König stimmlich in der Höhe nicht voll überzeugen, lässt aber immerhin ein warm grundiertes Timbre vernehmen.
Brenda Rae ist die Zerbinetta und kann sich tatsächlich schon in der Nähe von Diana Damrau und der Gruberova placieren. Sie nimmt die Koloraturen eher leicht mit hellem und klarem Timbre und tänzelt sich über alle Klippen der halsbrecherischen Arie bemerkenswert hinweg.
Camilla Nylund ist mit ihrem interessant gerfärbten tiefen Stimmtimbre eine ideale Primadonna Ariadne und singt schwergewichtige Hofmannsthal-Phrasen auf langem Atem mit ebenso bewundernswürdigem Ausdruck.
Friedeon Rosén