Aids-Gala Opernhaus Düsseldorf – 7.3.2015
Und es blitzten die Diamanten
Mauro Peter, Jodie Devos, José Bros, Pumeza Matshikiza, Patrick Fournillier (Dirigent), Julia Kleiter, Eric Cutler, Margarita Gritskova, Rachel Frenkel, Joshua Bloom (v.l.n.r.), Chor der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorfer Symphoniker. Copyright: Paul Esser
Es ist schon eindrucksvoll, welchen Stellenwert die Aids-Gala in Düsseldorf mittlerweile einnimmt. Dabei geht es weniger um die Ausstattung der weiblichen Gesangsolisten mit millionenschwerem Gold- und Diamantenschmuck der Firma Bucherer, welche ein treuer Unterstützer der Veranstaltung ist. Vielmehr findet sich ein, wer in der Landeshauptstadt Rang und Namen hat (oder, wie Moderator Holger Wemhoff es ausdrückte, wer wichtig ist oder sich dafür hält). Einige nichtssagende einführende Reden müssen wohl sein. Daran hat der Rezensent sich im Rahmen akademischer Konferenzen und diplomatischer Verpflichtungen gewöhnt. Umso willkommener sind kleine Störungen im Ablaufprogramm. So war Intendant Christoph Meyer an Grippe erkrankt und wurde von Operndirektor Stephen Harrison vertreten. Auch nach vielen Jahren in Deutschland gewinnt er durch seinen englischen Akzent und seine kleinen grammatischen Fehler enorm an Charme und ist dementsprechend beliebt beim Publikum. Sodann hielt die Vorsitzende der Deutschen Adis-Stiftung, Elisabeth Pott, eine etwas zu lange Ansprache und begrüßte dabei den Kölner (!) Oberbürgermeister der natürlich gar nicht anwesend war. Sie pendelt wohl zu viel zwischen HIV-Veranstaltungen hin und her und wußte nicht genau, wo sie gerade war. Jedenfalls löste das nicht nur massive Heiterkeit, sondern vor dem Hintergrund der Dauerrivalität zwischen Köln und Düsseldorf auch erheblichen Verdruß aus. Mittlerweile hat sich wohl doch die Erkenntnis durchgesetzt, daß HIV in Deutschland quantitativ keine nennenswerte Gefahr mehr darstellt. Die Unterstützung der Gala galt daher dem Aids-Therapie-Programm „DREAM“ in Mosambik. Dem kann man nur zustimmen, denn HIV in Afrika trifft besonders die Schwächsten, nämlich die bereits im Mutterleib infizierten Kinder.
Danach ging es endlich los. Patrick Fournillier leitete die Düsseldorfer Symphoniker und hatte nie ein Problem, den Abend kollisionsfrei über die Runden zu bringen. Allerdings waren einige angekündigte Gäste, so insbesondere Alex Esposito, wieder abgesprungen und konnten nur unzureichend ersetzt werden. Das gilt für Joshua Bloom, einen Durchschnittsbariton, von dessen Niveau es in Österreich und Deutschland Dutzende gibt. Ähnliches gilt für den Schweizer Mauro Peter, bei dem man den notwendigen Tenorglanz vermißte. Der eingesprungene Eric Cutler ist für den Rezensenten seit seiner schwachen Leistung als Arturo in den „Puritani“ an der Metropolitan Opera in sehr schlechter Erinnerung und überzeugte auch dieses Mal eher mit seinem Temperament als mit seinem unausgeglichenen Timbre. Die Farbige Pumeza Matshikiza (mit einem wüst abstehenden Haarschopf, der ihren Kopf drei Mal so groß erscheinen ließ, als er eigentlich ist) besitzt für die von ihr gewählte Arie der Mimi zu wenig lyrische Zwischentöne. Möglicherweise ist sie im schwereren Fach besser aufgehoben. Hans-Peter König machte einen Ausflug ins italienische Fach und sang Zaccaria („Oh, chi piange“) zusammen mit dem von Gerhard Michalski prächtig einstudierten Rheinopern-Chor, der zuvor schon ein inbrünstiges „Va pensiero“ dargeboten hatte. Für die italienische Linienführung klingt sein im deutschen Fach geadelter Bass doch ein wenig kantig. Julia Kleiter unterstrich ihren Ruf als veritabler Mozart-Sopran. Rachel Frenkel besitzt einen gepflegten Mezzo-Sopran, den es wiederzuhören lohnt.
Damit kommen wir zu den Höhepunkten. Die junge Russin Margarita Gritskova, seit dieser Spielzeit festes Mitglied der Wiener Staatsoper, brillierte mit dem Rondo der Cenerentola, auch wenn sie sich überraschend in den Höhen spürbar wohler zu fühlen schien als im Brustregister. Ihre technische Souveränität, gepaart mit ihrem schmeichelhaften Timbre, begeisterte das Publikum. Ein weiterer Pluspunkt war die junge Belgierin Jodie Devos, die eine ebenso brilliant gesungene wie ausgespielte Szene der Olympia auf die Bretter legte. Dem Timbre nach ist sie eindeutig noch eine Soubrette und strahlt auch das von einer solchen zu erwartende Temperament aus. Mühelos steigt sie in die dreigestrichene Oktave hinauf. „Entdeckt“ wurde sie übrigens erst im letzten Jahr beim Concours Reine Elisabeth. Den Höhepunkt setzte nach Empfinden ihres Berichterstatters José Bros mit dem Lamento des Federico. Er ist sich bewußt, welche vokalen Mittel er hat und setzt diese auch effektvoll ein. Mit anderen Worten: Er lieferte den lang ersehnten Tenorglanz.
Der zweite Teil des Abends war der leichten Muse, insbesondere der Operette und dem Musical gewidmet, gemischt mit einigen wenigen Arien aus Buffo-Opern. Mit Rücksicht auf eine anderweitige Verpflichtung konnte der Berichterstatter daran nicht mehr partizipieren, sodaß sich die obigen Ausführungen allein auf den umfangreichen Opernteil vor der Pause beziehen. .
Klaus Ulrich Groth