Juan Diego Florez. Copyright: Judith Kissel/pro Arte
Frankfurt / AOF: „JUAN DIEGO FLÒREZ-NDR RADIO- PHILHARMONIE-RICCARDO MINASI“ – 11.04.2018
Einen der größten Tenöre unserer Zeit, ich wage es zu behaupten den besten seines Faches Juan Diego Flórez präsentierte Pro Arte zum Meisterkonzert in der Alten Oper mit vielseitiger und umfangreicher Auswahl aus dem Programm des peruanischen Belcanto-Spezialisten.
In jugendfrischem akzentfreiem, tenoralem Schönklang eröffnete Juan Diego Flórez sein Recital mit „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ und ließ im wahrsten Sinn des Wortes bezaubernd schön, koloraturgewandt, feinnervig Si spande al sole in faccia aus „Il re pastore“ (Mozart) folgen. Eindringlich von elegantem Legato umhüllt pastellierte Flórez die beiden barocken Preziosen L´espoir renait dans mon áme – J´ai perdu mon Eurydice des „Orphée“ (Gluck).
Als Übergang in dramatische Gefilde des italienischen Repertoires wählte der umjubelte smarte Sänger Edgardos Final-Arie Tombe degli avi miei – Fra pocco a me ricovero aus „Lucia di Lammermoor“ (Donizetti). Zum Ausflug ins französisch-jugendliche Fach bot Flórez kultiviert phrasiert, schwärmerisch hell strahlend, leicht kernig und in emphatischen Aufschwüngen „Des Grieux“ – Bekenntnis: Je suis seul! – Ah, fuez, douce image und nahm sich danach unvergleichlich schön, schmelzreich frei jeglichen Sentiments „Werthers“ Pourquoi me réveiller (Massenet) an.
Aus früheren Konzerten kenne ich die NDR Radiophilharmonie als ausgezeichnetes Qualitätsorchester dessen instrumentale Vorzüge sich auch heute bestens bewährten, jedoch vom Gastdirigenten Riccardo Minasi zuweilen in überproportionierte, weniger harmonische Manöver katapultiert, die Mozart-Ouvertüren „La clemenza di Tito“ und „Don Giovanni“ überlaut erklingen ließen. Publikumswirksam, rasant, rhythmisch, die orchestralen Vorzüge besonders der Blechfraktionen betonend erwiesen sich zwar kraftvoll doch differenzierter die italienischen Beiträge: Ballabilde e danza Militare aus „L´assedio di Calais“ (Donizetti) sowie La Primavera aus „I Verspri Siciliani“ und „Alzira“-Ouvertüre (Verdi). Zu wesentlich sensibleren Klanggestaltungen begleitete Minasi den Solisten des Abends.
Leicht, lyrisch, unbekümmerte schmetterte Flórez ganz im Duktus des Herzogs von Mantua Questa o quella und hernach leicht nonchalant mit herbem Unterton Parmi veder le lagrima aus „Rigoletto“. Existentielle Impulsivität schenkte Juan Diego Flórez in überreichem Maße der Arie Alfredos Lunge da lei…De´miei bollenti spiriti und zündete vom Beifall unterbrochen, in brillanten Acuti die Cabaletta O mio rimorso aus „La Traviata“ als offizielles Finale.
Ovationen brandeten dem charmanten Künstler entgegen und wurden mit 5 Zugaben belohnt.
Einblicke exquisiter Liedkunst gewährte der Gefeierte sich selbst auf der Gitarre begleitend zu Deine Liebe ist mein ganzes Leben (Mattes), unsentimental und herzzerreißend schön ein peruan. Lied (sorry-?) sowie traumhaft-schlicht, doch sehr atmosphärisch Cucurrucucu paloma (Cesky), dass es die Zuhörer förmlich von den Stühlen riss. Die Begeisterung im Saal wollte nicht enden und Flórez sang auf unwiderstehliche Weise frisch und unbekümmert die hohen C´s zu Pour mon ame aus Donizettis „La Fille du régiment“ und konnte das Auditorium außer Rand und Band erst mit „Granada“ (Lara) zum Aufbruch bewegen.
Gerhard Hoffmann