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DRESDEN/ Semperoper: 6. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE/ Thielemann/Pollini

Dresden / Semperoper: 6. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 26.01.2013

 
Maurizio Pollini

 Als sich noch die Geister in der 2. Hälfte des 19. Jh. an der Entwicklungsrichtung der Musik schieden und sich kontrovers um Brahms, Wagner und Bruckner stritten, wurde Brahms von der damaligen Dresdner Hofkapelle, aus der die Sächsische Staatskapelle Dresden hervorgegangen ist, sehr geschätzt und zum Ehrenmitglied ernannt. Es gibt also eine lange historische Verbindung zwischen Brahms und der Kapelle.

 Mit dem 6. Symphoniekonzert wurde nun der im Juni 2011 begonnene Brahms-Zyklus, bei dem u. a. Maurizio Pollini das 1. Klavierkonzert von Johannes Brahms spielte, fortgesetzt. Pollini ist der Kapelle seit fast 40 Jahren verbunden. 1976 gab er sein Debut in Dresden – ebenfalls mit Brahms‘ 1. Klavierkonzert – im jetzt heiß debattierten Kulturpalast, der nach Umbau die Spielstätte der Dresdner Philharmonie werden soll.

 Am Anfang des jetzigen Konzertes mit dem großartigen Brahms-Programm stand aber zunächst erst einmal die heiter beschwingte „Lustspiel-Ouvertüre“ op. 38 von Ferruccio Busoni, ein kurzes, heiteres und problemloses Werk zur Einstimmung auf dem Programm. Wie ein zarter Hauch schwebte sie fließend und geschmeidig durch den Raum, wie ein heiterer Sommerabend mitten im Winter, ein „Spaziergang“ durch alle Epochen und Stilrichtungen der Musikgeschichte von J. S. Bach bis Verdi, aber auch mit Busonis eigener Handschrift und einigen schroffen Dissonanzen. Christian Thielemann und die Kapelle verstanden einander. Er kann durchaus auch so heitere Werke dirigieren, aber seine große Leidenschaft sind nun einmal die großen Symphonien.

 Im darauffolgenden „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B Dur“ op. 83 von Brahms fanden sich zwei „künstlerisch scheinbar sehr unterschiedlich veranlagte“, beim gemeinsamen Musizieren aber sehr konforme Musiker zusammen, Maurizio Pollini als „intellektueller Klavierpoet“ und Christian Thielemann als der „Meister der kontrollierten Extase“. Das Ergebnis war verblüffend – eine wunderbar harmonische Wiedergabe, ein gemeinsames Miteinander ganz im Sinne dieses Klavierkonzertes, der „Symphonie mit obligatem Klavier“. Sie ergänzten und inspirierten sich gegenseitig. Klavier und Orchester korrespondierten wie in einem „Zwiegespräch“ unter guten Freunden und gingen oft gemeinsame Wege, bei denen der Klang des Klaviers mit dem Orchesterklang „verschmolz“.

 Thielemann achtete auf eine genaue Abstimmung zwischen Solist und Orchester, das äußerst feinfühlig die Intentionen des Pianisten aufnahm und weiterführte. Bereits das sanfte, „sphärisch“ schöne Einsetzen der Orchesterinstrumente am Beginn des Konzertes im Dialog mit dem Klavier ließ Großartiges erwarten. Zu schönen (Neben )Höhepunkten wurden das solistisch hervortretende Horn (Joachim Ubelohde) und die hinreißenden Cello-Soli (Simon Kalbhenn).

 Mit seinem berühmten, klingenden Anschlag, großer physischer Kraft, die dieses Konzert nun einmal verlangt, und innerer Poesie bewältigte der 71jährige Maestro den umfangreichen Klavierpart. Es ist seine Welt, in die ihm seine Zuhörer gern folgten und ihn am Ende dieser nach einer 50jährigen Karriere für ihn noch so großartigen Leistung begeistert feierten.

 Im Hauptwerk des Abends, der „Symphonie Nr. 2 D Dur“ op. 73 von Brahms entfaltete sich der wunderbare Klang der Staatskapelle in seiner unvergleichlichen Art. Hier kamen alle Feinheiten und Spezialitäten des Orchesters in schönster Weise zum Klingen. Unter Thielemanns Leitung spielte die Kapelle sehr klar, klangschön und durchsichtig, so, wie man sich diese Symphonie im Idealfall wünscht, von der Eduard Hanslick, Kritiker-Papst und Brahms-Freund seinerzeit bemerkte: „Sie scheint wie die Sonne auf Kenner und Laien“. Sie ist eine von Brahms‘ glücklichsten Werken, und so glücklich erschien sie auch in diesem Konzert. Mit sparsamer, nicht übertriebener, aber gezielter Gestik achtete Thielemann auf eine sehr gute, sehr exakte Abstimmung im Orchester. Die kleinen, sehr feinen solistischen Passagen setzten jeweils kleine Höhepunkte in Fortführung der instrumentalen Linien.

 Mit der 2. Symphonie wurde die zyklische Aufführung und Einspielung sämtlicher Brahms-Symphonien mit der Sächsischen Staatskapelle fortgesetzt. Es fehlt nur noch die 4. Symphonie, die dann im 10. Symphoniekonzert (7., 8. und 9.4.) auf dem Programm stehen wird.

 Ingrid Gerk

 

 

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