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CHEMNITZ: FLASHDANCE

29.09.2014 | KRITIKEN, Operette/Musical

Chemnitz: „FLASHDANCE“ – 28. 9.2014

 Als 1983 der spätere Kultregisseur Adrian Lyne in den USA seinen Tanzfilm „Flashdance“ herausbringt, landet er, nicht zuletzt mit Hilfe der dafür geschriebenen Songs, einen ausgesprochenen Treffer, dem die freilich etwas platte, zahlreiche Klischees bedienende Story nichts anzuhaben vermag. Allein der Titelsong „What A Feeling“ heimst einen Oscar, einen Golden Globe und einen Emmy Award ein. Das Publikum strömt in die Lichtspielhäuser. Die Einspielergebnisse verdrängen Attenboroughs „Gandhi“ vom ersten Platz. Kein Wunder also, wenn sich die Musicalbranche dieses Renners annimmt und 2008 am Theatre Royal in Plymouth mit „Flashdance – Das Musical“ eine Bühnenversion vorlegt, der immerhin der Sprung auf den Broadway glückt. Robbie Roth (Musik) und Robert Cary (Text) ergänzten die Vorlage um weitere Nummern.

Im November vergangenen Jahres schloss sich in Luzern die Schweizer Erstaufführung an, der nun in Chemnitz die für Deutschland folgte. Dabei war die Leitung des Hauses gut beraten, mit Götz Hellriegel als Regisseur und Choreograph in Personalunion einen ausgewiesenen Kenner der Szene zu gewinnen, der den Gebrechen der Vorlage gezielt mit Revuehaftem begegnet und dadurch die schwachbrüstige Fabel (eine Schweißerin besteht die Aufnahmeprüfung an einer Ballettakademie) dank einer phänomenalen Ensembleleistung übertüncht. Hellriegel kommt mit Verve zur Sache und nutzt das überaus praktikable Bühnenbild Dietlind Konolds (auch die bei Bedarf glamourösen Kostüme) für eine Show vom Feinsten, die von einem großartigen Ensemble und der sich in dem vorgegebenen, mitunter freilich etwas eintönigen Sound förmlich badenden, von Tom Bitterlich am Keyboard sicher geleiteten Flashdance-Band mit begeisterndem Engagement getragen wird. Ein weiterer Vorzug der Aufführung besteht darin, in der Rolle der Alex Nadja Scheiwiller erleben zu können, die den Part bereits in Luzern kreiert hat. Was soll man an dieser Künstlerin, die einst am Gymnasium als Geigerin brillierte, zuvörderst bewundern? Ihre den Atem verschlagende, den unterschiedlichsten tänzerischen Anforderungen gerecht werdende Körperbeherrschung, ihren sich nie schonenden vokalen Einsatz oder die selbst in berührenderen Momenten nie aufgesetzt anmutende Darstellung? Alles in allem – eine Eins plus! Dagegen verblassten ein wenig der Nick Philipp Dietrichs und die Gloria Ira Theofanidis‚, die allerdings nach der Pause gelöster wirkten. Komödiantische Tupfer brachten Tamara Wörner (Kiki) und Anne-Mette Riis ((Tess) den gewünschten Zuspruch. Und natürlich darf Michael Heller, Europameister im Seilspringen, nicht vergessen werden, deren einen trefflich jungenhaften und tänzerisch virtuosen Jimmy auf die Bretter stellte. Kleinere, aber dramaturgisch nicht unwesentliche Aufgaben wurden vornehmlich hauseigenen Kräften anvertraut, von denen ich wenigsten Andreas Kindschuh als schmierigen Fiesling C. C. hervorheben möchte.

 Am Ende der Vorstellung belohnte das vorwiegend den Senioren zuzurechnende Publikum die Mitwirkenden mit Standing ovations. Man spürt, es ist mit den Klängen der Beatles oder der Rolling Stones aufgewachsen.

Joachim Weise

 

 

                                                                                                                                 Joachim Weise

 

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