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DRESDEN/ Semperoper: L’ELISIR D’AMORE

12.05.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Dresden Semperoper: “L’ELISIR D’AMORE“ („DER LIEBESTRANK)“– 11.05.2012 (Pr. 28.4.2012)


Adina (Nadja Mchantaf) vor der Militärabteilung. Foto: Creutziger 

Wenn sich der (vor lauter Liebe?) zusätzlich noch rot angestrahlte Samtvorhang hebt und die Sächsische Staatskapelle Dresden unter der Leitung des italienischen Dirigenten Riccardo Frizza, der in der Semperoper u. a. auch schon „Il barbiere di Siviglia“ und die konzertanten Aufführungen von „Anna Bolena“ (2011/12) leitete,  exakt die Ouvertüre zu Donizettis Oper gespielt hat, ist man schon mittendrin in einer zweifelhaften Party, die in einer Art baufälligem „Beat-Schuppen“ stattfindet, d. h. einem ruinösen Kellergelass mit desolater Decke, wo die Fetzen herunterhängen, und Fenstern, die mit Brettern vernagelt sind. Bei diesem zweifelhaften Tanzvergnügen wird getanzt, bis die ersten am Boden liegen, vor Erschöpfung, Alkohol oder Drogenkonsum, denn Gewalt ist hier ausnahmsweise einmal nicht im Spiel (Inszenierung: Michael Schulz). Im Gegenteil, hier findet eine grell-bunte Komödie in leuchtend-bunten Kostümen (Renée Listerdal) vieler Stilrichtungen der 50er und 60er Jahre statt, fast operettenhaft mit wenig Tiefgang, was noch durch 2 Standardtanzpaare unterstrichen wird, deren Funktion nicht ohne weiteres erkennbar ist.  

 

Ganz entgegen ihrer gespielten Rolle, wo sie im unschuldig rosa Kleidchen u.a. sehr locker (mehr als ein Flirt) die ganze „Militärabteilung“ durchprobiert, die plötzlich aus dem sich hebenden Fußboden in hellen Overalls a la Spezialabteilung herausbricht, die äußeren Hüllen abschüttelt und dann in Paradeuniformen einer monarchistischen Vergangenheit, mit – dem englischen Humor entlehnten – Slapstick-Bewegungen zu agieren, beeindruckte Nadja Mchantaf mit ihrer schönen Stimme und ständiger Präsenz als bezaubernde Adina. Sie hatte alles: gute Stimme, Ausdruckskraft, Anmut und vor allem Niveau. Wenn sie dann nach vielen Irrungen und Wirrungen zwischen dem weltgewandten Sergeanten Belcore und dem schüchternen  Nemorina dem letzteren endlich ihre Liebe erklärt, erscheint sie plötzlich im gleichen Kleidchen, aber in rot. So viel Vordergründigkeit wäre doch nicht nötig!

 

Als Belcore bewältigte Christopher Magiera seine Rolle mit Kondition, guter Phrasierung, aber ziemlich spröder Stimme und nicht sonderlich nachhaltigem Spiel.

 

Mit orange-farbener Rundumleuchte und viel Dampf wird Dulcamara in seinem überdimensionalen Wagen angekündigt, damit er mit ebenfalls etwas spröder Stimme und mit dem altmodischen „Accessoire“ einer „Flüstertüte“ sein angebliches Wunderelixier, sprich Bordeaux-Wein, anpreisen kann. Das neugierige Publikum muss sich dazu setzen und bringt die Stühle gleich mit. Marco Vinco verfügt ebenfalls über erstaunliche Kondition, nur hätte man sich auch hier gern eine Stimme mit etwas mehr „Schmelz“ gewünscht. Es gibt da zu viele großartige Stimmen auf den großen Bühnen, die sich nun einmal einprägen.

 

Mit großer Intensität und Verve bewältigte Giorgio Berrugi die große Arie des Nemorino, mit der er das Publikum zu enthusiastischem Beifall hinriss, aber man hätte sich auch hier gern eine Stimme mit viel Schmelz und Klangschönheit gewünscht. Es ist nicht leicht, in diesen Paraderollen dem internationalen Vergleich standzuhalten.

 

In ihrem nicht gerade vorteilhaften Kostüm und mit ihrem Spiel blieb Romy Petrick als Gianetta wenig auffällig.

 

Der Sächsische Staatsopernchor (Einstudierung: Pablo Assante, Christof Bauer) schlug zunächst sehr scharfe Töne an und entwickelte als gemischter Chor eine Lautstärke, die über alles dominierte und ein noch größeres Haus hätte füllen können. Er sang äußerst exakt, aber die Stimmen verlieren bei allzu viel Kraft ihren schönen Klang. In Passagen mit geringerer Lautstärke wirkte der Chor durchaus klangschön. Der reine Frauenchor bewies hingegen in perfekter Abstimmung seinen Facettenreichtum und seine hohe Qualität.  

Der Pianist Hans Trudo Röhr begleitete die Rezitative am Klavier auf der Bühne und ließ ab und an einen Luftballon in die desolate Deckenöffnung steigen, um ein Antwortbriefchen zu erhalten, das zum Schluss jedoch ausblieb.

 Musikalisch war es eine sehr zügige, kurzweilige Aufführung. Die Staatskapelle bewies einmal mehr ihre gute Qualität und Frizza als Dirigent seine ausgewogene Konzeption.

 Ingrid Gerk

 

 

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