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DRESDEN/ Frauenkirche: VIVICA GENAUX & CONCERTO KÖLN MIT „OPERN-ARIEN“ UND „CONCERTI“ DES 17./18. JAHRHUNDERTS

15.02.2020 | Konzert/Liederabende

Dresden / Frauenkirche  VIVICA GENAUX & CONCERTO KÖLN MIT „OPERN-ARIEN“ UND „CONCERTI“ DES 17./18. JAHRHUNDERTS – 14.2.2020

Die US-amerikanische Opern- und Konzertsängerin Vivica Genaux, die mit ihren locker-leichten Koloraturen und „italienischem“ Flair die Herzen der Freunde barocker Musik höher schlagen lässt und erst kürzlich im Theater an der Wien als „Irene“ von J. A. Hasse brillierte, ist auch in Dresden keine Unbekannte. Sie gab hier 1996 in der Frauenkirche ihr europäisches Debüt. Mit ihrem warmen, dunklen Mezzosopran erweckt sie Operngestalten aus längst vergessenen Opern der Barockzeit, wie in diesem Fall von Antonio Vivaldi, zum Leben, der oft nur auf die sehr populären „Vier Jahreszeiten“ („Le quattro stagioni”) und seine Violinkonzerte reduziert wird, von denen er vermutlich 500 schrieb (250 davon sind noch erhalten). Wenig bekannt ist, dass er auch eine ansehnliche Anzahl von Opern schrieb, nachdem er 35jährig ins Operngeschäft eingestiegen war.

Für ihr Programm hatte Vivica Genaux sieben Opern von Vivaldi ausgewählt, aus denen sie je eine Arie sang, alle von beachtlicher Länge, wie es damals üblich war, um die gesamte Spannbreite virtuoser Gesangskunst einer Sängerin (oder eines Sängers), einschließlich aller „Extras“, zu präsentieren. Mit Temperament und frappierender Technik sang die Genaux die atemberaubenden Koloratur-Arien aus „La fida ninfa“, „Tito Manlio“, „Il Bajazet“ sowie “Orlando furioso“, dem „Rasenden“, dessen Toben sie gemeinsam mit dem Orchester mit höchster Präzision und „Schlag auf Schlag“ Ausdruck verlieh, „L’incoronazione di Dario“ mit sehr lebhafter Deklamation, leicht und locker, „Catone in Utica“ mit atemberaubenden, gestochen scharfen Koloraturen, „Farnace“ zwischen feinem Pianissimo und expressivem Fortissimo und „Griselda“ (RV 703 – 819), fein differenziert und mit fließenden Übergängen. Es ist erstaunlich, mit welcher Lockerheit und Leichtigkeit und auch „italienischem“ Feuer sie die Koloraturen singt, keine Spur von der Kühle ihrer Heimat Alaska.

Diese Arien verlangen sehr viel von einer Sängerin, aber ihre großartige, scheinbar mühelose Belcanto-Technik ist sensationell. Mit unglaublicher Kondition reihte sie Bravour-Arie an Bravour-Arie und unterstrich sie mit leicht angedeuteten Gesten, wobei sie gelegentlich auch gern die „Kapriziöse“ spielte. Ihre Darstellung war beeindruckend, ihre Selbstdarstellung auch, als sie zunächst in schwarz-weiß erschien und nach der Pause ihre umfängliche rote Robe zum Flattern brachte. International gehört das „zum guten Ton“, in Dresden, wo das Publikum aus Musikinteresse die Konzerte besucht, kam das weniger gut an (aber das konnte sie nicht wissen).

Mit dramatischer Intensität ließ sie die Barockzeit wiedererstehen, hauchte ihren Operngestalten Leben ein und gönnte sich nur wenige „Verschnaufpausen“, in denen die 15 Musiker von Concerto Köln, die sie aufmerksam und „auf gleicher Wellenlänge“ in einem schönen Miteinander begleiteten, eigene Beiträge beisteuerten. Mit ihrem spezifischen Klangbild, Frische, Vitalität, Gespür für die Barockzeit und sehr schönen solistischen „Einlagen“ vom Ersten Konzertmeister Emilio Percan mit seiner geschmeidigen Tongebung sowie von Cello und Laute erfreuten sie das Publikum mit dem „Concerto a quattro Nr. 4 c‑Moll“ von Baldassare Galuppi (1706-1785), dem „Concerto grosso op. 3 Nr. 4 a‑Moll“ von Pietro Castrucci (1679-1752) und dem „Concerto für Streicher und basso continuo“ (RV 120) c‑Moll“ von Antonio Vivaldi. Sie musizierten von lieblich bis dunkel und geheimnisvoll, von leise „getupften“ Passagen bis zu entsprechender Dramatik. Eröffnet wurde das Konzert mit der „Ouvertüre zur Oper ‚Griselda‘ “, aus der die Genaux auch eine Arie sang, und stimmten damit auf das Feuerwerk glitzernder barocker Opern-Arien ein.

Das begeisterte Publikum entließ sie erst nach einer ebenso bravourösen Zugabe, und was für einer! Hier „bündelten“ Vivica Genaux und Concerto Köln noch einmal alle Vorzüge ihres vielseitigen Könnens und ließen es genussreich Revue passieren.

Ingrid Gerk

 

 

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