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DRESDEN / Semperoper: „TRISTAN UND ISOLDE“ ALS BALLETT. Premiere

18.02.2015 | Ballett/Performance

Dresden / Semperoper:  „TRISTAN UND ISOLDE“ ALS BALLETT – 15.2. 2015  Pr.

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Courtney Richardson (Isolde), Fabien Voranger (Tristan) © Ian Whalen

Der „Tristan-und-Isolde“-Stoff ist alt und einer der Stoffe der erzählenden Literatur des europäischen Mittelalters, der besonders in Deutschland und Frankreich häufig bearbeitet wurde. Das sollte man nicht vergessen, auch wenn man unwillkürlich die spannungsreiche Geschichte dieses ungewöhnlichen Liebespaares nur noch mit Richard Wagners bekannter Oper in Verbindung bringt. Jetzt kam der (annähernd) ursprüngliche Stoff als Ballett auf die Bühne der Semperoper.

 Die Musik – leider nicht von Richard Wagner -, schuf der zeitgenössische polnische Komponist Szymon Brzóska, eine tonale, in der Interpretation der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter der Musikalischen Leitung von Paul Connelly durchaus ansprechende Musik, die ein gewisses Gleichmaß nicht vermeidet, aber die Balletthandlung in jeder Situation sinnvoll untermalt.

 In der Neuinszenierung, bei der auch Choreografie, Konzept und Libretto in den Händen von David Dawson lagen, stimmen Musik und ausdrucksvolles Handlungsballett völlig überein, wobei die weitschwingenden mitunter nur in schwarz für die Mannen des Tristan und in farbiger Vielfalt für den Hof der Isolde gehaltenen Kostüme von Yumiko Takeshima den fließenden Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer zusätzlich Dynamik und Ausdruck verleihen.

 Bis zur Pause wird der Betrachter mit der mehr oder weniger interessanten Vorgeschichte konfrontiert, bei der ein gewisses Gleichmaß trotz ausführlicher Schilderung von (Polizei‑?)Gewalt die Spannung nicht gerade auf den Höhepunkt treibt. Das geschieht erst nach der Pause, vor allem durch das tänzerische Können von Coutney Richardson und den hinreißenden Ausdruck ihrer großen Liebe als Isolde, bei der auch ihre Mimik mitspielt. Sie dominiert mit ihren perfekten ausdrucksstarken Tanzbewegungen und starker Leidenschaft die Szene und erfüllt die Gestalt der Isolde mit blutvollem Leben. Ihr raffiniert gestaltetes Kleid tut ein Übriges.

 Im eindrucksvollen Pas de deux mit Raphael Coumes-Marquet als König Marke und noch mehr mit dem eher zurückhaltenden Fabien Voranger als Tristan nimmt sie durch ihre hingebungsvollen Bewegungen in einem unerschöpflichen Kraftfluss gefangen.

 Coumes-Marquet wirkt vor allem durch seine stattliche Erscheinung königlich, während man sich von Vorangers Tristan mehr Leidenschaft und Glaubwürdigkeit gewünscht hätte. Die Leidenschaft lag nur auf einer Seite, der von Coutney Richardson.

 Sehr beeindruckend „flogen“ die 5 Krieger in ihrer Dynamik mit temperamentvollen, weiten Sprüngen über die Bühne, um Mut, Kraft und Entschlossenheit zu dokumentieren.

 Was beim Semperoper Ballett immer wieder auffällt, ist die Tatsache, dass es auch in den mittleren und kleineren Rollen nur gute und sehr gute Tänzerinnen und Tänzer gibt, die ihrer Rolle bestens gerecht werden, so Anna Merkulova als Brangäne, Jón Vallejo als Melot, Lauren Guilbaud als Morold und die zahlreichen Tänzerinnen und Tänzer in den turbulenten kämpferischen Szenen.

 Die Bühne von Eno Henze ist karg ausgestattet, mit hohen Versatzstücken und minimaler Dekoration, die aber, verstärkt durch geschickte Lichteffekte (Bert Dalhuysen) sehr sinnfällig die Orte der Handlung wie z. B. die (frühgotische) Burg, charakterisieren.

 Bei der Premiere war vieles neu, die Handlung, die Musik, die Choreografie. Im Verlaufe mehrerer Aufführungen wird sich da bei den Tanzenden und beim Publikum noch manches „einpegeln“.

 Ingrid Gerk

 

 

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