Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Frauenkirche: TOMÁS PÁLFALVI, EIN JUNGER AUSNAHMETROMPETER

31.07.2016 | Konzert/Liederabende

Dresden/Frauenkirche: TOMÁS PÁLFALVI, EIN JUNGER AUSNAHMETROMPETER  – 30.7.2016

Er ist 25 Jahre jung, der ungarische Trompeten-Virtuose Tomás Pálfalvi und verfügt  bereits über ein außergewöhnliches Können auf seinem Instrument, weshalb er von Gábor Boldoczki, einem der besten Trompeter unserer Zeit und sein Mentor, für den Fanny-Mendelssohn-Förderpreis empfohlen wurde, bei dem neben den künstlerischen Qualitäten auch Inhalt und Konzept der Bewerber gewertet werden und bei dem Pálfalvi 2015 den ersten Platz belegen konnte.

In einem sehr vielseitigen, abwechslungsreichen Konzert, bei dem der italienische Barockkomponist Tomaso Albinoni im Mittelpunkt stand, sowohl direkt, als auch in mittelbaren und unmittelbaren Beziehungen anderer Komponisten der Vergangenheit und Moderne, konnten sich die Besucher des Konzertes in der Dresdner Frauenkirche von seiner erstklassigen Technik, aber auch seiner Vielseitigkeit, Kreativität und seinem dramaturgischen Geschick bei der Programmgestaltung und in seinen Arrangements überzeugen.

Eröffnet wurde das Programm von Pálfalvi, seiner Frau, der Cellistin Orsolaya Kádár und dem Organisten László Fassang mit der feierlich und doch mit jugendlicher Frische vorgetragenen „Sonate für Orgel und Basso continuo A-Dur“ aus: 12 Trattenimenti armonici (op. 6) von Tomaso Albinoni in einem interessanten Arrangement für die drei Instrumente. Bei seinem klaren, perfekten Spiel wartete Pálfalvi bereits mit technischen Raffinessen und Feinheiten auf, die er dann im zweiten Teil des Programmes mit größter Perfektion präsentierte. Der Organist hatte für das kongeniale Zusammenspiel die passenden, gut klingenden Register der großen Frauenkirchen-Orgel gewählt. Nur von den naturgemäß leiseren Klängen des Cellos war infolge der akustischen Bedingungen der Frauenkirche mit ihrer großen Kuppel leider nur wenig wahrzunehmen. 

Die drei fanden sich etwas später noch einmal zusammen zu Remo Glazottos „Adagio in g-Moll für Streicher und Orgel über zwei thematische Vorlagen und einen bezifferten Bass von Tomaso Albinoni“, ebenfalls im Arrangement von Pálfalvi, ein sehr gelungenes „Experiment“, bei dem die mitreißend gespielte Trompete von getragen-feierlich bis erfrischend und virtuos eine ganze Palette an Ausdrucksmöglichkeiten bot, unterstützt von seinen adäquat mitspielenden Partnern. Mit der sehr eindrucksvollen Wiedergabe dieses Stückes, bei dem Albinonis Musik sozusagen zweimal für unsere Zeit „übersetzt“, überhöht und erschlossen wurde – einmal von Glazotto und zum anderen durch Pálfalvis Arrangement – wurde von den Musikern an diesem Abend ein besonderer Glanzpunkt gesetzt.

Bei der, von Pálfalvi für Orgel und Trompete arrangierten „Legende“ von George Enescu, die deutlich den Einfluss seiner Lehrer Jules Massenet und Gabriel Fauré verrät, bildeten Pálfalvi und Fassang eine kongeniale Einheit, bei der Pálfalvi die technischen Raffinessen auf seinem Instrument wieder souverän meisterte.

Ebenfalls sehr virtuos steuerte László Fassang an der großen Frauenkirchenorgel von Kern jun. J. S. Bachs „Fantasie und Fuge g-Moll in sehr zügigem Tempo bei, bei dem dennoch alle, bei Bach ineinander spielenden Stimmen in schöner Klarheit zu verfolgen waren, und außerdem von Felix Mendelssohn Bartholdy die „Sonate für Orgel D-Dur Nr. 5“ (BWV 60), ruhig und mit Einfühlungsvermögen interpretiert, sowie eine eigene, sehr ansprechende, tonale Improvisation, die er im Sinne guter Traditionen entsprechend eines gegenwärtigen Musikverständnisses niveauvoll weiterentwickelte.

Mit der Fantasie für Orgel „Litanies“ wurde auch des mit seinen Kompositionen zur Moderne vorwärtsdrängenden, aber mit 29 Jahren im 2. Weltkrieg gefallenen Jehan Alain (1991-1840) gedacht, bei dessen Wiedergabe Fassang sehr viel Sinn und Verständnis für das Werk dieses genialen, hoffnungsvollen Komponisten, dessen Leben so schnell gewaltsam endete, zum Ausdruck brachte.

Stellte Pálfalvi zunächst seine virtuose Interpretationskunst in den Dienst von Musikalität und vergeistigtem Ausdruck, so stand bei den folgenden, geistig weniger anspruchsvollen, aber mit ungewöhnlichen technischen Schwierigkeiten und Raffinessen gespickten, (nur) äußerlich wirkungsvollen Kompositionen die Präsentation seiner frappierenden Technik im Vordergrund.

Mit der „Fanfare“ aus: „SOLUS“ für Trompete solo von Stanlay Friedmann (*1951) hatte er viel Gelegenheit, mit sehr klarer Tongebung bei großer Schnelligkeit die ganze Palette seines außergewöhnlichen Könnens mit allen möglichen (und unmöglichen) Ton- und Geräuschbildungen auszuschöpfen, was er meisterhaft und mit scheinbarer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit tat, von den leisesten tiefsten Tönen im gekonnt zurückgenommenen Pianissimo, gewagten Intervallsprüngen, ungewöhnlich „schrägen“ Tönen bis zu grenzwertiger Tonerzeugung. Hier wurden alle Möglichkeiten des Instrumentes in einer sensationellen Präsentation voll (und darüber hinaus) ausgeschöpft.

Ähnlich verhielt es sich auch bei „Kryl“ für Trompete solo von Robert Erickson (1917-1997). Hier zog der Ausnahmetrompeter noch einmal alle Register seines technischen Könnens, lotete die extremen Höhen und Tiefen aus und meisterte alle Besonderheiten und Schwierigkeiten von Brumm- und „Quietschtönen, Baby- und Tierlauten, Jauchzer und „Schreien“, und das alles mit- und nebeneinander, einfach alles, was irgendwie an „Tönen“ (und Geräuschen) auf der Trompete machbar ist oder unmöglich erscheint und nur von ausgesprochenen Könnern erzeugt werden kann. Hier wurde noch einmal das ganze Spektrum der Tonerzeugung voll ausgeschöpft, was er dank seiner frappierenden Technik mit großer Sorgfalt und Akribie bewältigen konnte.

In seiner gesamten Gestaltung atmete das Programm eine jugendlich enthusiastische Frische.

Mit einer freien Improvisation bedankte sich zunächst der Organist für den herzlichen Applaus und danach fast attacca, zusammen mit Pálfalvi, mit einer Adaption des von George Gershwins ursprünglich für Klavier vorgesehenen “ Prelude Nr. 2″.

 Ingrid Gerk

 

 

Diese Seite drucken