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DRESDEN/ Semperoper: STARKE KONTRASTE IM 3. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN- Omer Meir Wellber

02.11.2016 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper: STARKE KONTRASTE IM 3. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 1. 11. 2016

Kontraste, wie sie stärker nicht sein könnten, brachte das 3. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Omer Meir Wellber. Es begann mit der „Serenade Es-Dur“ (op. 7) für dreizehn Blasinstrumente von Richard Strauss, mit deren Aufführung eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen ihm und der Kapelle ihren Anfang nahm, die bekanntlich in der Uraufführung von 9 seiner Opern in Dresden gipfelte.

13 Bläser der Kapelle musizierten blitzsauber, ganz im Einklang mit ihrem Instrument, ihren Musikerkollegen und der genialen Komposition des 17jährigen Gymnasiasten. In idealer Weise brachten sie die, scheinbar heiter-unbeschwerte Serenade nach dem Vorbild Mozarts, die aber mit ihrer dunklen Klangfärbung, entsprechend der Zeit, in der sie entstand, auch romantische Züge aufweist, in einer geschickten Balance zwischen Kraftvollem und unterschwellig Dramatischem, harmonischer Strenge und auch ein bisschen augenzwinkerndem Humor, vor allem aber mit edlem Klang in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit zu Gehör. Es war geistreich unterhaltende Musik auf allerhöchstem Niveau. Unverständlich blieben nur die ausladenden Dirigierbewegungen Wellbers, die kaum Einfluss auf die exakte, von Herz und Verstand getragene Ausführung durch die Bläser zu haben schienen, die gemeinsam wie „ein Herz und eine Seele“ oder wie ein großes harmonisches Instrument musizierten.

Klassik, in romantisches Licht getaucht, schien Wellber auch bei Joseph Haydns „Symphonie f-Moll“ (Hob. I:49) anzustreben, deren Titel „La Passione“, der nachweislich nicht von Haydn stammt, er allzu wörtlich zu nehmen schien. Er unterlegte ihr leidenschaftlich-romantische Züge, wobei dank der exakt und klangschön musizierenden Musiker hin und wieder auch ein bisschen Haydn, wie man ihn kennt und liebt, durchschimmerte.

Ganz in seinem Element war Wellber dann bei der Erstaufführung des monumentalen Oratoriums „Über Liebe und Hass“ der russisch-tatarischen Komponistin Sofia Gubaidulina (*1931), zum 2. Mal Capell-Compositrice der Sächsischen Staatskapelle, die im Oktober ihren 85. Geburtstag feierte. Die Uraufführung dieses umfangreichen und vor allem inhaltlich gewaltigen Werkes, das durch die Vielfalt der Stilelemente und vor allem durch starke Kontraste lebt, wurde erst kürzlich (14.10.2016) in Tallinn uraufgeführt.

Als Ausdruck von Gut und Böse, Ost und West, Kommunismus und Kapitalismus, „wir und die anderen“ verbindet Gubaidulina sehr unterschiedliche Kompositionstechniken zwischen Tradition und Moderne ohne Brüche zu einem umfassenden Ganzen. Dissonanzen mischen sich gut strukturiert mit harmonischen Elementen. Obwohl Enkelin eines Mullah, wandte sie sich dem Christentum zu, erst heimlich, später offen, dessen Grundzüge sie in ihrem Oratorium zu einer weltumspannenden Idee ausweitet, um die großen Themen unserer Zeit anzusprechen.

Die Aufführung wurde getragen von einem ausnahmslos gut besetzten Solistenensemble mit Camilla Nylund, Sopran, Michael König, Tenor, Thomas E. Bauer, Bariton und Franz-Josef Selig, Bass, dem MDR-Rundfunkchor (Einstudierung: Nicolas Fink) und der Sächsischen Staatskapelle, die die Aufführung als sicheres Fundament trug. Die vier Solisten ließen sich diese Aufführung sehr angelegen sein und verliehen dem Oratorium mit ihren stimmlichen und gestalterischen Qualitäten Nachdruck, allen voran Camilla Nylund, die mit sehr schöner, ausgeglichener Stimme, sehr sicherer Stimmführung und besonders feinem Piano der Sopranpartie mitunter sogar „zelebrierenden Charakter verlieh.

 Der, für seine hervorragenden Oratorien-Aufführungen bekannte, MDR-Rundfunkchor bestach mit seinen sehr schönen Frauenstimmen und guten Männerstimmen in der sehr klaren und klangschönen Umsetzung der Chorszenen. Wenn er auch für eine kurze Passage das Bass-Solo „zudeckte“, hatte er doch wesentlichen Anteil an der sehr beeindruckenden Gesamtwirkung der Aufführung.

Für zusätzliche „Ergänzung“, Untermalung und Belebung sorgten wechselnde Standorte der Solisten auf der Bühne, der linken und rechten Proszeniumsloge sowie der Mittelloge. Außerdem unterstrichen, entsprechend der Stimmung und Aussagekraft der verschiedenen Teile und Situationen des Oratoriums sehr gut gewählte, Beleuchtungseffekte von warmen rötlichen Tönen über kühle bläuliche oder fahles Licht die Ausführungen optisch und sorgten für ein nachhaltiges Erlebnis dieser in sich geschlossenen und stark beeindruckenden Aufführung.

 Ingrid Gerk

 

 

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