Dresden / Semperoper: SAISON-„KEHRAUS“ MIT JOHANN STRAUSS IM 12. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 9.7.2019
Open-Air oder Konzertsaal? Das war hier die Frage. Der Vergleich ist zwar nicht relevant, da man nicht „Äpfel mit Birnen vergleichen“ sollte, aber hier doch ganz interessant und bot sich an, denn noch nie lagen beide Konzert-Arten mit dem gleichen Programm, gleicher Orchesterbesetzung und gleichem Dirigenten terminlich so nahe beieinander wie beim 12. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden und dem 12. „Klassik-Picknickt“-Konzert (6.7. – der online-Merker berichtete darüber) in seiner neuen Location, der Freilichtbühne Junge Garde im Großen Garten, am Ende der Konzertsaison 2018/19.
Eigentlich wollte und sollte der Österreicher Franz Welser-Möst beide Konzerte mit einem anspruchsvollen Programm, u. a. mit der „3. Symphonie“ von Franz Schubert, dem „2. Violinkonzert“ von Bohuslav Martinů, Otto Nicolais Ouvertüre zu „Die Lustigen Weiber von Windsor“ sowie einigen Stücken der Strauß-Brüder leiten. Da er jedoch wegen Krankheit absagen musste und Manfred Honeck kurzfristig eingesprungen war, wurde auch das Programm kurzfristig geändert.
Von der ursprünglichen Konzeption blieben nur noch Martinů und die beiden Strauß-Brüder mit anderen Stücken, übrig. Neu aufgenommen wurden hingegen Antonín Dvořák und Franz von Suppé, wodurch sich der Charakter dieses Konzertes noch mehr in Richtung „habsburgische Unterhaltungsmusik“ verschob, was durchaus zu dem launigen Charakter eines Open-Air-Konzertes und dem „Kehraus“ im letzten Symphoniekonzert und gleichzeitig letzten Konzert der Kapell-Saison in Dresden passte.
Martinůs „Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 (H. 293) erschien manchem Besucher der Freilichtbühne in diesem Rahmen nicht ganz geheuer und passte besser in den Konzertsaal, wenn es auch auf beiden Bühnen gleich meisterhaft von Frank Peter Zimmermann und der Kapelle interpretiert wurde. Zimmermanns Geigenkunst, sein feiner weicher, klingender Strich und seine geistige Durchdringung des Werkes kamen hier noch besser zur Geltung und beim Publikum so gut an, dass er noch eine Zugabe darauflegte, die ebenso meisterhaft und virtuos dargebotene „Fuge“ aus der, von Yehudi Menuhin 1944 uraufgeführten, „Solosonate für Violine“ (Sz 117) von Bela Bartók, seinem letzten Kammermusikwerk.
Obwohl die akustischen Verhältnisse in der neuen Spielstätte von Klassik-Picknickt auch anspruchsvollen Erwartungen entgegenkamen, wobei naturgemäß bei solchen Veranstaltungen immer einige Abstriche zu machen sind, wirkte doch die Akustik des Konzertsaales, noch dazu der diesbezüglich viel gerühmten, Semperoper, ungleich besser und ließ alle Details noch deutlicher und schöner wahrnehmen und so manche Feinheit noch besser zur Geltung kommen. Auch war bei dieser, der letzten von – wie üblich – dreimal in der Semperoper gegebenen, Aufführungen des 12. Symphoniekonzertes vieles ausgeglichener und gelöster und die Musiker in ausgelassener Stimmung, so dass das „Klassik-Picknickt“-Konzert dagegen – mit Verlaub – wie die durchaus gelungene „Generalprobe“ wirkte, zumal auch bei der „Regie“ der eingestreuten heiteren „Einlagen“ noch nicht alles ganz „ausgeklügelt“ und koordiniert schien.
Mit dieser Gelöstheit gelang die „Karneval“-Ouvertüre“ (op. 92) von Antonín Dvořák noch in sich geschlossener und ausgeglichener und die Ouvertüre zur Operette „Dichter und Bauer“ von Franz von Suppé mit dem wunderbaren Cello-Solo (Simon Kalbhenn), die hier wie dort das Publikum, begeisterte, noch unbeschwerter und klangschöner, desgleichen „Die Libelle, Polka mazur“ (op. 204) von Josef Strauß und erst recht die bekannten Ohrwürmer aus dem reichen Schatz an schwungvollen Tänzen von Johann Strauß (Sohn): die „Furioso-Polka“, Quasi Galopp (op. 260), die „Frühlingsstimmen“ (op. 410), „Im Krapfenwald’l“, Polka française (op. 336), „Auf der Jagd“, Polka schnell (op. 373) und „Unter Donner und Blitz“, Polka schnell (op. 324), bei denen sich jetzt noch mehr Wiener Charme ausbreitete und die Besucher in heiterer Stimmung in die Sommerpause entließ. Jetzt waren auch die eingestreuten Gags, wie die am Ende von den Musikern aufgespannten farbigen Regenschirme (obwohl die Semperoper „dicht“ ist und kein Regen fiel), wesentlich besser abgestimmt und taten ein Übriges.
Ingrid Gerk