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BIETIGHEIM/ Kronenzentrum: DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY – ein seelischer Zwiespalt

04.03.2014 | KRITIKEN, Theater

„Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde im Kronenzentrum Bietigheim – 12.3.2014

EIN SEELISCHER ZWIESPALT

„Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde mit der Badischen Landesbühne im Kronenzentrum am 12. März 2014/BIETIGHEIM-BISSINGEN

Es war vielleicht das Verhängnis des britischen Schriftstellers Oscar Wilde, dass er kein Bekenner war und gesellschaftliche Mißstände nicht anprangerte, sondern sich über sie amüsierte. Es fehlt bei ihm auch die christlich-humane Grundlage. Dies führte schließlich zu seinem Scheitern aufgrund der homosexuellen Affäre mit Lord Alfred Douglas, die ihm eine Gefängnisstrafe einbrachte. Die Inszenierung von Carsten Ramm, der auch die Bühnenfassung herstellte, wirkt wie eine Vorahnung zu dieser persönlichen Tragödie des Autors. Der von Ole Xylander wandlungsfähig und schillernd verkörperte Dorian Gray wird von dem Maler Basil Hallward (facettenreich: Matthias Hinz) nahezu perfekt porträtiert. Dies geschicht auf einer schlichten Bühne (Bühnenbild: Tilo Schwarz), die seelischen Regungen kaum Raum lässt. Gut stellt Matthias Hinz die Faszination dar, die Dorian auf ihn ausübt. Aber Dorian ist begeistert von Lord Henry Wotton, dem Mehdi Moinzadeh eine undurchsichtige Aura verleiht. Wirkliches Gewicht erhalten bei dieser Inszenierung allerdings nur die Gruppenszenen, hier gelingen Carsten Ramm die stärksten Regieeinfälle, und das auch bei den zahlreichen ausgelassenen Tanzeinlagen. Es sind junge Leute, die sich einfach nur amüsieren und ihrer Ausgelassenheit freien Lauf lassen wollen. Da springt ein elektrisierender Funke über. Als einzige Frau hält hier Sybil Vane in der subtilen Darstellung von Kathrin Berg die Männer um sie herum in Schach, lässt aber keinen wirklich an sich heran. Sie umgarnen die junge Frau wie Fliegen, die sich rasch verbrennen. Hier liegt eine gewisse Ironie in der eher schlichten Regie von Carsten Ramm. Durch Lord Henry wird sich Dorian Gray seines perfekten Äusseren bewusst, wodurch das Tempo und die Intensität der Aufführung eine entscheidende Wendung nehmen. Im Moment größter Verweiflung wünscht er sich, dass an seiner Stelle das Bildnis altert. Sein Wunsch geht in Erfüllung, er altert nicht mehr und führt nur noch ein Leben in Ausschweifung.

Dabei hätte die Präzision der Inszenierung durchaus noch profilierter und genauer sein können: „Das Bild war immer noch grauenhaft…“ Dorians Vorsatz „Ich muss mein Leben ändern“ gerät jetzt zum Fiasko, denn das Bild verändert sich gespenstisch und spiegelt die Sünden und Grausamkeiten wider, die er während seines Lebens begangen hat. Es fehlt bei der Aufführung allerdings an der Überfülle kühner und bizarrer Bilder. Einzig am Schluss behauptet sich schauspielerischer Glanz – als Dorian nämlich mit einem Messer in der Brust stirbt, niedergestreckt von seinem eigenen zwiespältig-dämonischen Ich und Alter ego. Hier brilliert Ole Xylander als begabter Darsteller. Carsten Ramm stellt jedoch Verwechslungen und Missverständnisse bei seiner Inszenierung nicht in den Mittelpunkt, das Glitzern und Funkeln gesellschaftlicher Aphorismen bleibt blass und im Hintergrund. Die Bemerkung „Es gibt auf der Welt nichts als die Jugend“ wird rasch auf die Spitze getrieben und endet in einem wahren Jugendwahn und -rausch, der sich immer mehr steigert. Dabei kommt der Gruppe eine entscheidende Bedeutung zu. Der Zauber des Wildeschen Witzes blitzt allerdings bei manchen Sottisen immer wieder grell auf. In einer weiteren Rolle gefällt Andreas Krüger als Jim Vane. Die Kostüme von Kerstin Oelker hellten das Bühnengeschehen merklich auf. 

 Alexander Walther

 

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