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BREGENZ/ Festspiele: MADAMA BUTTERFLY. Premiere mit Hindernissen

21.07.2022 | Oper in Österreich

BREGENZ / Seebühne: Premiere von MADAMA BUTTERFLY am 20. Juli 2022

Von Manfred A. Schmid

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Foto: Bregenzer Festspiele/ Anja Köhler

Kein Wetterglück für die Premiere der Puccini-Oper zur Eröffnung der Bregenzer Festspiele. Nach einer knappen Stunde muss die Vorstellung wegen eines heftigen Regenschauers abgebrochen werden und wird im Festspielhaus halbszenisch weitergeführt. Ihr Rezensent gehört leider nicht zu den Privilegierten, denen dafür Zugang gewährt wird, weshalb die Kritik der Eröffnungsproduktion der Bregenzer Seefestspiele Stückwerk bleiben muss.

Das immer näher rückende Unwetter hat sich schon früh bemerkbar gemacht. Blitze und Wetterleuchten über Lindau passen freilich ausgezeichnet zum Regiekonzept von Andreas Homoki, der auf der Bühne immer wieder die Geister der Ahnen von Cio-Cio-San Erscheinung treten lässt. Weißgekleidete Gespenster, die die abtrünnig geworden, blutjunge Geisha, die ihrem amerikanischen Mann zuliebe den Glauben ihrer Vorfahren abgeschworen hat, heimsuchen, was auf keinen guten Ausgang ihrer Beziehung hoffen lässt. Das kündigt allerdings auch ihr Bräutigam unmissverständlich an, wenn er schon vor der Hochzeit dem Konsul, der ihn vor den Konsequenzen seines leichtfertigen Handelns warnen will, von seiner richtigen späteren Hochzeit mit einer Amerikanerin vorschwärmt.

Bregenz ist bekannt für seine grandiosen Bühnenbilder. Jeder, der dabei war, wird sich an den Clownskopf oder an die Spielkarten in den Vorgängerinszenierungen Rigoletto und Carmen erinnern. Der an eine Landkarte erinnernde zerknitterte Bogen Paper, den Ausstatter Michael Levine diesmal als Bühne gewählt hat, wobei die Knickfalten als Plattformen für die Auf- und Abmärsche sowie für die Begegnungen dienen, ist vergleichsweise eher schlicht gehalten. Zunächst dominiert die Farbe Weiß, auf deren Hintergrund japanische Schriftzeichen und Berggipfel im Nebeldunst aufgemalt sind. Später kommen weitere projizierte Farbschattierungen hinzu. In die stellenweise wie ein Relief aussehende Landkarte, wie aus filigranem Japanpapier gefertigt, in Wahrheit aber 300 Tonnen schwer, werden zwei dreieckige Öffnungen gebrochen. Aus einer ragt die mächtige amerikanische Flagge in den Nachthimmel, Symbol der Supermacht, die das besiegte Japan am Gängelband hält, die andere dient als Einstiegslücke. Besonders beeindruckend ist die Prozession der Geishas mit roten Sonnenschirmen, die von hoch oben zur Hochzeit ihrer Kollegin heruntersteigen (Kostüme Antony McDonald). Ansonsten aber wird auf die Erzielung besonderer Effekte und auf aufregende Stunt-Einlagen gänzlich verzichtet. Der Gruselfaktor der herumgeisternden Ahnen bleibt überschaubar.

Akustisch hat man allerdings den Eindruck, dass diesmal, unter der Wucht der riesigen Landkarte, der Orchesterklang – die Wiener Symphoniker sind genau darunter untergebracht – beeinträchtigt wird. Was man zu hören bekommt, klingt jedenfalls gedämpfter, dumpfer als gewohnt. Das beeinträchtigt die Wiedergabe der fein instrumentierten und auf exotische Effekte abgestimmte Musik Puccinis. Am Pult steht Enrique Mazzola, dessen Einsatz für die angemessene Ausbreitung der oft impressionistisch-zarten Melodien nur z.T. belohnt wird.

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Barno Ismatullaeva, das Kind und Annalisa Stroppa. Foto: Bregenzer Festspiele/ Anja Köhler

Der Eindruck von den in der ersten Stunde gebotenen gesanglichen Leistungen ist positiv, allen voran die usbekische Sopranistin Barno Ismatullaeva, die in der Titelpartie ihren dunkel gefärbten Sopran zum Leuchten bringt und auch darstellerisch überzeugen kann.

Gut auch der mit einem angenehm sonor klingenden Bariton ausgestattete Brian Mulligan als bedächtiger, auch das Menschliche nie außerachtlassender Diplomat Sharpless sowie Annalisa Stroppa als Suzuki, die ihre wichtigen Aufritte allerdings erst im 2. Akt hat und daher hier noch nicht entsprechend gewürdigt werden kann.

Taylan Reinhardt ist ein wendiger, geschäftstüchtiger Goro, Stanislav Vorobyov fällt als Bonzo, üblicherweise Gelegenheit für einen intensiven, Eindruck erweckenden Auftritt, kaum in Erscheinung. Sehr wohl auffällt allerdings Edgaras Montvidas, ein tenoraler Hans Dampf in allen Gassen, der sich von der Rolle des Pinkerton leider überfordert zeigt und nicht begeistern kann.

In Bregenz ist es Tradition, dass bei den folgenden Aufführungen bis 21. August wechselnde Besetzungen zum Einsatz kommen. Überraschungen und allfällige Verbesserungen- aber auch das Gegenteil – sind daher nicht ausgeschlossen.

Manfred A. Schmid

 

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