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DRESDEN/ Semperoper: FRANZ SCHUBERTS „GROSSE C‑DUR‑SYMPHONIE“ UND ROBERT SCHUMANNS „KONZERTSTÜCK“ IM 8. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN UNTER CHRISTIAN THIELEMANN

27.02.2019 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper: FRANZ SCHUBERTS „GROSSE C‑DUR‑SYMPHONIE“ UND ROBERT SCHUMANNS „KONZERTSTÜCK“ IM 8. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN UNTER CHRISTIAN THIELEMANN – 26.2.2019

Franz Schuberts „Große C‑Dur‑Symphonie“ stellt mit ca. 1 Std. Dauer oft schon allein das abendfüllende Programm eines Konzertes dar. Anlässlich des Robert-Schumann-Zyklus stellte Christian Thielemann das selten zu hörende „Konzertstück F-Dur für vier Hörner und großes Orchester“ (op. 86) von Robert Schumann davor. Die Konzertlänge von etwa 100 Minuten (inklusive Pause) blieb im gewohnten Rahmen und die Spannung bei Musikern und Publikum bis zum Schluss ungebrochen.

Dass Robert Schumanns sehr ansprechendes „Konzertstück“ mit seinem melodischen und harmonischen Reichtum nur relativ selten aufgeführt wird, mag wohl daran liegen, dass es nicht leicht ist, vier sehr gute, im Zusammenklang harmonierende Hornisten zusammenzubringen, denn es birgt zahlreiche spieltechnische Schwierigkeiten in sich. Die Sächsische Staatskapelle Dresden verfügt oft über sehr gute Hornisten und zurzeit mit Zoltán Mácsai, Jochen Ubbelohde, Julius Rönnebeck und Miklós Takács über hervorragende Könner ihres Fachs, so dass sie dieses, 1849 in Dresden vollendete Konzertstück nach längerer Zeit erneut wieder aufführen konnte. Schumann machte bei der Komposition von den neuen technischen Möglichkeiten des Ventilhorns regen Gebrauch und kostete sie virtuos aus, auch im Einsatz für eine damals völlig neue freie Chromatik wie bei einem Vokal- oder Klaviersatz, was auf einem Naturhorn undenkbar gewesen wäre.

Die vier, technisch und ausdrucksmäßig versierten Hornisten musizierten mit äußerster Akribie, bei der auch jede minimale Unschärfe eines Tones auffällt. Der charakteristische Ton der Hörner verschmolz zuweilen mit dem Orchesterklang, hob sich an anderer Stelle wieder kraftvoll plastisch hervor und kontrastierte mit den Streichern. Es ging kein Ton verloren, auch nicht bei vehementen Orchesterpassagen.

Thielemann erschließt sich neben Wagner und Bruckner nun auch die Romantiker wie Schumann und Schubert. Nach seinen eigenen Aussagen sind er und die Kapelle inzwischen zu einer organischen Einheit zusammengewachsen und verstehen sich ohne große Gesten seinerseits. Er wusste die Leistung der vier Solisten zu schätzen und applaudierte begeistert, auch nach der darauffolgenden, sauber gespielten, ebenfalls romantischen Zugabe, bei der die hohe Anspannung, die das Konzertstück forderte, von den Ausführenden abfiel und des „Horns süßer Klang“ bei lockerer, gelöster Spielfreude „den Ton angab“.

Sehr schöne, ausgeglichene und klangschöne Horn-Soli veredelten dann auch den Beginn der  „Symphonie C-Dur“ (D 944), der „Großen“, mit der Thielemann erstmals mit einem Werk Franz Schuberts am Pult der Sächsischen Staatskapelle zu erleben war. Robert Schumann entdeckte die Symphonie in Wien in Schuberts Nachlass und schwärmte „Hier ist, außer meisterlicher Technik der Komposition, noch Leben in allen Fasern, Kolorit bis in die feinste Abstufung, Bedeutung überall, schärfster Ausdruck des Einzelnen, und über das Ganze endlich eine Romantik ausgegossen, wie man sie schon anders woher bei Schubert kennt“. Besser kann man es nicht ausdrücken, nur nachempfinden.

Thielemann und die Kapelle wurden diesen Merkmalen „mit allen Fasern“ gerecht. Hier schwelgten die sehr feinen Streicher und ausgezeichneten Bläser mit ihren klangschönen und farbenreichen Kantilenen nicht nur in der unbeschreiblichen Schönheit der Musik mit ihren vielen genialen Wendungen, da gab es auch aufgewühlte, euphorische Teile, starke Kontraste und schöne Details, alles stets in großer Klarheit. Thielemann nutze alle Gestaltungsmöglichkeiten, selbst die einer Generalpause, um dieses gewaltige Werk auch gewaltig zu interpretieren.

Die erst nach Schuberts Tod postum am 21. März 1839 unter Felix Mendelssohn-Bartholdy im Gewandhaus zu Leipzig aufgeführte Symphonie ist aus den Konzertsälen nicht mehr wegzudenken. Sie fasziniert immer wieder von neuem, sooft man sie auch hört. Was so leicht und gefällig erscheint, erschließt sich bei wiederholtem Hören immer mehr als geniale Erfindungsgabe, kunstvoll kompositorisch verarbeitet.

 Ingrid Gerk

 

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