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Frankfurt / AOF: „BEHZOD ABDURAIMOV-JÜRGEN ELLENSOHN-HR S.O.-AZIZ SHOKHAKIMOV“

16.02.2018 | Konzert/Liederabende

Frankfurt / AOF: „BEHZOD ABDURAIMOV-JÜRGEN ELLENSOHN-HR S.O.-AZIZ SHOKHAKIMOV“ – 15.02.2018

Unter dem Motto „Prokofjew 5“ stand das Abo-Konzert des hr-sinfonieorchesters unter der Leitung des jungen Dirigenten Aziz Shokhakimov und erwies sich als konzertante Sternstunde. Im Mittelpunkt stand das „1. Konzert c-Moll für Klavier, Trompete und Streicher“ von Dmitrij Schostakowitsch mit dem jungen Solistenteam Behzod Abduraimov und Jürgen Ellensohn.

Wenn das Publikum bei der Aufführung meiner Werke lächelt oder direkt lacht, so bereitet mir das große Befriedigung – die Worte des Komponisten Schostakowitsch! Ja für wahr, dieses ungewöhnliche Konzert zeigte schon leichte Neigungen zum Humor. Gleich zu Beginn des Werkes gibt es den Zitatansatz zu den ersten drei Tönen aus Beethovens Sonate „Appassionata“ und unverkennbar wird die Eigenschaft des Werkes klar, es geht ganz anders weiter, Schostakowitsch nimmt seine Zuhörer auf den Arm – wie bereits in anderen Kompositionen ironisch auch die politischen Machthaber.

Das Konzept des Konzerts ist der ungewöhnliche Kontrast, die Fülle der musikalischen Gedanken und Einfälle fügte der Komponist zum bunten und faszinierenden Kaleidoskop. Kristallklar, energisch im Anschlag eröffnete Behzod Abduraimov das Allegretto und offerierte sogleich die ungewöhnliche Virtuosität seines aufregenden Spiels in grandioser Umsetzung der Motive.

Feine pianistisch-poetische Nuancen schenkte Abduraimov dem hinreißend melodischen Lento-Largo sowie den teils ruhigen Momenten des Moderato im Duo und wunderbaren Gleichklang der begleitenden Trompete (Jürgen Ellensohn). Der temperamentvolle Dirigent Aziz Shokhakimov leitete die Streicher des spritzig musizierenden hr-sinfonieorchesters und ließ ganz im Sinne des Kompositeurs aufspielen.

In exzessiven Galopprhythmen formierten sich Klavier, Trompete und in atemberaubender Rasanz das Orchester zum Allegro con brio. Halsbrecherische Kaskaden in technischer Brillanz, expressive Akkorde offerierte der junge Solist nochmals zum finalen instrumentalen Feuerwerk.

Der explosive Vortrag wurde mit wenigen Bravos jedoch herzlicher Zustimmung gewürdigt – man wünschte sich das junge euphorische Publikum beim DSO Berlin des Vorabends, es hätte den Saal mit Sicherheit in einen Hexenkessel der Begeisterung verwandelt. Dennoch gewährte Behzod Abduraimov das vortrefflich gespielte „Moment musicaux Nr. 3“ (Schubert).

Zur Einleitung des Konzertabends der russischen Avantgarde erklang „Khozorem Holiday Procession“ des usbekisischen Komponisten Suleiman Yudakov. Das leider sehr kurze Werk, ein Festumzug verherrlicht die überschwängliche Lebensfreude während eines orientalischen Festes. Aziz Shokhakimov am Pult des hr-SO. verstand es auf geniale Weise die instrumentalen, klangtechnischen Raffinessen dieser rhythmischen Klänge und Melodien zu offerieren und ließ den Zuhörer in die turbulente Szenerie zentralasiatischer Festivitäten eintauchen. Schade nach herrlichen fünf Minuten war der Zauber vorbei, man hätte sich davon gerne eine längere Suite gewünscht – doch evtl. begegnet man diesem interessanten Komponisten während der nächsten Spielzeiten wieder???

Sergej Prokofjew komponierte seine „Fünfte Symphonie“ im Jahre 1944 mitten im 2. Weltkrieg in einem kleinen Ort nördlich von Moskau. Am 13. Januar 1945 wurde das Werk sodann in Moskau uraufgeführt. „Mit dieser Symphonie wollte ich ein Lied auf den freien glücklichen Menschen anstimmen, seine schöpferischen Kräfte, seinen Adel, seine innere Reinheit. Ich kann nicht sagen, dass ich dieses Thema ausgesucht hätte, es entstand in mir und verlangte nach Ausdruck“ – beschrieb Prokofjew sich wohl auch selbst stilisierend.

In instrumental expressiver Formation der Blechbläser eröffnete der charismatische Dirigent das Andante und demonstrierte sogleich die enorme Schlagkraft seines Gast-Orchesters. Vortrefflich unterstrich Shokhakimov nicht nur in Körpersprache den witzigen Plauderton der schnellen Sätze mit den anspruchsvollen virtuosen Passagen. So gelangen ganz besonders hinreißend das voller Witz steckende Allegro marcato in welchem Holzbläser und Streicher die Pointen unter sich aufteilten. Transparent in archaisch mythischen Dimensionen gelang die Klangwerdung dieser Musik im Adagio und schien über die „nur“ Präsentation des Notentextes weit hinaus zu gehen.

Unvergleichliche Größe und hohe Interpretationskultur erreichte der junge aufstrebende Dirigent im finalen Allegro giocoso und überzeugte auf ganzer Linie natürlich dank des brillant musizierenden hessischen Klangkörpers. In unvergleichlicher Expressivität aber auch sensiblem Gespür der makellosen Intonation präsentierten sich die Musiker im homogenen Orchester-Tutti und verstanden es höchst vollendet den Affektreichtum der ungewöhnlichen Partitur effektvoll auszubreiten.

Große Begeisterung des Publikums für Orchester und Dirigent.

Gerhard Hoffmann

 

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