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DRESDEN/ Semperoper: 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT CHRISTIAN THIELEMANN UND DENIS MATSUEV

20.05.2018 | Konzert/Liederabende

 


Denis Matsuev, Copyright: Staatskapelle

Dresden / Semperoper: 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT CHRISTIAN THIELEMANN UND DENIS MATSUEV – 19.5.2018

Was Christian Thielemann dirigiert, das erschließt er nicht nur sich, sondern auch den Zuhörern bis in die geheimnisvollen Tiefen, die man bis dahin oft nicht bewusst wahrgenommen hat, und sei es „nur“ bei der vielgespielten „Oberon“-Ouvertüre von Carl Maria von Weber, die man zu kennen glaubte, aber in diesem Konzert durch Thielemanns Interpretation neu erfuhr. Der berückende Klang der Bläser, der schon zu Beginn mit feinem Gespür auf Geheimnisvoll-Märchenhaftes einstimmte, und die genussvoll ausmusizierten Passagen in spannungsreichem Kontrast zu sehr temperamentvollen ließen die zweifellos geniale Musik Webers in neuem Licht erscheinen, auch wenn der – 1825 entstandenen – romantischen Oper kein dauerhafter Erfolg wegen ihres schwachen Librettos beschieden war.

Thielemann, der jetzt bereits in seiner sechsten Saison als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle am Pult stand, hat schon viele, im positiven Sinne aufsehenerregende Opern und Konzerte geleitet und mit diesem Konzert ein weiteres Mal für einen Höhepunkt im Dresdner Musikleben gesorgt. Für dieses Konzert hatte er nur Werke des 19. Jahrhunderts ausgewählt, aber keinesfalls nur romantische.

Franz Liszt wurde durch die Verwendung neuartiger harmonischer und formaler Mittel – neben Richard Wagner zum bekanntesten Protagonisten der Neudeutschen Schule und galt als einer der prominentesten und einflussreichsten Klaviervirtuosen. Sein „Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur“, für das er immerhin „30 Jahre beharrlich am Material geschürft“ hat, bis „die Intuition zur Konzentration“ gerann, lag bei Denis Matsuev in sehr guten Händen. Mit männlich-kraftvollem Anschlag, aber auch viel Sinn für feine, lyrische Passagen und große Klarheit schöpfte er die ganze klangliche und gestalterische Palette dieses Klavierkonzertes bis ins Detail aus, eine sehr plastische, differenzierte Wiedergabe, die nicht nur die Virtuosität, die zweifellos auch Gegenstand dieses Konzertes ist, sondern auch die musikalische Seite in den Vordergrund rückte.

Seine große Musikalität und Virtuosität, die gleich zu Beginn die große Kadenz zum Erlebnis werden ließ, seine sehr virtuos gestalteten, kraftvollen Passagen, die er mit schlafwandlerischer Sicherheit und scheinbarer Leichtigkeit, aber auch Gefühl und Klangsinn zu Gehör brachte, machten durch gekonnte Differenzierung, vom Orchester entsprechend mitgestaltet, das Konzert zum Hörgenuss. Solist, Orchester und Dirigent waren eines Sinnes, ganz dem Werk verpflichtet. Wie bei Thielemann üblich, steigerte er sich mit dem Orchester in solofreien Passagen in Euphorie und Lautstärke, nahm aber andererseits nicht nur sehr viel Rücksicht auf den Solisten, sondern gestaltete mit ihm.

 Das Publikum entließ Denis Matsuev erst nach einer Zugabe, einer kleinen, feinen, bei der er noch einmal eine „Kostprobe“ seines großen, vielseitigen Könnens gab.

Zurück zur Romantik. Die Werke von Johanns Brahms werden vorwiegend der Hochromantik zugeordnet, sind aber auch an der Klassik orientiert. Seine Symphonien sind jetzt während der Dresdner Musikfestspiele (10.5.-10.6.) relativ oft von bedeutenden Orchestern zu hören („Symphonie Nr. 1“ – Königliche Kapelle Kopenhagen, Nr. 4 – Royal Scottish National Orchestra, Nr. 2 – Dresdner Festspielorchester), was Gelegenheit zu entsprechenden Vergleichen gibt. Ohne Lokalpatriot zu sein, muss man konstatieren, dass die Aufführung der „Symphonie Nr. 4 e-Moll“ (op. 98), von der Brahms mit den Worten:Die Kirschen werden hier nicht süß“ auf deren herben Charakter anspielte, mit der Sächsischen Staatskapelle unter Thielemann zweifellos die eindrucksvollste war.

Er kann sich auf die Kapelle verlassen. Sie sorgte für ein sehr gutes, ausgewogenes Klangbild und er für die geistige Auslotung und intensive Auseinandersetzung mit dem Werk. Gemeinsam brachten sie die Symphonie sowohl klanglich als auch gestalterisch auf höchstem Niveau zum Klingen und ließ sie auch in praxi als eines der wichtigsten und „ausgefeiltesten“ Werke der Gattung Sinfonie erkennen.

Ingrid Gerk

 

 

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