Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

FRANKFURT/ Alte Oper: BENJAMIN APPL – „Die schöne Müllerin“

07.09.2020 | Konzert/Liederabende

Benjamin Appl Embarks on First U.S. Recital Tour | IMG Artists
Benjamin Appl. Foto: Uwe Arens/ Sony

Frankfurt / Alte Oper: „BENJAMIN APPL“ – 06.09.2020

Die  Konzertsaison 2020/21 eröffnete  die Alte Oper mit einer Lied-Matinee zum Slogan „Festival junger Künstler“ Debüt: Lied und hatte den relativ jungen Bariton Benjamin Appl erstmals engagiert. Nach der Begrüßung des Publikums durch Intendant Dr. Markus Fein erklang der Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert. Zu den Sicherheits-Vorschriften während der Corona-Pandemie sind in der AOF knapp 500 Besucher zugelassen, doch weniger als  die Hälfte kunstinteressierter Musikfreunde nahm diese Gelegenheit wahr und versäumte  einen wahrhaft großartigen Lieder-Vortrag.

Schuberts Liederzyklen sind so allgemein gültig, dass sich Künstler auch dann an sie wagen, wenn sie vom Stimmfach weniger prädestiniert  oder das Sujet mehr oder weniger allein der Textur wegen agamisch besetzt wird, Überlegungen solcher Art sind jedoch bei Benjamin Appl völlig überflüssig. Gewiss hörte ich während der letzten Jahrzehnte den Zyklus zigmal von fast allen Weltklasse-Tenören und der junge Bariton stand heute mit seiner exzellenten Interpretation in keinem Schatten „derer“.

Bereits zu Beginn erklang als magischer Epilog Das Wandern in dynamischer Akzentuierung voll maskuliner Virilität, ein junger Mann voller Tatendrang begab sich auf Wanderschaft.

Subtil alle Schattierungen auskostend begegnete  man einem Erzähler durchglüht von Emotionen und dennoch stets kontrolliert. Man fieberte seinen Worten mit, erlebte seine Liebe, spürte prickelnd seine Euphorie dessen jubelnde Stimme regelrecht den Raum erfüllte.

Appl verstand es auf wunderbare Weise sein herrlich timbriertes Material individuell auf die diversen Stimmungen der Textur zu färben, Klangvolumen mit zarten Finessen der Diktion und ebenso jungmännlicher dynamischer Leidenschaft zu versehen. Benjamin Appl wechselte vorzüglich von unbeschwerter Heiterkeit in die Molltonart des unterdrückten Schmerzes und unterstrich jene Melancholie ungemein bar des weichen Timbres seines melodischen Baritons.

Ein Pianist von hohem Rang stand Appl zur Seite und zwar kein geringerer als Wolfram Rieger, dessen diskretes Spiel stellenweise einen ambivalenten Eindruck hinterließ und zwar zum Einen herrlich verinnerlicht im Anschlag, subtil schattierend musizierend und zum Anderen zuweilen sehr eigenwillig in solistischem Status verharrend. Doch letztlich vermochte es Rieger Phrasen aufblühen zu lassen und mit dem Sänger auf wunderbare Weise im Gleichklang zu atmen.

Benjamin Appls Gespür, seine ganz besondere Liebe zur Werktreue zeigte sich bei Der Jüngling am Bache, wo die erwachende Natur nichts Sentimentales sondern eine Ernsthaftigkeit bewahrte, deren Gültigkeit später durch das Herz bleibt ungestillt beglaubigt wurde. Ob nun zu Forte-Steigerungen nach wunderbaren Piani konnte der exzellente Sänger bruchlos dynamisch vermitteln und in jeder Phrase vollendet überzeugen. Bravo ! Ich sehe meiner nächsten Begegnung mit dem sympathischen Sänger bereits mit großer Freude entgegen.

Das dankbare Publikum feierte die beiden Künstler vehement mit großer Begeisterung.

Gerhard Hoffmann

 

Diese Seite drucken