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DRESDEN/ Hochschule für Musik: LIEDERABEND Markus MARQUARDT

Dresden/Hochschule für Musik: LIEDERABEND MARKUS MARQUARDT 04.05.2014 

 Markus Marquardt, der nicht nur an der Semperoper als „Rigoletto“ und „Fliegender Holländer“ nachdrücklich auf sich aufmerksam machte und an den Opernhäusern von Wien, Mailand, München, Berlin, Hamburg, Stuttgart, Amsterdam und Düsseldorf sowie bei den Festspielen in Salzburg und Bregenz gastiert und europaweit mit Liederabenden auftritt, gab jetzt in der, vom Verein „Das Lied in Dresden“ ehrenamtlich organisierten, gleichnamigen Reihe einen Liederabend im futuristischen Konzertsaal der Hochschule für Musik Dresden.

 Es ist erstaunlich, wie sich Marquardt, der sich bereits als Heldenbariton etabliert hat, die Feinheiten des Liedgesanges bewahrt hat und sich ganz darauf einstellen kann. Zusammen mit Jobst Schneiderrat (Solorepetitor an der Semperoper) widmete er sich dem „Liederkreis op. 24“ von Robert Schumann und 9 der 400 Balladen von Carl Loewe, die leider immer seltener in den ebenfalls immer seltener werdenden Liederabenden auf dem Programm stehen.

 Die Intensität der Interpretation steigerte sich vom ersten Lied Schumanns bis zu den Loewe-Balladen, die Marquardts Sängerpersönlichkeit offenbar besonders entsprachen. Hier war er ganz in seinem Element, wobei ihm  auch seine Opernerfahrungen zugute kamen, um diese „Miniaturwelten“ wirkungsvoll zur Geltung zu bringen.

 Es waren die bekannten und einst sehr beliebten Balladen, die er ausgewählt hatte:  der, ganz anders als von Franz Schubert vertonte,  „Erlkönig„, dessen  Tochter auch in „Herr Oluf“ auftritt,  „Heinrich der Vogler„, „Odins Meeresritt„, „Der Nöck„, „Tom, der Reimer„, „Die wandelnde Glocke„, „Die Uhr“ und „Archibald Douglas„, die in ihrer Dramatik und musikalischer Feinsinnigkeit immer wieder beeindrucken.

 Selbst wenn man diese Balladen schon oft in den unterschiedlichsten Interpretationen gehört hat, konnte man sie bei Marquardt wieder „neu“ entdecken, nicht nur aus musikalischer und historischer Sicht. Mit unverminderter Frische und Anteilnahme erzählte er die kurzen, im Sinne der Romantik oft auch ein wenig gruselig schauerlichen Geschichten packend nach. Unwillkürlich wurde man in diese romantische Welt wie in eine Zeitreise hineingezogen. 

 Schon allein durch die geniale Umsetzung der Texte in Musik, die neben heute unbekannten Verfassern u. a. von J. W. v. Goethe, J. G. Herder und T. Fontane stammen, sind diese Balladen keineswegs „veraltet“. Sie sprechen mit ihrer internen Dramatik und musikalischen Wortdeutung auch heute immer wieder die Musikfreunde sehr an. Marquardt spürte diesen Intentionen sehr agil, mit „gedämpfter“ Dramatik, aber auch sensibel in gut ausgearbeiteten Details und mit geschickten Ritardandi nach. Er überhöhte sie gleichsam durch seine Interpretation mit seiner persönlichen Ausdrucksfähigkeit und seiner geschmeidigen Bassbariton-Stimme, deren Klanglichkeit am schönsten in tiefen Lagen zum Ausdruck kommt. Man denke hier nur allein an „Heinrich der Vogler“.

 Er hat auch die „Uhr“ keinesfalls „verdorben“, ganz im Gegenteil, er brachte dieses kleine Kunstwerk ausdrucksvoll und feinsinnig zu Gehör. Mit seiner auffallend guten Artikulation, die heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich ist, ließ er neben der musikalischen Seite auch die Inhalte der Balladen plastisch erstehen. In den lebhaft gestalteten dramatischen Situationen, aber auch den sensiblen, gefühlsbetonten Momenten nahm seine Interpretation gefangen, war man mitten hineingezogen in diese kleine Welt der Ereignisse und Gefühle.

 Marquardt gestaltete jedes einzelne dieser kleinen Kunstwerke differenziert und entsprechend seinem inhaltlichen Charakter, wie es diese, in komprimierter Form erzählten, Geschichten erfordern. Hier war selbst ein wenig Opernhaftes durchaus angebracht, wobei die Lautstärke auch in höchst ekstatischen Erzählsituationen immer dem Raum gut angepasst war.

 Jobst Schneiderrat war nicht nur ein ebenso feinsinniger Begleiter am Klavier mit „fein dosiertem“ Anschlag. Mit seiner einfühlsamen, mitgestaltenden Art war er ein wichtiger Partner und maßgeblich beteiligt, diesen Liederabend zu einem nachhaltigen Erlebnis werden zu lassen. Was bei ihm so selbstverständlich klingt, ist nicht einfach zu realisieren. Hier bildeten Sänger und Pianist eine untrennbare Einheit, bildete das Klavier die ideale Ergänzung zu jedem Lied und einen wesentlichen Teil der Gestaltung in gleichem Musikverständnis und Gestaltungswillen wie bei der erschütternden Gestaltung von „Herrn Olufs“ Tod, der  unter die Haut ging, oder ganz anders, wenn in „Tom, der Reimer“ die Elfenkönigin “leicht am Zügel zog, da klangen hell die Glöckelein“ – auch auf dem Klavier.

 Mit einer ersten Zugabe, dem Lied „Du holde Kunst“ von Franz Schubert „sprach“ (bzw. sang) Marquardt den Anwesenden, die in Anbetracht dieses Liederabends wohl alle dasselbe dachten, aus dem Herzen. Das Publikum entließ ihn denn auch erst nach einer zweiten Zugabe, der „Zueignung“ von Richard Strauss, bei der er kraftvoll dem Gefühlsüberschwang „Ja, du weißt es, teure Seele“, dass ich fern von dir mich quäle“ auch mit Stimmkraft Ausdruck verlieh, ohne den musikalischen Rahmen zu sprengen.

 Es war ein Liederabend zweier musikalischer Persönlichkeiten, der gespannt auf einen weiteren macht. Der findet in dieser Reihe am 1.6.2014 mit Angela Denoke statt.

 Ingrid Gerk

 

 

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