Dresden/Frauenkirche: „ZDF-ADVENTSKONZERT“ MIT ELINA GARANCA, CHRISTIANE KARG UND YOSEP KANG – 29.11.2014
In der festlich erleuchteten und mit Kerzen geschmückten Frauenkirche begann das diesjährige Adventskonzert mit dem, von der Sächsischen Staatskapelle Dresden sehr sensibel, mit dem ihr eigenen, feinen Klang eingestimmten und vom Staatsopernchor vehement und kraftvoll gesungenen, Chorsatz „Herr! Der du bist der Gott“ aus dem Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Die Sächsische Staatskapelle ist in diesen Konzerten, die inzwischen zu einer schönen Tradition geworden sind, Träger und zuverlässiges Fundament des vielseitigen Programmes, in diesem Jahr zum ersten Mal unter der Stabführung des jungen „Pultstars“ Pablo Heras-Casado. Er achtete auf eine gute Balance zwischen Sängern, Chor und Orchester. Bei der im Verlaufe des Programmes gespielten „Ouvertüre“ aus dem „Paulus“ konnte sich der besonders feinsinnige Klang der Kapelle mit ihren hervorragenden Bläsern voll entfalten.
Das 1. „Adventskonzert“, das das ZDF bereits im Jahre 2000 aus der Dresdner Frauenkirche ausstrahlte, fand noch im Bauzustand unter Gerüsten statt. Damals ließ Cecilia Bartoli ihren schönen Mezzosopran „auf der Baustelle“ erstrahlen, um der Bedeutung dieses Ereignisses Ausdruck zu verleihen. Inzwischen ist die “Adventliche Festmusik aus Dresden” unter Mitwirkung der Sächsischen Staatskapelle, dem Staatsopernchor und hochkarätigen, international bekannten und beliebten Solisten aus Oper und Konzert zu einer festen Tradition im ZDF-Programm am ersten Adventssonntag und im Konzertplan der Dresdner Frauenkirche am Abend zuvor geworden.
Nachdem Elīna Garanča bereits 2008 mitgewirkt hatte, verlieh sie nun zum 2. Mal mit ihrem strahlenden Mezzosopran dem Konzert besonderen Glanz. Bereits ihr erster Auftritt, das „Agnus Dei“ von Georges Bizet, wurde zum nachhaltigen Ereignis, das „auf direktem Weg“ in die Herzen der Zuhörer drang und sich tief einprägte. Nach einem kraftvollen Vorspiel und leiser, behutsamer Einleitung seitens des Orchesters setzte die weiche, klangvolle Gesangsstimme ein, voller Glanz und Wärme, vom feinen Pianissimo bis zur „Ekstase“ – ein „inniges Gebet“, das „die Seele in Schwingungen geraten“ ließ. Dass die Garanča mit hoher Perfektion singt und scheinbar mühelos alle Höhen und Tiefen erreicht, versteht sich von selbst. Auf dieser Basis kann sie sich den „Luxus“ leisten, ganz mit Seele und innerer Anteilnahme zu singen und sich der Partie voll und ganz zu widmen.
Mit ihrer glänzenden Stimme steigerte sie sich bei ihrem Ausflug in die Oper mit „Regina Coeli laetare“ aus „Cavalleria rusticana“ von Pietro Mascagni in ganz anderer Richtung bis zur mächtigen dramatischen „Eskalation“ der Gefühle, unterstützt von Staatsopernchor und Staatskapelle. Was bei ihr immer wieder fasziniert, ist der Glanz ihrer Stimme und die Innigkeit, mit der sie ihre Partien verkörpert. Ihr Auftreten wirkte trotz Glamour-Outfit aufrichtig und schlicht, ganz konzentriert auf das, was sie singen wird, und dann ist sie kaum zu „toppen“. Man wird ihren Auftritt nicht so schnell vergessen.
Christiane Karg führte ihren hellen, schlanken, lyrischen Sopran ebenfalls perfekt und doch ganz anders. Ihre sehr klare, jugendliche Stimme wirkte etwas kühler und rationaler, hat aber in der Höhe einen schönen Klang und lässt die von ihr gesungenen Partien „durchsichtig“ erscheinen. Das Weihnachtslied „Als das Christkind ward zur Welt gebracht“ von Robert Schumann (in der Orchesterbearbeitung von Joachim Draheim), in das der Staatsopernchor sehr feinfühlig und ergänzend einstimmte, war mit diesem sehr gut abgestimmt und vermittelte adventliche Stimmung. Mit schöner Klarheit hatte sie zuvor das „Laudate Dominum“ aus den „Vesperae solennes de Confessore“ von Wolfgang Amadeus Mozart gesungen und gegen Ende des Konzertes das „Agnus Dei“ aus seiner „Krönungsmesse“, aus der das „Dona nobis pacem“, die Bitte um Frieden, gesungen von allen drei Stars und einem (ungenannten) Bassisten mit schöner Stimme, und mitgestaltet von Staatskapelle und Staatsopernchor den Abschluss dieses außergewöhnlichen Konzertes, bildete.
Im Dezember wird Christiane Karg in den besonderen „Rosenkavalier“-Aufführungen der Semperoper unter Christian Thielemann die Sophie singen und Yosep Kang den Sänger.
Im „Adventskonzert“ war der koreanische Tenor Yosep Kang (Deutsche Oper Berlin) für den, ursprünglich vorgesehenen, Joseph Calleja eingesprungen, vor dem die Erkältungswelle nicht Halt gemacht hatte. Mit geschmeidigem Tenor und guter Artikulation „bekrönte“ Kang die vom Sächsischen Staatsopernchor eindrucksvoll gesungenen Teile „Gloria“, „Et in terra pax“ und „Laudamus te“ aus der „Messa di Gloria“ von Giacomo Puccini mit dem „Gratias agimus tibi“ und steuerte das bekannte Weihnachtslied „Adeste fidelis“, den ersten Teil in Deutsch, den zweiten in Originalsprache, bei.
Die Programmgestaltung bewegte sich fernab aller Klischees von Advents- und Weihnachtsvorstellungen auf anspruchsvollem Niveau, einem für Musikliebhaber, die interessiert sind, die gesamte Palette der, für Weihnachten „geeigneten“, europäischen Musik aus Oper, Konzert, Oratorium und (Kunst-)Lied kennenzulernen, wobei von den bekannten und weniger bekannten Kompositionen bekannter Komponisten, die zur Adventszeit passenden ausgewählt und Wert auf allgemein ansprechende Musik gelegt wurde, um in den 60 Minuten Sendezeit möglichst vielen Menschen etwas Besonderes zu vermitteln, denn „wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“ (Goethe).
Als gute Gestaltungsidee erwies sich die Einbeziehung des Kammerchores der Frauenkirche, der unter der Leitung von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert aus der Höhe der Kirche sang und mit „Verbum caro factum est“ von Hans Leo Haßler und „Ave maris stella“ von Edvard Grieg in seiner Art vorweihnachtliche Stimmung einbrachte.
Ingrid Gerk