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DRESDEN/ Semperoper: OTELLO – erste Vorstellung nach der Premiere

28.02.2017 | Oper

DRESDEN/ Semperoper: OTELLO in einer Inszenierung der salzburger Festspiele. Zweite Vorstellung am 26.2.2017

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Andrzej Dobber (Jago), Stephen Gould (Otello), Dorothea Röschmann (Desdemona). Copyright: K & M Forster

Es handelt sich hier um eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen aus dem Jahr 2016, über die damals an dieser Stelle ausgiebig berichtet wurde. Daher wird auf eine ausführliche szenische Beurteilung verzichtet.

https://onlinemerker.com/salzburg-osterfestspiele-giuseppe-verdi-otello-premiere

Für die Regie waren verantwortlich: Vincent Boussard, Bühne, Vincent Lemaire, Kostüme, Christian Lacroix, Licht, Guido Levi, Video, Isabel Robson, Dramaturgie, Stefan Ulrich und den Mitarbeitern: Heiko Hentschel, Rena Donsbach und Robert Schwaighofer.

Die Regie thematisiert in abstrakter Weise die psychische Situation der Protagonisten und der daraus entstehenden Konflikte. Dabei wird vornehmlich der historische Hintergrund ausgeblendet und mehr oder weniger nur angedeutet. Dass der “Mohr von Venedig“ hier mit seinem natürlichen Aussehen auftritt, ist allzu verständlich, denn es geht in erster Linie um das “Eifersucht Syndrom“, aus dem es kein Entrinnen gibt, mögen die Argumente noch so fadenscheinig sein. Beleuchtet wird nur das “Extreme“, es gibt nur “schwarz oder weiß“, oder “Leben mit Ruhm und Anerkennung oder Tod“. Einzige Lichtgestalt ist nur Desdemona, die mit einem hellen Kostüm auftritt. Wie schon in Salzburg,  wurde auch in der Semperoper in den Pausengesprächen kontrovers über diese szenische Deutung diskutiert. Allerdings wurden im letzten Akt die Erwartungen übereinstimmend übertroffen, weil man hier in bewegender Weise die finale Eskalation miterlebt, wobei die Phantasie des Otello und die Realität der Desdemona in einander übergehen. Wie das Publikum auf diese Inszenierung reagiert hätte, ist nicht feststellbar, weil kein Vertreter der Regie beim Schlussapplaus anwesend war. 

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Andrzej Dobber (Jago), Stephen Gould (Otello). Copyright: K & M Forster

Großes Lob für die Sängerdarsteller

Dass Stephen Gould  ein hervorragender Otello ist, hat er schon vor ca. 10 Jahren mit der gleichen Rolle an diesem Haus, bewiesen. Man weiß auch, dass er neben seinem Siegfried der wohl zur Zeit begehrteste Tristan ist. So überragt er mit seiner Leistung die übrigen Gesangssolisten um das berühmte I-Tüpfelchen.  An seiner  Seite ist die große Mozartinterpretin Dorothea Röschmann zu nennen, die wahrscheinlich anfangs unter einer leichten stimmlichen Indisposition litt. Dadurch waren beispielsweise die stimmlichen Übergänge nicht fließend und das Forte klang aufgesetzt. Allerdings war im letzten Akt davon nichts mehr zu spüren.  Andrzej Dobber war als Jago zwar nicht so sehr dämonenhaft, konnte aber stimmlich überzeugen. Auch die übrigen Sängerkollegen überzeugten mit ihrer Gesangsleistung: Antonio Poli als Cassio, Robin Yujoong Kim als Rodrigo, Georg Zeppenfeld als Lodovico, Martin-Jan Nijhof als Montano und Christa Mayer als Emilia.  Der stimmgewaltige Chor wurde von Jörn Hinnerk Andresen geleitet und für den Kinderchor war Frau Claudia Sebastian-Bertsch verantwortlich. 

Thielemann mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Herr Thieleman geht, wie immer, bei der Lesart der Partitur seinen eigenen Weg, wohl wissend, dass er dafür manchmal mediale Kritik einstecken muss. Zu Beginn, oftmals nur stürmisch bewegt, wütet bei der Sächsischen Staatskapelle ein Furcht erregender Orkan, angereichert mit den Wellenbewegungen des an der Rampe singenden Opernchores. Genial komponiert, aber auch meisterlich umgesetzt. Da spürt man sofort, wohin die Reise geht. Vor allem die Dynamik ist es, die den Besucher beeindruckt, dadurch wird die Spannung hochgehalten. Dabei verzichtet er absichtlich ein wenig auf das “Italianita“. Bewegend auch die schleppenden Tempi im letzten Akt, die allerdings auch eine große Herausforderung für die Interpretin darstellten. Bemerkenswert ist der homogene Klangkörper, bei dem die einzelnen Orchestergruppen sich jeweils der Situation anpassen. Hier wird nichts dem Zufall überlassen, sondern so lange geprobt, bis es die Zustimmung  des Dirigenten findet. 

Thielemann, der seit dem Jahre 2012 Chefdirigent der Semperoper ist, profitiert in großem Maße von den hervorragenden Bedingungen, die er bei seinem Wirken vorfindet. Aber auch für die Stadt Dresden ist die Staatskapelle mit Ihrem Chefdirigenten durch seine unzähligen Reisen im In- und Ausland ein würdiger Werbeträger. Leider macht dieser Zustand die Besucher der Semperoper nicht glücklich, da sie ihren Chefdirigenten nicht so oft zu Gesicht bekommen.

Weitere Vorstellungen: 1. u. 5. März;   11., 13., 28. Mai 2017

Franz Roos

 

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