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BERN: DER VETTER AUS DINGSDA. Premiere

10.03.2014 | KRITIKEN, Oper

Stadttheater Bern, Premiere am 9. März 2014: Der Vetter aus Dingsda von Eduard Künneke

Vetter aus Dingsda_03@Philipp Zinniker
Copyright: Philipp Zinnicker

 Das Stadttheater Bern zeigt eine selten gespielte Berliner Operette und die wohl beste Komposition von Eduard Künneke. Er hat unzählige Operetten, Singspiele und auch Opern geschrieben und nur vage bekannt ist dieses Werk. Der Komponist mischt in seiner Musik Amerika, Indonesien, Deutschland und Holland, wodurch neben dem Operetten-Dreivierteltakt Foxtrott, Tango und Onestep zu einem mitreissenden Schwung zusammenfliessen. Mit einer abwechslungsreichen und unterhaltsamen Inszenierung von Der Vetter aus Dingsda war die Premierenvorstellung zu Recht umjubelt worden.

 Der Dirigent Kevin John Edusei hat die Musik lebendig, voller Esprit und mit viel musikalischem Schwung und ohrwurmtauglicher Melodien hervorgebracht. Das Berner Symphonieorchester Orchester zeigt sich von seiner spielfreudigsten und virtuosesten Seite.

 Mara Kurotschka (Regie) hat das textlich und musikalisch witzig und schlagkräftig ausgezirkelte Stück kräftig aufgemotzt und ohne Bezug zu Ort und Zeit auf Frank Holldacks (Bühne) grün, rot und schwarz tapezierter Bühne als schräge Operette mit Kult- und Phantasiecharakter inszeniert. Zwischendurch ironisierte sie die Handlung mit skurriler Gestik und überzeichneter Theatralik. Die Diener sind schräge Figuren, die lieber Parfum versprühen als nach dem rechten zu schauen und sich gerne den Gesprächen anderer Leute zuwenden als sich der Arbeit zu widmen.

 Urkomisch und spontan sind der fresssüchtige Onkel (Kai Wagner) und die Tante (Brigitte Imber), die ihre Nichte Julia (Camille Butcher) noch kurz vor deren Volljährigkeit mit ihrem Neffen verheiraten wollen, damit Julias Vermögen in der Familie bleibt. Noch leben sie in Saus und Braus, wie es der geniale Einstieg, „Noch ein Gläschen Bordeaux? – Noch ein Stückchen Fricandeau“ zeigt.

 Das glanzvolle Ensemble bewies viel Spielfreude und war spassig drauf, dass auch das Publikum davon angesteckt wurde. Sängerisch und auch sprecherisch bewiesen die Darsteller hohes Format und Perfektion. Gesang und Spiel des gesamten Ensembles in trefflich gelungener charakteristischer und humorvoller Verschiedenheit der Figuren bietet beste Unterhaltung. Die Julia de Weert glanzvoll gespielt und gesungen von Camille Butcher. Johanna Greulich als Hannchen ist sängerisch und schauspielerisch in bestechender Form, Josef Kuhbrot von einem gut disponierten Kai Wegner interpretiert und Wilhelmine Kuhbrot wird von der beseelten Brigitte Imber keck vorgetragen. Ein urkomischer und auf der Suche nach der Wahrheit bedachter Egon van Wildenhagen wurde glanzvoll gespielt von Andries Cloete. Der 1. Fremde von Michael Feyfar, der den bekanntesten Ohrwurm „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ als einen Roland-Kaiser-Gedächtnis-Schmachtfetzen zwerchfellerschütternd präsentierte, verfügt über eine tolle Bühnenpräsenz und in allen Lagen gut geführten Stimme. Der 2. Fremde Wolfgang Resch der wieder zurück aus Batavya zu irritieren wusste. Karl Richard Helm und Marie Kira Senkpiel ergänzten das Ensemble glanzvoll.

 Das Premierenpublikum war von diesem unterhaltsamen und äusserst vergnüglichen Theaterabend hörbar angetan. Der begeisterte Applaus wollte gar kein Ende nehme.

Marcel Paolino

 

 

 

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