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DRESDEN/ Semperoper: 3. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE/Blomstedt/ F.P.Zimmerrmann

Dresden / Semperoper: 3. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT FRANK-PETER ZIMMERMANN UND HERBERT BLOMSTEDT  4. 11. 2013

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 Frank Peter Zimmermann, einer der renommiertesten Geiger unserer Zeit, ist in Dresden ein sehr gern gesehener Gast, und auch er spielt gern in Dresden, weil, wie er sagte, „hier die Traditionen vieler Jahrhunderte im Orchester zu hören sind“ und „im Idealfall das Orchester die zweite Haut des Solisten ist“. Er spielt fast alles von Bach bis Ligeti. Ihn interessieren Stücke mit Substanz. Zurzeit spielt er viel „Konventionelles“, später aber auch wieder viel „Modernes“.

 Für das 3. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden entschied er sich für Antonin Dvoráks „Konzert für Violine und Orchester a‑Moll“ (op. 53), denn für ihn hat die Staatskapelle „ein Stück böhmische Tradition inhaliert“. Es ist eines seiner Lieblingsorchester, das „die Musik streichelt“. Nach diesem Konzert wird er Dvoráks Violinkonzert in Prag aufnehmen.

 Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete ihn als „David Oistrach unserer Tage“ – ein sehr vager Vergleich, denn er hat sein eigenes Profil: einen energisch herzhaften, aber zuweilen auch sanften Strich, schöne lyrische Seiten, Energie und Frische, nie übertrieben, nie manieriert, alles in einem sehr ausgeglichenen Maß und immer sehr ehrlich – eine unverwechselbare Balance zwischen klassischer Strenge und verhaltener, faszinierender Lyrik, die eben nur er hat und die auch seiner Interpretation des Violinkonzertes von Dvorák einen besonderen Reiz zwischen Sachlichkeit und slawischer Melodik verlieh.

Er spielte das Konzert nicht nur mit souveräner Technik und Perfektion. Wenn er auch die großen lyrischen Melodiebögen sehr diszipliniert  und etwas verhaltener als allgemein üblich spielte, waren sie doch nicht weniger reizvoll, denn er spielte entsprechend seinem Anliegen „aus tiefster Seele“. Er möchte mit seiner Kunst „die Menschen berühren“.

Die Staatskapelle begleitete ihn unter der Leitung von Herbert Blomstedt zuverlässig und bestätigte Zimmermanns Worte von der böhmischen Tradition mit einer hinreißend schönen Passage im Mittelsatz.

 Für den begeisterten Applaus bedankte sich Zimmermann – ohne Orchester – mit einem Satz aus der „Suite in E‑Dur für Violine solo“ von J. S. Bach, trotz aller Schwierigkeiten in ziemlichem Tempo, fließend, mit barocker Stufendynamik. Er spielt jetzt auf einer Stradivari von 1711, der „Lady Inchiquin“, die einst dem virtuosen Geiger Fritz Kreisler gehörte. Starkult interessiert ihn aber trotz Weltkarriere nicht. Er spielte, makellos, melodiös, wie „aus einem Guss“ und wie selbstverständlich, wobei noch einmal sein großes Können deutlich wurde.

 Blomstedt, von 1975 bis 1985 Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, kehrt jedes Jahr in jugendlicher Frische – fit wie eh und je – für ein Konzert zurück. Dresden ist für ihn „ein Stück Heimat“. Vor der politischen Wende war die Kapelle mit ihrem äußerst seltenen Klang eine „Insel der Seligen“, wie er betonte. Trotz seiner 86 Jahre dirigierte er mit ungebrochener Intensität.

 Als Schwede in den USA geboren und in Finnland aufgewachsen, hat er eine besondere Affinität zu der, aus der Naturverbundenheit und Mentalität seiner Landsleute resultierenden, nordischen Musik, die die Widergabe der „Symphonie Nr. 2 D‑Dur (op. 43) von Jean Sibelius zum Ereignis werden ließ. Wenn man beim Hören auch immer wieder Bilder der skandinavischen Landschaft vor Augen hat, wollte Sibelius seine Symphonie doch nicht als programmatische Naturschilderung verstanden wissen, sondern nur als Musik. Er räumte aber ein, dass er beim Komponieren mitunter doch von seinen Natureindrücken beeinflusst wurde, denn er liebte die Natur sehr.

 Die Kapelle spielte unter Blomstedts Leitung mit solcher Klarheit und Präzision, trotz mancher klangmassiver Passagen immer „durchsichtig“ bzw. durchhörbar, so dass auch die Verbindungen zu anderen Komponisten wie Brahms, Tschaikowski u. a. sehr deutlich wurden. Das wunderbare Oboensolo erinnerte an Dvorák und stellte unwillkürlich eine gedankliche Verbindung zu seinem vorher erklungenen Violinkonzert her.

Eine Spezialität der Kapelle ist neben ihrem besonderen Klang die ideale Abstimmung der Instrumente und Instrumentengruppen und ihr harmonisches Zusammenspiel, allein die extrem sauberen Bläser mit ihrem wunderbaren Klang und die feinen Pizzicati der Kontrabässe, die von den Celli weitergeführt wurden, unaufdringlich, aber immer unterschwellig auch unter den anderen, einsetzenden Instrumenten immer noch wahrzunehmen, waren nur einige von den vielen außergewöhnliche Eindrücken. Alles war wunderbar abgestimmt. Die Pauke beherrschte alle Nuancen vom expressiven Fortissimo bis zum leise verklingenden Pianissimo und „mischte“ sich, in jeder Phase gut wahrzunehmen, ideal mit dem Gesamtklang des Orchesters.

Blomstedts großartige Gesamtkonzeption spannte große Bögen um das gesamte Werk und lotete es in seiner geistigen Tiefe aus. Die Kapelle mit ihrem großen Engagement und ihrem Klang mit dem „gewissen Etwas“ tat das Ihrige, um diese Symphonie zu einem grandiosen Erlebnis werden zu lassen.

 Ingrid Gerk

 

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