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FRANKFURT/ Alte Oper: „HILARY HAHN – ORCHESTRE NATIONAL DE LYON – LEONARD SLATKIN“

05.05.2017 | Konzert/Liederabende

Frankfurt: „HILARY HAHN – ORCHESTRE NATIONAL DE LYON – LEONARD SLATKIN“  –  04.05.2017

Konzert in der Alten Oper

HILARY HAHN-LEONARD SLATKIN (c) Ansgar Klostermann
Hilary Hahn und Leonard Slatkin. Copyright: Ansgar Klostermann

Als weiteres Gast-Orchester hatte Pro Arte das Orchestre National de Lyon  unter der Leitung seines Chefdirigenten Leonard Slatkin geladen. Als Solistin  durfte man wiederum Hilary Hahn in der Alten Oper erleben. Die Violinistin von Weltrang brillierte mit einem der schönsten Exponate dieses Instruments und zwar dem „Violinkonzert“ von Peter Iljitsch Tschaikowsky.

Wurde mir während der letzten Wochen das große Glück zuteil zwei herausragende Interpreten zu erleben, reihte sich nun in dieser Weltrangliste ein weiterer Solitär ein. Schwerlich lassen sich die Eindrücke dieser neuen Begegnung mit Hilary Hahn in Worte fassen. Weiche frauliche Akzente gepaart mit höchst technischen Qualifikationen  setzte Hahn in extrovertierte bewundernswerte Virtuosität um, zudem war es ein optischer Genuss mit welcher Spielfreude die Künstlerin zu Werke ging. Ihr Tschaikowsky lebte von der Kunst des Schattierens, vom hellen satten überstrahlenden Geigenton, der wundervollen Variation der Gesangsthemen des Allegro moderato. Atemberaubend die perfekte Technik der Tonbildung der rasant und hinreißend gespielten Kadenz.

In seelenvollem Spiel fesselte Hilary Hahn zur hingebungsvollen Canzonetta und verstand es der schlichten traumhaft schönen Weise des Andante zarte Momente und dennoch leidenschaftliche Zwischentöne einzuverleiben. Man gewann den Eindruck die Solistin wollte die Tempi des begleitenden Orchesters beschleunigen, doch leider vergeblich. Slatkin dehnte die instrumentalen Gedanken auf höchst seltsame Weise.

Superlative Akzente schenkte die grandiose Künstlerin ebenso dem finalen Allegro vivacissimo auf wunderbare Weise. In feinsten Abtönungen entlockte Hahn ihrem Instrument die höllisch schnell gespielten Rhythmen, beflügelte selbst Dirigent und Orchester der Lethargie zu entsagen und diesem finalen Ausklang in prägnanter Dynamik die würdige Expressivität zu gewähren.

Die Euphorie des begeisterten Auditoriums bedankte die charmante bescheidene Solistin mit  der hinreißend exzellent musizierten „Partita Nr. 3 – Gigue“ (Bach).

Den Konzertabend eröffnete die symphonische Dichtung „Le chasseur maudit“ (César Franck) nach der Ballade des „Wilden Jägers“ von Gottfried A. Bürger welche das Schicksal eines jungen verwunschenen Adligen beinhaltet. Leonard Slatkin verstand es mit dem äußerst plakativ aufspielenden Orchestre National dem Schauerdrama zwar die symbolisierten Momente zu vermitteln, punktete mit effektvollen Reiterrhythmen, doch fehlte dieser Interpretation mit ihren orgiastischen Klangballungen die pointierte klangmalerische Differenzierung.

War ich von den Instrumentalleistungen der französischen Gäste vor der Pause nicht sonderlich begeistert, setzte ich meine Hoffnungen auf eine authentische Interpretation der „Symphonie fantastique“ ihres Landmanns Hector Berlioz. Die programmatische Komposition in fünf Sätzen schildert Episoden aus dem Leben eines Künstlers, der aus unglücklicher Liebe eine Dosis Opium eingenommen hat und in dessen fieberndes Hirn nun von Träumen und schauerlichen Visionen heimgesucht wird.

Magische Klangwelten präsentierte nun Leonard Slatkin mit dem Orchestre National de Lyon zum tonalen (Selbst)bekenntnis des jungen Komponisten in seiner Liebe zur Schauspielerin Smithson mit biographischen Zügen. Die einleitenden Réveries, Passions wurden in schroffen Konturen des opulenten Orchestralklangs eröffnet. Farbliche Tupfer schenkte der Dirigent der zweiten Episode Un Bal, doch dominierte während der beschwingten Dreivierteltakten mehr oder weniger eine melancholische Schwere.

Versüßt vom stimmungsvollen Hirtenlied der Oboe und des Englischhorns genießt der schwärmerische Held zur Scéne aux champs die Melodien der Schalmeien im ruhigen Einklang mit der Natur und der Hörer das stimmungsvolle Wechselspiel der Instrumente. Vorahnende Stimmungen, ferner Donner, nahendes Unheil künden sich an. Satt mächtig, voluminös formierten sich die Elemente der magischen Celli mit den brillant aufspielenden Blechsegmenten zu orchestraler Fusion.

Alle Register instrumentatorischen Könnens zog Slatkin mit seinem mächtig auftrumpfenden Orchester zu den Klängen des Marche au supplice, bündelte sodann zum finalen Songe d´une nuit du Sabbat die orchestralen Eruptionen. In gellendem Gelächter der Klarinetten, dem Hexensabbat der Bratschen, dem Hohngeschrei der Bläser eröffnete sich nochmals das musikalische Inferno in schier grotesker aufwühlender Wucht.

Das Publikum war begeistert und wurde zunächst mit dem elegisch musizierten „Carmen-Intermezzo“  (Bizet) sowie der skurrilen Variation  „Carmens Hoedown“ des Dirigenten Vaters Felix Slatkin belohnt.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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