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DIE LIEBENDEN VON BALUTSCHISTAN

FilmCover  Liebende von Balutschistan~1

Filmstart: 13. Jänner 2017
DIE LIEBENDEN VON BALUTSCHISTAN
Österreich / 2017
Regie: Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari
Dokumentarfilm

Wie zu erwarten, ist eine orientalische Liebesgeschichte tragisch – Hani muss einen anderen heiraten (keinen Geringeren als den König, der für ihre Schönheit entbrennt), und als sie nach 32 Jahren (!) wieder frei ist, hat ihr Liebster Mori beschlossen, ihr zu entsagen. Irgendwie kommen sie wohl doch zusammen, in einer anderen Welt… so genau bekommt man es nicht mit, denn die Geschichte wird bröckchenweise erzählt: Die Allahyaris, Vater und Sohn, haben kein schönes, trauriges orientalisches Märchen erzählt, sie liefern vielmehr den nächsten Teil ihrer Iran-Reise Dokumentation. Der erste Teil, die „roten Rüben“ von Teheran, war ja nicht sonderlich aufregend. Der zweite Teil ist ein wenig interessanter.

Hier verschlägt es Houchang Allahyari und seinen Sohn Tom-Dariusch nach Balutschistan (ist nicht „Belutschistan“ die übliche Bezeichnung?), diese grenzübergreifende Region zwischen Iran, Afghanistan und Pakistan (im Grunde wie das Kurdengebiet, durch eigene Regionalsprache und Tradition zusammen gehalten, durch Politik getrennt) – eine Welt, die kaum jemand kennt oder je wahrnimmt.

Sie reisten an der iranischen Seite entlang, und es war ein teilweise lebensgefährliches Abenteuer, denn in dieser Schmuggler-Gegend sind die Einheimischen nicht zimperlich, wenn sie sich bedroht fühlen – und Leute jenseits des Gesetzes haben es nicht gerne, wenn man eine Filmkamera auf sie richtet: „Kamera runter, oder der Kopf ist weg.“ Auch werden Fremde hier gerne entführt…

Die Allahyaris machten sich also, begleitet von ein paar Fachleuten für dieses Land, auf den Weg, und das ist in vieler Hinsicht anregend, nicht nur wegen der atemberaubend „toten“ Landschaft (in der Tom Allahyari am liebsten einen Science-Fiction-Film drehen würde), die sie teilweise tatsächlich von einem Hubschrauber aus einfangen konnten.

Die Menschen setzen sich zu einem Kaleidoskop zusammen, Sunniten, Schiiten, angeblich friedlich nebeneinander, man spricht den armen Bauern am Feld an und lernt einen Rinderzüchter kennen, der mit Hunderten von Tieren sicher kein Armer ist. In einem Zentrum, wo kleine Mädchen lesen lernen, darf eine, die aus einer fortschrittlichen Familie kommt, sogar den Traum hegen, einmal Schauspielerin zu werden. Und ein in der Region berühmter Sänger, der sich sein Geld nebenbei als Taxifahrer verdienen muss, vermittelt die Einsicht, dass Gruppen, die über keine eigene Tradition und Musik verfügen, unweigerlich untergehen…

Man hört viel von der Musik, sieht bei einem Fest am Marktplatz zu, erlebt ein armes kleines Krokodil, das sich in einen Kanal „verlaufen“ hat, hegt Hoffnung für kleine Mädchen und arme Leute.

Der Titel des Films ist natürlich irreführend: Das ist kein orientalisches Märchen. Das ist teils trostlose, teils einfach reale orientalische Wirklichkeit, sanft, nicht analytisch, aber liebevoll abgefilmt von den Allahyaris.

Renate Wagner