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DARMSTADT: SAMSON UND DALILA – gnadenlos gescheitert. Premiere

08.03.2015 | Oper

Darmstadt: Saint-Saens: Samson und Dalila,  Premiere 7.März 2015

Es tut gut, wenn man als Regisseur Stücke neu beleuchtet, auch hehren Dramen das Pathos nimmt und sie frech und unkonventionell präsentiert. Darmstadts Staatstheater versucht dies mit Camille Saint-Saens Samson und Dalila in der Lesart von Regisseurin INGA LEVANT, scheitert leider gnadenlos und zum großen und beim Schluss- (kaum) -Applaus fast einstimmigen Unmut des progressiven wie des konservativen Publikums.

 Zu Beginn und bei späteren Akteröffnungen langweilt der schlecht akzentuierende Schauspieler STEFFEN MODDROW mit unnötiger Lyrik. Dann vergibt man gleich als Ouvertüre die mitreissendste Musik des Bacchanals, die später als Kumulationspunkt gutgetan hätte.

Wenn der Vorhang sich hebt, hört man den großen Chorpart (versteckt in kleinen Gucklöchern). Agieren soll er nicht. Man sieht nur statisch den Helden Samson und einen alten Hebräer in abgedroschener Politikergestik. Hinten werden eingeblendete Diagramme von DAX und Kreditkarten gezeigt. Bilder, die zu deutlich sind und in ihrer Absicht enervieren. (Bühne: CHARLES EDWARDS)

Ein Aufzug bringt uns im zweiten Akt in die Unterwelt der Dalila. Pipelines aus aller Herren Länder laufen zu einer großen Maschine zusammen, die mutwillig vom Oberpriester demoliert wird, die beliebig Samson in Supermann oder einen Clown verwandeln oder als Rakete in den Himmel schleudern kann. Es scheint, als sei mal auf schnelle Lacher aus.

Das wirklich Schlimme daran ist: außer diesen optisch grellen Einfällen findet unter den Protagonisten fast nichts interaktiv statt. Teils in getrennten Welten, teils szenisch ungelenk schleppt sich die Oper so von Nummer zu Nummer. Einziger Höhepunkt vielleicht das Duett zwischen der transsexuellen Oberpriesterin und Dalila, bei dem Körperlichkeiten zumindest andeutungsweise ausgetauscht werden.

Auch wenn der Chor mal spielen soll, muss ein Einfall reichen: die Chormitglieder werden einzeln auf einen Laufsteg der Gestrandeten geschickt.  Die große Orgienszene ist harmloses Schaulaufen. (Kostüme: PETRA KORINK).

 Bleibt die Musik:

Die Besetzung präsentiert sich sängerisch nur auf mittlerem Niveau. STELLA GRIGORIAN als Dalila hat immer wieder schöne Farben und die eigentlich passende Stimme. Ihr geht der große Bogen leider ab, und darstellerisch ist sie auf ein verzogenes Girlie reduziert. LUIS CHAPAs Samson ist unermüdlich und sicher, jedoch im Dauermezzoforte verharrend und wenig schmeichelnd im matten Timbre. In seiner  Arie punktet das wunderschön spielende Englischhorn mehr. LUCIA LUCAS, eine transsexuelle Baritonistin, hat von allen die größte Bühnenpräsenz, vielleicht keine schöne, aber eine prägnante Stimme. Ihr szenisches Erscheinen bringt etwas Verve.

Schönstimmig, wenn auch nicht voluminös,  ist der seriöse Bass von VADIM KRAVETS als alter Hebräer. THOMAS MEHNERT in zwei kleineren Partien gibt in diesem Fall seinem Löwen Zucker und HYOSANG ISAAC LEE kommt kaum zum Einsatz.

Der Chor (THOMAS EITLER-DE LINT) mit anspruchsvoller Partitur klingt rund und mit warmem Ton.

 ELIAS GRANDY, designierter GMD in Heidelberg zügelt das Staatsorchester etwas zu sehr. Es wird differenziert, aber nicht charismatisch gespielt. Zu vordergründiges Becken und kleine Hornkickser trüben aber den guten Gesamtzustand des Klangkörpers nicht.

 Eine Produktion, die wie eingangs erwähnt, weder eine Fangemeinde bei Regietheater-Liebhabern noch  beim bürgerlichen Publikum finden wird. Einmütige Ablehnung.

Christian Konz

 

 

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