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BERLIN/Staatsoper: DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL

15.01.2012 | KRITIKEN, Oper

Berlin , Staatsoper: Mozart, Die Entführung aus dem Serail am 14.1.12

 MICHAEL THALHEIMERs szenische Sicht ist immer konfrontativ, reduziert, aber dabei klar und stringent. So auch bei seiner Inszenierung von Mozarts Singspiel DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL an der Berliner Staatsoper im Schillertheater.

Reliefartig und ohne große Dialogumschweife kommt man von Gefühlszustand zu Gefühlszustand.

Das kann mitreißend sein, wenn die Sängerdarsteller es zu gestalten vermögen.

 In dieser Aufführungsserie treffen sich alte Premierenhasen und Neulinge, die der Herausforderung, mit minimalen Mitteln seelische Kathedralen zu bauen, unterschiedlich gerecht werden.

Im Glücksfalle von CHRISTINE SCHÄFER, die wie bereits in der Premiere die Konstanze singt und spielt, vereinen sich sängerische Integrität, ein betörendes Timbre, größtmögliche Ausdrucksfarben und szenische Präsenz zu einem Ereignis. Ihr steht ANNA PROHASKA als teils zerbrechlich, teils aufmüpfige Blonde mit ebenfalls persönlichst gefärbtem Sopran in ihrer Intensität nicht nach.

Da haben die Männer einen schwereren Stand: FLORIAN HOFFMANN als Pedrillo punktet mit starker darstellerischer Leistung und einem solide, etwas verhalten geführten Spieltenor. KENNETH TARVER als Belmonte singt mühelos mit guter Diktion und weichen Legatobögen und gefälligem Tenor, erzählt aber dabei zu wenig, um seine vier Arien farblich voneinander abzusetzen.

Und ANDREAS HÖRL als Osmin ist sympathisch in der Ausstrahlung, stimmlich jedoch nicht raumgreifend und fundamental, um auch musikalisch der Figur das geforderte Gegengewicht zu den Paaren geben zu können.

Arg aufgesetzt wirkt SVEN LEHMANNS  geifernd zerknirschter Selim, dessen forciertes, allzu eintönig vorwurfsvolles  Sprechen der Figur Schattierungen schuldig bleibt.

 CHRISTOPHER MOULDS dirigiert mit Esprit eine glänzend aufgelegte Staatskapelle, die den historisierenden Ton trifft, ohne dabei an Saftigkeit einzubüßen.

Der Staatsopernchor ist szenisch leider gar nicht, musikalisch kaum gefordert.

Es gelingt eine schlackenfreie, geradlinige und zeitgemäße Aufführung dieser Oper, die gelegentlich  vor allem dank der Protagonistinnen den Funken überspringen lässt.

Das Publikum im vollbesetzten Auditorium spendet zu Recht begeistert Applaus.

 Damian Kern

 

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