Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Kreuzkirche: SOLOMON, Oratorium von G.F.Händel

Dresden/Kreuzkirche: „SOLOMON“, ORATORIUM VON G. F. HÄNDEL – 3.10.2013

 Im Gegensatz zu G. F. Händels „Messias“ ist sein nicht weniger anspruchsvoller „Solomon“, Oratorium in 3 Akten (HWV 67) selbst unter Musikfreunden weniger bekannt. Lediglich einzelne Nummern, wie der „Einzug der Königin von Saba“ erfreuen sich allgemeiner Beliebtheit, wobei die Wenigsten wissen, aus welchem Werk das stammt. Umso erfreulicher, dass es zusätzlich zu den fest im Konzertrepertoire des Dresdner Kreuzchores verankerten Großwerken wie Brahms‘ „Deutsches Requiem“ und J. S. Bachs „Weihnachtsoratorium“, „Matthäuspassion“, „Johannespassion“ und „h-Moll-Messe“, am Beginn der neuen Konzertsaison aufgeführt wurde.

 Es standen ausgezeichnete, versierte und für die Aufführung von Oratorien prädestinierte Sänger und Instrumentalisten zur Verfügung.

 Vom ersten Ton an faszinierten die Dresdner Kapellsolisten (Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle Dresden) mit ihrem sicheren, klangschönen und einfühlsamen Spiel. Sie blieben während der gesamten Aufführung das äußerst zuverlässige und stilvoll gestaltende Fundament – unvergesslich der Klang der hervorragenden Hörner und Trompeten, denen die Flöten und die solistische Violine nicht nachstanden. Obwohl die Musiker auf (wertvollen) moderneren Instrumenten (vorwiegend 19. Jh.) spielen, trafen sie doch genau den Nerv der Musik Händels, deren Vorzug neben der eingängigen Klangschönheit, vor allem in der psychologischen Durchdringung menschlicher Gedanken und Gefühle in außergewöhnlichen Situationen liegt. Die Kapellsolisten bestätigten einmal mehr ihren Ruf und Reinhard Göbels Ansicht, der als anerkannter Spezialist für Alte Musik schon mehrfach äußerte, dass eine gute Wiedergabe von Barockmusik nicht unbedingt vom Instrument, sondern vor allem „vom Kopf“ abhängt. Schließlich war Händel seiner Zeit ideell weit voraus.

 Ähnlich verhält es sich mit der Sprache. Hier wurde allgemein mit sehr guter, wohl durchdachter, Aussprache das englische „Original“ gesungen. Deutsch wäre aber ebenso gerechtfertigt und für viele Zuhörer verständlicher gewesen, zumal diese Solisten eine sehr gute Artikulation pflegen. Händel hat seine Werke letztendlich in Deutsch erdacht. Er selbst soll nicht sehr gut englisch gesprochen haben. Er ließ sich deshalb die Texte übersetzen, um sie zu komponieren.

 Zu dem Orchester, das einen Glücksfall für die Aufführung bedeutete, kam die Mitwirkung hervorragender und sehr stilerfahrener Solisten, Ute Selbig, Britta Schwarz und Georg Zeppenfeld. Ihnen ist die bis ins letzte Detail ausgefeilte Wiedergabe solcher Partien Herzensangelegenheit. Sie engagierten sich mit großer Intensität, besonders hinsichtlich akribischer Genauigkeit, Aussage und Ausstrahlung.

 Ute Selbig faszinierte mit ihrer innigen Gestaltung der verschiedenen Rollen (Solomons Gemahlin und 1. Weib), den scheinbar mühelos „perlenden“ Verzierungen und ihrer, auch im großen Kirchenraum gut tragenden, immer frisch und jugendlich wirkenden Sopranstimme, die sich im Duett mit der samtenen, warmen Altstimme von Britta Schwarz aufs Schönste verband, zumal beide Sängerinnen auch perfekt den Ensemblegesang beherrschen. Britta Schwarz ließ sich die umfangreiche Partie des Solomon sehr angelegen sein und gestaltete sie mit ihrer schönen Stimme sehr ausdrucksstark. Sie füllte die Partie sowohl stimmlich als auch gestalterisch voll aus.

 Es ist sehr erfreulich, dass Georg Zeppenfeld trotz seiner internationalen Karriere auch seiner Wahlheimatstadt Dresden verbunden bleibt. Mit seiner wunderbaren Bassstimme, der sicheren, wohlklingenden Tiefe und sauberen Höhe, die „nahtlos“ aus einer schönen Mittellage „erwachsen“, klangvollen, sehr deutlichen Verzierungen, kurz, seinem edlen, kultivierten Gesang mit großer Ausstrahlung ließ er die Basspartie (Lvit) zu einem nachhaltigen Erlebnis werden.

 Der Tenor Virgil Hartlinger konnte in der Partie des Zadok, gut bei Stimme und technisch versiert, stilistisch eher in Richtung Oper orientiert, ebenfalls überzeugen.

 Die junge Sopranistin Monika Eder „platzte“ als 2. Weib im Trio (2. Akt) in den ausgewogenen Gesang von Ute Selbig (1. Weib) und Britta Schwarz (Solomon) hinein, konnte sich aber im Laufe der Aufführung steigern. Sie bewältigte die Partie der Königin von Saba, sang kultiviert und mit hübscher Stimme, wobei aber mancher Ton so leise kam, dass auf den entfernteren Plätzen manches wohl kaum zu hören gewesen sein dürfte. Als legendäre Königin von Saba hätte man sich mehr Ausstrahlung und Dominanz gewünscht, da sich damit die Vorstellung einer strahlenden Erscheinung verbindet.

 Der von Peter Kopp, der auch an der Orgel begleitete, sehr gut vorbereitete Dresdner Kreuzchor bildete einen soliden Rahmen für die Aufführung und beeindruckte im Gleichklang mit dem Orchester. Am Cembalo wirkte Sebastian Knebel, ein versierter Cembalist, Ensembleleiter und Spezialist für Alte Musik, mit.

 Leider fehlte – vor allem im 1. Akt – die Inspiration durch einen Spiritus rector am Dirigentenpult, der die vielen, sehr guten und ausgezeichneten Einzelleistungen der Sänger, des Orchesters und des Chores im Sinne Händels zu einem großartigen Ganzen hätte zusammenführen können, was leider hinsichtlich der Rezitative und Verbindung der einzelnen Nummern besonders auffiel. Die Arien und Chorszenen gelangen in Übereinstimmung zwischen Sängern und Orchester wie „von selbst“, so dass sich der Gesamteindruck von Akt zu Akt steigerte und sich im 3. Akt (fast) die mitreißende Gesamtwirkung einstellte, die Händels Oratorien eigen ist.

 Am Dirigentenpult agierte Kreuzkantor Roderich Kreile.

 Ingrid Gerk

 

 

Diese Seite drucken