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DRESDEN/ Frauenkirche: MARIENVESPER von Claudio Monteverdi im Jubiläumskonzert

12.07.2015 | Konzert/Liederabende

Dresden/Frauenkirche: „MARIENVESPER“ VON MONTEVERDI IM JUBILÄUMSKONZERT – 11.7.2015

 

Nicht nur die wiedererstandene Dresdner Frauenkirche feiert in diesem Jahr ihr 10jähriges Bestehen, sondern auch die beiden, für die Musik in dieser Kirche eigens gegründeten Chöre, der Chor Frauenkirche (vgl. „Graner Messe“ von Franz Liszt zum Chorjubiläum – 13.6.) und der  Kammerchor der Frauenkirche, der für sein Jubiläum die „Marienvesper“ von Claudio Monteverdi gewählt hatte. Monteverdi schrieb dieses Werk, das den Rahmen der bis dahin üblichen Vespern sprengt und „für Kapellen und Fürstengemächer geeignet“, einen neuen Musizierstil maßgeblich mitbegründete, nicht zuletzt mit der Hoffnung auf eine Anstellung an der päpstlichen Kapelle in Rom, die er jedoch nicht erhielt, dafür 3 Jahre später eine Lebensstellung am Markusdom in Venedig, wobei die Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit gerade wegen seiner „Marienvesper“ (Vespro della Beata Vergine da concerto composta sopra canti firmi“) auf ihn fiel.

 Die Wirkung dieser, für die damalige Zeit äußerst modernen und auch heute noch sehr beeindruckenden Komposition beruht neben den musikalischen Neuerungen der damaligen Zeit nicht zuletzt auch auf dem vielfältigen und abwechslungsreichen Wechsel von

Versikel, Responsorium, Antiphonen, Psalmen, Concerti und Magnificat, in getrennter Aufstellung an den verschiedensten Orten des Kirchenraumes mit entsprechenden akustischen Effekten für Wechselgesänge und Echowirkungen gedacht, wofür der Markusdom in Venedig, aber auch die Dresdner Frauenkirche mit extra Orgelempore und Sängeremporen – beides Kuppelkirchen, wenn auch in sehr unterschiedlicher Bauart – besonders prädestiniert sind.

 Von  den vielfältigen Möglichkeiten für die Aufstellung der Ausführenden beschränkte sich der musikalische Leiter der Aufführung, Matthias Grünert darauf, die Choralschola der Hochschule für Kirchenmusik Dresden die gregorianischen Antiphonen von der Orgelempore singen zu lassen und die Tenorstimmen der Echos von einem Nebenraum aus. Der Kammerchor der Frauenkirche nahm als „Hauptchor“ zusammen mit Gesangssolisten und Instrumentalisten den Altarplatz ein.

 Es lag bestimmt nicht an der (guten) Akustik der Orgelempore, dass der Gesang der Männerstimmen bei den Antiphonen im Laufe der Aufführung schwächer und auch unsicherer wurde, was der Aufführung aber nur geringen Abbruch tat, denn der Kammerchor der Frauenkirche war in Hochform. Er verfügte über sehr sichere Männerstimmen und sehr schöne, mit der Aufführungspraxis Alter Musik vertraute Frauenstimmen, die der Aufführung einigen Glanz verliehen.

 Viel Glanz hätte auch die wunderbare Sopranstimme von Ute Selbig mit ihrer ausgezeichneten Gesangskultur der Aufführung verleihen können, wenn sie nicht nur als 2. Sopran eingesetzt gewesen wäre. Sie beweist nicht nur in der Semperoper, sondern auch bei Kirchenmusik immer wieder ihre Extraklasse bezüglich Stilsicherheit, exzellenter Gesangstechnik, ausgezeichneter Artikulation und besonders inniger Ausstrahlung. Mit ihren hohen gesanglichen Qualitäten erfüllte sie bei dieser Aufführung auch die weniger umfangreiche Partie des 2. Soprans perfekt, sorgte für die gute und harmonische Gestaltung der Duette und unterstützte den 1. Sopran. Man hätte aber gern mehr von ihr gehört.

 Ina Siedlaczek schien den anspruchsvollen Aufgaben der „Marienvesper“ im 1. Sopran noch nicht in vollem Umfang gewachsen zu sein. Junge Künstler zu fördern, ist eine verpflichtende Aufgabe, sie jedoch zu (über-)fordern führt selten zum Erfolg.

 Nicht ganz so krass war der Unterschied bei den beiden Tenören, Eric Stoklossa und Michael Schaffrath, die zwar in unterschiedlicher Weise, aber jeder auf seine Art den Anforderungen gerecht wurden, wobei Umfang und Anforderungen der beiden Tenorpartien etwa gleich waren. Lediglich bei den beiden „Echos“ war der Unterschied gravierend. Während der erfahrene Eric Stoklossa, der in der Frauenkirche schon oft seine Gewissenhaftigkeit und sein Gestaltungstalent bewiesen hat, sein Echo zur Stimme Schaffraths wirklich als solches sang, erschien das Schaffraths in umgekehrter Konstellation trotz seiner sonstigen Stilkenntnis vordergründiger als die Stimme des („Haupt“-)Sängers.

 Die (einzige) Basspartie lag bei Tobias Berndt in den besten Händen. Er sang sehr zuverlässig und erfüllte seine Aufgabe mit guter Stimme und ebensolcher stilistischer Gestaltung.

 In sehr guten Händen lagen auch die „Concerti“ als kontrastierende instrumentale „Zwischenspiele“ durch das Ensemble INSTRUMENTA MUSICA, das versiert mit Violinen, Viola, Cello, Violone, Zinken, Blockflöten, Dulzian, Posaunen und Orgel umzugehen wusste und der Alten Musik „junges“, lebendiges Leben verlieh.

 Trotz mancher Einschränkungen war es dank der umsichtigen Leitung von Matthias Grünert, dem Kammerchor, den Instrumentalisten und den drei versierten Gesangssolisten eine beeindruckende, eines Jubiläums würdige, Aufführung.

 Ingrid Gerk

 

 

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