Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BERLIN/Konzerthaus: WOHLGEFÜHL MIT ANTONIN DVORAK unter Iván Fischer

Berlin/ Konzerthaus: Wohlgefühl mit Antonín Dvořák unter Iván Fischer, 27.09.2013

Dvořák ist an diesem Wochenende im Konzerthaus am Gendarmenmarkt angesagt, nur Dvořák. Ihn in aller Fülle und Farbigkeit zu präsentieren, ist eine Herzensangelegenheit für den GMD Iván Fischer.

Iván Fischer, Foto Sonja Werner
Ivan Fischer. Foto: Sonja Werner

Nach seinem Auftaktkonzert gestern Abend, das ich besucht habe, startet das Haus am heutigen Samstag ab 13 Uhr einen Dvořák-Marathon. Daran beteiligen sich das Vogler Quartett, die Dresdner Philharmonie unter Michael Sanderling, das Fauré-Quartett und Fischer selbst. Er dirigiert auch das letzte große Konzert am Sonntagabend.

Dass dem Ungarn Fischer die Musik des Tschechen nahe liegt, ist sofort zu spüren, und das Konzerthausorchester Berlin lässt sie unter seinen Händen richtig aufblühen. Einige Instrumentalisten haben mitunter ein Lächeln im Gesicht, und so wird es ein Wohlfühlabend, den die Zuhörer entspannt genießen.

Der erste Teil bringt weitgehend sehr kurze Stücke, inspiriert vom traditionellen Musik- und Volksliederreichtum aus Dvořáks böhmisch-mährischer Heimat. Zwei „Slawische Tänze“, einer in e-Moll, der andere in H-Dur, klingen allerdings sehr nach seinem Mentor Johannes Brahms. Doch genau so lautete ein Kompositionsauftrag, den Dvořák erhielt. Musiker sagen: „Wenn es wie Brahms klingt, aber nicht von Brahms ist, dann ist es von Dvořák.“

Dass der Tscheche auch seinen eigenen Weg geht, zeigen andere Stücke, wie die anfängliche „Legende cis-Moll op. 59 Nr. 6“ das „Notturno für Streicher H-Dur op. 40“, die „Suite A-Dur op. 98b“ und schließlich die „Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88“. In allen dominieren die schmelzenden Melodien, die jeder gleich mitsingen könnte. Aber nicht nur.

Fischer und die Seinen lassen die Stücke erstrahlen, betonen aber auch die Kontraste, die Dvořák wohlweislich eingebaut hat. Unter den Händen des Ungarn wird exakt musiziert, und das Konzerthausorchester lässt keine Wünsche offen. Insgesamt Wohlklang ohne Versüßlichung.

Olivia Vermeulen, Foto Felix Broede
Olivia Vermeulen. Foto: Felix Broede

Besonders gefallen offenbar drei Volkslieder aus der Sammlung „Klänge aus Mähren op. 38“ (Orchesterfassung von T. Gatay), zwei melancholische, ein heiteres. Das auch wegen der sehr gekonnten Interpretation durch zwei schöne junge Sängerinnen mit ebenso schönen und gut zueinander passenden Stimmen: Anna Lucia Richter mit klarem Sopran , Olivia Vermeulen mit warmem Mezzo. Die beiden erhalten jedes Mal spontanen Applaus und geben noch eine Zugabe.

Anna Lucia Richter, Foto Jessylee
Anna Lucia Richter. Foto: Jessylee

Nach der „Suite A-Dur op. 98b“, die im 3. Satz mit einem knackigen Moderato (Alla Polacca) glänzt, beansprucht die 4-sätzige „Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88“ den gesamten 2. Konzertteil. In ihr blättert Dvořák auf, welch unterschiedliche Ausdrucks- und Stilmittel ihm zur Verfügung stehen. Er kombiniert das Volksliedhafte mit „modernen“ Klängen, so dass ich anfangs meine, aus dem brillant gespielten Flötensolo Wagners „Waldvöglein“ (im „Siegfried“ eine Partie für Koloratursopran) herauszuhören.

Insgesamt changiert diese Sinfonie immer wieder und oft recht abrupt zwischen laut und leise und wirkt daher insgesamt etwas unruhig. Doch Fischer hat sie verinnerlicht, vermittelt seine Intentionen mit Körpersprache und ruft die einzelnen Gruppen präzise auf. Die folgen ihm „aufs Wort“. Alles wird geschmeidig und kitschfrei dargeboten, manche Fortestellen werden fast ironisch pointiert. Offenbar ein großer Spaß für Fischer, sein Orchester und ebenso für uns Zuhörer. Mit begeistertem Applaus werden er und die Seinen gefeiert.

Ursula Wiegand

 

 

Diese Seite drucken